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Wilde Saat

Wilde Saat

Titel: Wilde Saat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Octavia Butler
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auf deine drei Fr a gen: Nein, das konnte er nicht!«
    »Dann behalte sie. Wenn sie dich ärgert, übersieh sie e i ne Zeitlang. Zwanzig oder dreißig Jahre, was b e deutet das schon für dich – oder für sie? Und wenn du dann wieder zu ihr gehst, wird sie sich so oder so geändert haben. Aber töte sie nicht, Doro. Begehe nicht den Fehler, sie zu töten.«
    »Ich will und ich brauche sie nicht mehr länger.«
    »Du irrst dich, glaub es mir. Denn allein, ohne dich, würde sie niemals sterben oder einem Menschen e r lauben, daß er sie tötet. Sie steht über der Zeit. Das ist eine Tats a che, die du dir gegenüber noch nicht zugegeben hast. S o bald du das tust und dir die Mühe machst, sie wieder z u rückzugewinnen, wirst du ni e mals mehr allein sein.«
    »Du weißt nicht, wovon du sprichst.«
    Isaak erhob sich, trat an den Tisch und blickte auf Doro nieder. »Wenn ich nicht weiß, was für dich und für sie gut ist, wer weiß es dann? Sie ist genau ric h tig für dich. Nicht so mächtig, daß du sie fürchten müßtest, doch mächtig g e nug, daß sie für sich und die Ihren sorgen kann. Vielleicht ist es gut, wenn ihr beide euch einmal ein paar Jahre nicht mehr unter die Augen kommt. Doch solange ihr beiden am L e ben bleibt, kann keiner von euch wirklich einsam sein.«
    Doro hatte begonnen, Isaak mit immer größerer Ve r wund e rung zu betrachten, so daß sich Isaaks eine gewisse Uns i cherheit bemächtigte. Er fragte sich, ob er tatsächlich recht hatte in der Einschätzung dieser Frau. Konnte es sein, daß er ihren Wert vielleicht doch übertrieb?
    »Du sagtest, du wüßtest von Nwekes Vater«, sagte D o ro.
    Isaak nickte. »Anyanwu erzählte es mir. Sie war e m pört und sehr verzweifelt. Sie brauchte wohl jema n den, dem sie ihr Herz ausschütten konnte.«
    »Was sagst du dazu?«
    »Spielt das eine Rolle?« fragte Isaak. »Warum sollen wir das noch einmal zur Sprache bringen?«
    »Antworte mir!«
    »Nun gut.« Isaak zuckte die Schultern. »Ich sage, wer dich kennt und sie, der kann nicht besonders überrascht sein von der Geschichte. Ihr seid beide manchmal sehr e i gensinnig, halsstarrig und rachsüchtig. Sie reizte und en t täuschte dich viele Jahre lang. Kein Wunder, daß du dich eines Tages dafür rächen wolltest. Der einzige, der mir leid tut, ist der Mann, Thomas.«
    Doro hob eine Augenbraue. »Thomas floh. Er ergriff Partei für sie. Er besaß weiter keinen Nutzen mehr für mich.«
    Isaak hörte die versteckte Drohung aus Doros Worten und sah ihn verwundert an. »Glaubst du wirklich, das sei no t wendig gewesen?« fragte er ruhig. »Ich bin dein Sohn, keine Wildsaat, nicht krank, und ich habe einen abg e schlossenen Übergang. Ich kann dich nicht hassen, dir nicht davo n laufen, gleichgültig was du auch tust. Und ich bin eins der wenigen deiner Kinder, denen eine Flucht vor dir hätte g e lingen können. Hast du geglaubt, ich wüßte das nicht? Ich bin hier, weil ich es aus freien Stücken so wol l te!« Isaak streckte Doro die Hand entgegen. Einen Moment lang starrte Doro ihn an, dann stieß er einen langen Seufzer aus. Er nahm die große, schwielige Hand seines Sohnes und drückte sie kurz.
    Eine Weile saßen sie da und schwiegen. Einmal stand Doro auf und legte ein Holzscheit aufs Feuer. Isaak dachte an Anyanwu. Was er von sich selbst gesagt hatte, das mochte auch auf sie zutreffen. Sie beide mochten zu den wenigen Menschen gehören, die Doro entfliehen konnten. Anyanwu hatte die F ä higkeit, ihre Gestalt zu verändern und sich an jeden Platz der Erde zu begeben … Vielleicht war dies eine ihrer Eigenschaften, die Doro störten! Obwohl das nicht hätte sein müssen.
    Warum hatte Doro ihr nicht die Freiheit gegeben, hinz u gehen, wohin immer sie wollte, und tun zu können, was i m mer ihr beliebte. Er sollte sie nur dann sehen, wenn er sich einsam fühlte, wenn Me n schen starben und der Tod sie zwang, ihn zu verla s sen. Anyanwu war eine Heilerin in mehr als einer Weise. Doch das schien Doro nicht zu s e hen. Nw e kes Vater hatte es vermutlich gesehen. Und jetzt verstand es wohl auch Nweke in ihrer Qual. Das Sel t same war, daß Anyanwu sich oft g e nug selbst nicht verstand. Sie glaubte, die Kranken kämen nur wegen der Arzneien zu ihr und wegen des großen Wissens, das sie besaß. Doch in i h rem Kern besaß sie etwas, von dem sie nicht wußte, daß sie es besaß.
    »Nweke wird eine bessere Heilerin werden, als Anya n wu es jemals sein kann«, sagte Doro. Es klang wie eine Antwort auf

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