Wilde Saat
Schließlich war ein Spi t zenprodukt entstanden: Isaak. Ein von Gesundheit stro t zender, intelligenter Sohn, nicht rebellischer, als es für e i nen Sohn Doros gut war. Er war stark, klug und beherzt genug, und er vermochte ein Schiff sicher durch einen Se e sturm zu treiben.
Isaak blickte in die Richtung, in die Anyanwu ve r schwunden war. Langsam schüttelte er den Kopf.
»Ich könnte mir vorstellen, daß deine und ihre Fähigke i ten sich gut miteinander vertragen«, meinte Doro und b e trachtete seinen Sohn mit nachdenkl i chen Augen.
Voll jäher Hoffnung schwang Isaak herum.
»Mir scheint«, fuhr Doro fort, »die kleinen, komplizie r ten Dinge, die sie im Innern ihres Körpers bewirkt, bedü r fen einer ähnlichen Kraft, wie du sie benötigst, um große Di n ge außerhalb deines Körpers zu bewirken.«
Isaak krauste die Stirn. »Wie kann sie beweisen, daß sie irgend etwas in ihrem Körper bewirkt?«
»Offensichtlich ist sie ein wenig wie eine meiner Virg i nia-Familien, die in der Lage ist, Vorgänge in geschloss e nen Räumen oder an weit entfernten Orten wahrzunehmen. Ich habe die Absicht, dich mit einigen weiblichen Mitgli e dern dieser Familien zusa m menzubringen.«
»Ich verstehe. Aber besser wäre, ich besäße selbst diese Fähigkeiten. Dann hätte ich im vergangenen Jahr die Maria Magdalena nicht auf einen Felsen gesetzt.«
»Deine Fähigkeiten genügen mir, solange du uns sicher und wohlbehalten in den heimatlichen Hafen bringst.«
»Vielleicht hätte ein Kind, das ich mit Anyanwu zeugte, diese Art von hellseherischer Begabung. J e denfalls wäre sie mir lieber als deine Virginieri n nen.«
Doro lachte dröhnend. Es machte ihm Freude, Isaak e i nen Gefallen zu tun, und Isaak wußte das. Doro war er s taunt, wie nahe dieser Sohn ihm stand, der der Beste von seinen Kindern war. Und – zum Teufel mit seiner Neugier – zudem war er ganz verse s sen darauf, zu erfahren, wie das Kind sein würde, das Isaak und Anyanwu hervorbringen würden.
»Du wirst die Virginierinnen bekommen«, sagte er. »Und Anyanwu ebenfalls. Ich werde dich mit ihr zusa m menbri n gen. Aber später erst.«
»Wann?« Isaak gab sich keine Mühe, seine Ung e duld zu verbergen.
»Später, habe ich gesagt. Es ist jetzt eine gefährliche Zeit für sie. Alles, was ihr vertraut war, hat sie zurückg e lassen. Und sie weiß noch nicht, was sie dafür eintauschen wird. Wenn wir sie jetzt zu sehr bedrä n gen, könnte sie sich etwas antun, bevor sie uns auch nur den geringsten Nutzen g e bracht hat.«
V
Okoye blieb in Doros Kajüte, und Anyanwu pflegte ihn, bis sein Zustand sich besserte und die Krankheit abklang. D a nach schickte Doro ihn nach unten zu den übrigen Skl a ven. Das Schiff befand sich inzwischen auf hoher See, die afr i kanische Küste war längst hinter ihnen versunken. Die Sklaven konnten sich nun frei bewegen und aufhalten, wo sie wollten. An Deck oder unter Deck. Da sie auf dem Schiff keine Aufgaben zu verrichten hatten, besaßen sie größere Freiheiten als die Männer der Besatzung. Für Okoye gab es also keinen Grund, den Wechsel als Ei n schränkung zu betrachten. Doro ließ ihn a n fangs nicht aus den Augen. Er wollte sicher sein, daß Okoye klug oder eingeschüchtert genug war, nicht den Aufsässigen zu spi e len. Inzwischen hatte Anyanwu den Jungen mit Udenkwo bekanntg e macht, und die junge Frau schien ihn von diesem Zeitpunkt an ziemlich in Anspruch zu nehmen. An Wide r stand gegen Doro schien er in gar keinem Fai zu denken.
»Ob sie wirklich einen solchen Gefallen aneinander g e funden haben, wie es nach außen hin den Eindruck macht?« fragte Anyanwu. »Wer weiß schon, was in ihrem Kopf vor sich geht?«
Doro lächelte nur. Was in den Köpfen der beiden jungen Leute vorging, war jedermann deutlich. Anyanwu machte sich immer noch Sorgen wegen der Blutsverwandtschaft, die zwischen ihnen bestand. Sie war den religiösen Übe r lieferungen ihres Volkes tiefer verbunden, als sie es wah r scheinlich wollte und wußte. Sie fühlte sich schuldig, weil es zu dieser Verbindung gekommen war, die sie – wie sie glaubte – so leicht hätte verhindern können . Aber auch ihr war bewußt, daß Okoye und Udenkwo einander g e nauso sehr brauchten, wie sie, Anyanwu, Doro brauchte. Wie sie, waren auch die beiden ä u ßerst verletzbar.
Einige Tage nach Beginn der Reise nahm Doro den Ju n gen beiseite und erklärte ihm, daß der Schiffskapitän die Vollmacht besitze, eine Trauung vorz u nehmen.
»Der Weiße,
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