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Wilde Saat

Wilde Saat

Titel: Wilde Saat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Octavia Butler
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absoluter Sicherheit, daß er es war, den sie erblic k te. So mußte er einmal in einem dieser Körper ausgesehen haben. Das Bild des Mannes, das sie vor sich sah, legte ihr den halbbewußtlosen Isaak in die Arme. Die Szene verä n derte sich plötzlich, jäh und ruckartig. Anya n wu sah sich mitten in einem wilden Begattungsta u mel, zuerst mit Isaak, dann mit dem häßlichen, gr ü näugigen Mann, dessen Name Lale war. Lale Sachs.
    Woher wußte sie das?
    Was geschah mit ihr?
    Der grünäugige Mann lachte, und dieses aufreizende Lachen erzeugte das gleiche Echo in ihr wie der G e danke an Doro. Dieser Mann hatte auf eine rätselhafte Weise B e sitz von ihr und ihren Gedanken ergri f fen.
    Sie stürzte sich auf ihn und stieß ihn rückwärts durch die Tür nach draußen. Ihr Stoß war von solcher G e walt, daß sogar ein weitaus kräftigerer Mann zu Fall gekommen w ä re. Laie landete auf dem Boden des Kajütenganges, und Anyanwu warf die Tür hinter ihm ins Schloß. Aber damit war die entsetzliche Verbindung, die zwischen ihnen b e stand, nicht u n terbrochen. Als er hinfiel und sich den Kopf an den harten Planken schlug, empfand Anyanwu einen furchtbaren Schmerz. Es war ein Schmerz, der sie auf die Knie zwang. Qualvoll zusammengekrümmt lag sie da, die Fäuste gegen die Schläfen gepreßt.
    Dann ebbte der Schmerz ab, verschwand jäh wie er g e kommen war. Lale hatte ihre Gedanken verlassen. Doch wieder öffnete sich die Tür, und er betrat den Raum. Wild fluchend sprang er auf sie zu und legte die Hände mit e i nem würgenden Griff um ihren Hals. So zog er sie hoch und stellte sie wieder auf die Füße. Der Mann war kein Schwächling, aber ihre Körperkräfte waren den seinen weit überlegen. Sie traf ihn mehr zufällig, als sie sich aus se i nem Griff befreite, und er heulte auf vor Schmerz.
    Sie blickte zu ihm hinüber, sah das längliche, von Wut und Angst verzerrte Gesicht, den Mund keuchend aufgeri s sen, die Nase eingedrückt und blutig. Sie hatte ihn stärker verletzt, als es ihre Absicht g e wesen war. Aber niemand hatte das Recht, sich ihrer geheimsten Gedanken zu b e mächtigen. Dann ve r schwand das blutige Gesicht.
    Ein Wesen stand vor ihr, grauenvoller als jeder D ä mon, den sie sich vorstellen konnte. Ein großes, gehörntes, schuppiges Eidechsenungeheuer, das i r gendwie noch die Gestalt eines Menschen hatte, jedoch einen dicken, pei t schenartigen Schwanz besaß und einen schuppigen Hund e kopf mit gewaltigen Zähnen, die in einem Maul saßen, in das ein Mä n nerkopf hineingepaßt hätte.
    In panischer Angst verwandelte sich auch Anyanwu.
    Es mußte schnell gehen, und die Plötzlichkeit der Ve r wandlung bereitete ihr unvorstellbare Schme r zen. Es waren regelrechte Todesqualen, die sie erlitt. Ein Wimmern en t rang sich ihrem Mund, das in ein gefährliches Knurren überging. Sie hatte die Gestalt eines Leoparden angeno m men, geschmeidig, kraf t voll und mit Krallen so scharf wie Dolche. Sie setzte zum Sprung an.
    Der Dämon schrie, brach unter ihrem Ansprung zusa m men und wurde wieder zu einem Mann.
    Anyanwu zögerte. Die Vorderpranken auf seiner Brust, starrte sie auf ihn nieder. Er war bewußtlos. Er war ein b ö sartiger, todbringender Unhold. Das beste, sie tötete ihn, bevor er das Bewußtsein wiedererlangte und aufs neue Macht über ihre Gedanken gewann. Es schien falsch, einen hilflosen Mann zu töten, aber wenn dieser Mann zu sich kam, konnte er es fertig b ringen, sie zu töten.
    »Anyanwu!«
    Doro.
    Sie verschloß die Ohren vor ihm. Mit einem Fauchen schlug sie die Pranke in die Kehle des Mannes und zerfet z te sie. Der verlockende Geruch von warmem Blut stieg zu ihr auf.
    Die Schnelligkeit, mit der Anyanwu ihre Verwandlung herbeiführen mußte, hatte sie erschöpft, wie nichts sonst es vermocht hätte. Sie brauchte neue Kraft. Und zwar s o fort. Sie zerriß das Hemd ihres Opfers, und ihre Zä h ne gruben sich in seine Brust. Sie verschlang die Fleischstücke mit wilder Gier, bis ein Schlag zwischen ihre Augen sie inn e halten ließ.
    Ein zorniges, schmerzgepeinigtes Fauchen entrang sich ihrer Kehle. Wie durch einen Schleier erkannte sie, daß es Doro war, der sie getreten hatte. Ihre Muskeln spannten sich sprungbereit. Sie konnte ihn töten. Sie konnte jeden töten, der sich in einem so l chen Augenblick mit ihr anlegte.
    Doro stand nur wenige Inches von ihr entfernt, den Kopf erhoben, als hielte er ihr seine Kehle hin. Und genau das tat er.
    »Komm!« sagte er drohend. »Töte noch

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