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Wilde Rosen: Roman (German Edition)

Wilde Rosen: Roman (German Edition)

Titel: Wilde Rosen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katie Fforde
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beschwipst, um zu bemerken, wie schrecklich müde James war, aber beschwipst genug, um sich in Schwierigkeiten zu bringen.
    »Diesmal brauchen Sie mich nicht zu bemuttern, James«, hörte sie sich sagen. »Ich mach’ uns was zu essen. Gönnen Sie sich ein Minutenschläfchen.«
    »Was zur Hölle ist das denn?«
    »Ich hab’ in einer Talkshow davon gehört. Man schläft zehn Minuten lang und danach fühlt man sich wunderbar.«
    James lachte in sich hinein. »Es ist vermutlich einen Versuch wert.« Er ließ sich in einen hölzernen Stuhl mit Armlehnen fallen, der sehr viel unbequemer aussah als das Sofa, das Clodagh bezogen hatte und das die gesamte Fensterwand beanspruchte. James schloß die Augen und schien augenblicklich in Tiefschlaf zu fallen.
    Es gab keine Vorhänge. Hätte es sie gegeben, hätte Sally sie geschlossen. Sie haßte es, wenn die Nacht zu ihr hereinstarren konnte, vor allem jetzt, da es zu regnen begonnen hatte. Harte, ungastliche Regentropfen trommelten gegen die Scheiben, als wollten sie sagen: »Verschwinde, Stadtmensch.« Aber jetzt, da James offenbar schlief, erkundete sie die Umgebung. Der Kühlschrank stand in der Vorratskammer, und die Spüle, die exakt so aussah wie die in der Wohnung in London, in der Spülküche. Was macht eine Küche zur Küche, fragte Sally sich, vom Whiskey philosophisch gestimmt. Das Zimmer, wo James jetzt im Einklang mit seinem Hund schnarchte, war eindeutig eine. Aber der Ofen und die Sammlung erstaunlich neu wirkender Töpfe und Pfannen, die darüber an Haken hingen, waren die einzigen Küchenutensilien.
    Die Möbel vielleicht? Da war ein Tisch, der vor langer Zeit einmal gescheuert worden war, ein Sammelsurium von Stühlen und ein langer, eingebauter Küchenschrank mit Schubladen mit großen, halbmondförmigen Griffen, obligatorisch in jedem Farmhaus in den Cotswolds. Sally war eine eifrige Leserin von Wohn- und Einrichtungszeitschriften und erkannte, daß Hunderte von Londonern, die jetzt ihre hypermodernen Einbauküchen herausrissen, sich um diese Möbel gerissen hätten. Vielleicht lag es an ihrem neuen Beruf oder daran, daß sie kein eigenes Heim hatte, das sie behaglich machen konnte, jedenfalls spürte sie einen heftigen Drang, den Küchenschrank aufzuräumen und auf Hochglanz zu polieren und die Sammlung von Gläsern und Töpfen auf der Anrichte nach Größe zu ordnen. Zu gern hätte sie die Papierstapel weggeräumt und an ihrer Stelle Schalen mit Äpfeln aufgestellt. Aber die Anrichte diente offenbar auch als Büroschrank, also durfte sie die Sachen nicht anrühren.
    Statt dessen ging sie umher und öffnete Schränke und Schubladen auf der Suche nach den Zutaten für ihr Welsh Rarebit. Zur Hölle mit Lucys Gulasch. Sie fand ein Stück selbstgebackenes Vollkornbrot in einer der Schubladen. Der Käse lag unter einer umgestülpten Schüssel in einem Regal in der Vorratskammer. Sally schälte sich mit der uralten Reibe die Haut von den Knöcheln, als sie Brot und Käse rieb, aber hätte James nicht geschlafen, hätte sie lauthals gesungen. Whiskey war doch wirklich ein tolles Zeug.
    So geräuschlos wie möglich bereitete sie zwei Teller mit Welsh Rarebit und stellte sie auf den Tisch. Entweder das leise Klappern oder aber der köstliche Duft, der den Tellern entstieg, weckte James.
    »Hhm, das riecht aber gut. Haben Sie das gemacht?« Er nahm ein Stück geröstetes Brot in die Hand und biß einen riesigen Halbmond hinein. »Schmeckt noch besser, als es riecht.«
    Sally knabberte manierlich an ihrer Scheibe.
    »Wir können gleich Tee trinken«, sagte er mit vollem Mund. »Wenn ich Ihnen Ihr Zimmer gezeigt habe.« Er schenkte Whiskey in beide Gläser. »Und dann werd’ ich sehen, was Lucy uns zum Abendessen gemacht hat.«
    Sally trank einen Schluck Whiskey und kaute ihr Brot. Es muß die Arbeit an der frischen Luft sein, die ihn so hungrig macht, dachte sie. Für sie war Welsh Rarebit ein Abendessen.
    »Kommen Sie. Ich nehm’ Ihre Tasche.«
    Sally kam leicht schwankend auf die Füße und folgte James aus der Küche. Erfrischt von seinem Schläfchen und der Zwischenmahlzeit und unbelastet von zu viel purem Whiskey, nahm er auf der Treppe je drei Stufen auf einmal. Sally hastete ihm nach.
    Das Obergeschoß des Hauses war so primitiv wie die Küche, verfügte aber nicht über ihren Charme. Die einzelne nackte Glühbirne im Flur warf unbarmherzige Schatten in alle Ecken, ließ sie schmuddeliger wirken, als sie waren. Sally verbannte alle Gedanken an Spinnen aus

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