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Wilde Saat

Wilde Saat

Titel: Wilde Saat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Octavia Butler
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zurückgelassen, Gatten, Eltern, Kinder – Menschen, die sie niemals mehr wieders e hen würden, wie sie jetzt endgültig wußten.
    Doch auf dem Schiff erfuhren sie Freundlichkeit. Es gab genug zu essen – zu reichlich fast, da die Zahl der Sklaven klein war. Es gab keine Ketten. Es gab Decken, die ihnen Wärme und Seeluft, die ihnen Kühle spendeten. Es gab keine Peitschen, keine Handfeuerwaffen. Keiner Frau wu r de Gewalt ang e tan. Die Menschen wollten wieder in ihre Heimat zurück, doch ihre Furcht vor Doro hinderte sie da r an, ein Komplott gegen ihn zu schmieden oder eine Rebe l lion gegen ihn anzuzetteln. Die meisten von ihnen hätten nicht sagen können, warum sie ihn fürchteten und respe k tierten – aber er war der einzige, den sie alle kannten; der einzige, der, wenn auch in b e schränktem Maße, mit ihnen reden konnte. Und wenn Doro auch nur ein einziges Mal mit einem Menschen gesprochen hatte, war es diesem u n möglich, ihn anzugreifen oder irgend etwas zu tun, das se i nen Zorn heraufbeschworen hätte.
    »Was hast du mit ihnen gemacht, daß sie solche Angst vor dir haben?« fragte Anyanwu ihn am Abend der Hoc h zeit.
    »Nichts«, antwortete Doro offen. »Du hast gesehen, wie ich zu ihnen bin. Niemandem habe ich ein Leid zugefügt.« Er bemerkte, daß sie mit seiner Entge g nung nicht zufrieden war, aber das beirrte ihn nicht. »Du hast keine Vorstellung, welch eine Hölle ein solches Schiff sein kann«, sagte er und begann, ihr die Zustände auf einem Sklavenschiff zu beschreiben, auf dem die Menschen derart zusammenge p fercht waren, daß sie sich kaum rühren konnten, a n gekettet an ihren Platz, so daß sie in ihren eigenen Ausscheidungen liegen mußten. Sie wurden geschl a gen und ausgepeitscht, die Frauen vergewaltigt. Eine nie endende Qual und Ma r ter. Krankheiten, denen viele nicht gewachsen waren, und der Tod als einz i ge Erlösung.
    »Sinnlose Vernichtung!« endete Doro voller Abscheu. »Doch diese Schiffe befördern Sklaven als Ware. Meine Leute sind einzig und allein zu meiner Verwendung b e stimmt.«
    Einen Moment lang starrte Anyanwu ihn schweigend an. »Soll ich froh darüber sein, daß deine Sklaven nicht ve r nichtet werden?« fragte sie. »Oder soll ich Angst haben vor der Verwendung, die du für sie fi n den wirst?«
    Er lächelte über den Ernst, mit dem sie sprach und reic h te ihr einen kleinen Brandy, um mit ihr auf die Vermählung ihrer Enkelkinder anzustoßen. Er würde sie hinhalten, so lange es möglich war. Außerdem wollte sie gar keine An t wort auf ihre Fragen. Sie konnte sich diese Antwort selbst geben. Weshalb fürchtete sie sich vor ihm? Was glaubte sie, zu we l cher Verwendung er sie vorgesehen hatte? Sie wußte es längst. Sie versuchte einfach, die Augen vor den Tatsachen zu verschließen und sich zu schonen. Und auch er schonte sie noch. Sie war seine wertvollste Fracht, und er hatte sich vorgenommen, sie rüc k sichtsvoll und sanft zu behandeln.
    Es war nur zwei Tage nach Okoyes und Udenkwos Hoc h zeit, als der große Sturm losbrach. Anyanwu, die n e ben Doro in seinem viel zu weichen Bett schlief, erwachte vom Trommeln des Regens und vom Lärm trampelnder, re n nender Füße über ihr. Das Schiff schlingerte und rollte b e drohlich, und Anyanwu fand sich damit ab, zum zweite n mal einen Sturm durchzustehen. Der erste war kurz, aber von fürchterlicher Heftigkeit gewesen, und sie konnte sich vorstellen, was sie jetzt erwartete. Die Man n schaft würde auf Deck mit dem Einholen der Segel beschäftigt sein. Die Sklaven würden sich in ihren Quartieren – se e krank und zitternd wie verängstigte Tiere – aneinander d rängen. Und Doro würde Isaak und einige andere Männer der Besatzung zu sich kommen lassen, in deren Gesel l schaft er tatenlos die Zeit verbrachte und auf das Ende des Sturms wartete.
    »Was macht ihr eigentlich, wenn ihr da zusammen s teht?« hatte sie ihn einmal gefragt. Vielleicht hatte er i r gendwe l che Götter, an die er sich in der Stunde der Gefahr um Hi l fe wandte.
    »Nichts«, erwiderte er.
    »Warum … warum steht ihr dann alle beieinander?«
    »Wir könnten benötigt werden«, antwortete er. »Die Män ner, die sich um mich versammeln, sind meine Sö h ne. Sie besitzen besondere Fähigkeiten, die für uns in einer bestimmten Situation von Nutzen sein kön n ten.«
    Er würde ihr keine erschöpfende Antwort auf ihre Fr a gen geben, würde kein weiteres Wort über diese, wie be i läufig erwähnten Söhne verlieren – außer der

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