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Wilde Saat

Wilde Saat

Titel: Wilde Saat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Octavia Butler
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Gefahr bringen wollte.
    »Es sind noch fünf bis zehn Jahre, ehe sie den Übe r gang haben«, sagte er. »Sie werden einen Übergang haben«, ve r sicherte er nachdrücklich. »Ich bin mir dessen ganz gewiß. Ihre Vorfahren sind genau ric h tig.«
    »Gehören sie mir, oder wirst du dich in ihre Erziehung einmischen?«
    »Bis zu ihrem Übergang gehören sie dir.«
    »Und dann?«
    »Dann werde ich sie natürlich für meine Zuchtpläne verwenden.«
    Natürlich! »Laß sie heiraten und hier auf der Plantage bleiben. Wenn sie hierher passen und es ihnen bei uns g e fällt, werden sie sicher bleiben wollen. Wie können ve r antwo r tungsbewußte Männer aus ihnen werden, wenn ihre Zukunft nur darin besteht, von dir zu Zuchtzwecken eing e setzt zu werden!«
    Doro brach in lautes Lachen aus. Dabei öffnete er weit den Mund und ließ mehrere Zahnlücken sehen. »Du mü ß test dir einmal zuhören, Frau. Erst willst du nichts von i h nen wi s sen, und dann willst du sie nicht fortlassen, wenn sie e r wachsen sind.«
    Stumm wartete sie, bis er aufgehört hatte, zu lachen. Dann fragte sie: »Glaubst du, ich könnte ein Kind verst o ßen, D o ro? Wenn es wirklich eine Chance für die beiden gibt, nicht so zu werden wie Joseph, weshalb sollte ich nicht alles ve r suchen, ihnen zu dieser Chance zu verhelfen? Und wenn sie später als Erwachsene die Möglichkeit h a ben, Männer zu werden anstatt Hunde, die nichts anderes tun, als eine Hündin nach der anderen zu besteigen, we s halb sollte ich ihnen nicht helfen, diese Möglichkeit zu e r greifen.«
    Er ließ einen Seufzer hören. »Ich wußte, du würdest he l fen – und zwar bereitwillig. Glaubst du nicht, daß ich dich i n zwischen ein wenig kennengelernt habe, Anyanwu?«
    O ja, er kannte sie – und er wußte, wie er sie ausnu t zen konnte für seine Zwecke. »Du bist also einve r standen«, sagte sie. »Und du läßt sie heiraten und hier bleiben, wenn sie zu uns passen?«
    »Ja.«
    Sie blickte zu Boden, betrachtete die Muster des Te p pichs, die auch Margarets Aufmerksamkeit so sehr gefe s selt ha t ten. »Und wirst du sie fortholen, wenn sie nicht zu uns pa s sen? Wenn sie nicht zu uns passen können – wie Joseph?«
    »Ja«, wiederholte er. »Ihr Same ist zu wertvoll, als daß er vergeudet werden darf.«
    Er dachte an nichts anderes! An nichts anderes!
    »Soll ich eine Zeitlang bei dir bleiben, Anyanwu?«
    Überrascht schaute sie zu ihm hin, während er mit au s druckslosem Gesicht auf ihre Antwort wartete. War das eine wirkliche Frage gewesen? Nun gut, sie würde es h e rausfinden. »Wirst du gehen, wenn ich dich darum bitte?«
    »Ja.«
    Ja! Er sagte das neuerdings so auffallend oft! Zeigte sich so willfährig, so verständnisvoll! War er g e kommen, um aufs neue um sie zu werben?
    »Gut!« sagte sie, so sanft sie konnte. »Deine G e genwart bekommt den Menschen hier nicht, Doro. Du beunruhigst sie, machst ihnen Angst.« So, nun sollte er sein Wort einl ö sen!
    Er zuckte die Schultern, nickte. »Morgen früh«, sa g te er.
    Und am nächsten Morgen war er gegangen.
    Vielleicht eine Stunde nach seinem Verschwinden kam Luisa mit Helen an der Hand und brachte die Nachricht, daß Margaret sich im Waschhaus an e i nem Balken erhängt hatte.
    Eine ganze Zeit nach Margarets Tod fühlte Anyanwu sich krank. Es war eine Krankheit, die sie nicht vertreiben kon n te. Es war Trauer. Zwei Kinder hatte sie so kurz hintere i nander verloren. Sie war es nicht mehr gewohnt, Ki n der zu verlieren, vor allem keine jungen Kinder, die erst wenige Augenblicke bei ihr gewesen zu sein schi e nen. Wie viele hatte sie nun schon begraben?
    Anyanwu weinte, als Margarets Sarg in die Erde g e senkt wurde. Plötzlich traten die beiden Jungen, die Doro mi t gebracht hatte, zu ihr. Sie faßten ihre Hände und blieben mit ernsten Gesichtern neben ihr stehen. Sie schienen Anyanwu als Mutter anerkennen zu wollen und Luisa als ihre Großmutter. Die beiden machten sich überraschend gut, doch Anyanwu e r tappte sich bei dem Gedanken, wie lange sie bleiben würden.
    »Geh ins Meer«, drängte Luisa, als Anyanwu immer teilnahmsloser wurde und ihren Appetit verlor. »Das Meer wird deine Schwermut abwaschen. Geh fort von hier. Lebe eine Zeitlang wieder als Fisch!«
    »Mir geht es gut«, erwiderte Anyanwu geistesabw e send.
    Mit einem Laut des Unwillens wischte Luisa die B e merkung beiseite. »Dir geht es nicht gut! Du benimmst dich wie ein Kind, und du sprichst auch so. Geh für eine Weile fort! Gönne dir eine

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