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Wilde Saat

Wilde Saat

Titel: Wilde Saat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Octavia Butler
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geben?«
    »Sieh die Sache ein wenig anders. Ich wünsche, daß du sie heiratest.«
    Die Augen des Jungen weiteten sich. Er verhielt den Schritt und lehnte sich mit dem Rücken an einen großen Ahornbaum. »Du … du hast dir das gut übe r legt, nehme ich an. Ich wollte sagen, du bist sicher, daß es wirklich dein Wunsch und Wille ist.«
    »Natürlich.« Doro blieb vor ihm stehen.
    »Hast du es ihr gesagt?«
    »Noch nicht. Nach dem Essen werde ich mit ihr spr e chen.«
    »Doro, sie ist Wildsaat. Du mußt damit rechnen, daß sie sich weigert.«
    »Ich weiß.«
    »Es könnte sein, daß es dir nicht gelingt, sie umzusti m men!«
    Doro zuckte die Achseln. Obwohl er beunruhigt war, dachte er nicht daran, seine Sorge Isaak zu verraten. Anya n wu würde entweder gehorchen oder nicht. In diesem Moment wünschte er sich, etwas von Lales Macht der G e danken- und Willensbeeinflussung zu besitzen. Aber er b e saß sie nicht. In dem Punkt war er machtlos – und Isaak auch.
    »Aber wenn du nichts bei ihr erreichst«, sagte Isaak, »wenn sie von deinem Plan nichts wissen will, laß mich es vers u chen. Bevor du irgend etwas anderes tust, laß mich es bei ihr versuchen.«
    »In Ordnung.«
    »Und tue nichts, daß sie mich haßt.«
    »Ich glaube nicht, daß ich das könnte. Vielleicht kann sie mich eine Zeitlang hassen, aber nicht dich.«
    »Und tue ihr nichts an!«
    »Nicht, wenn ich es vermeiden kann.« Doro lächelte, amüsiert von der Sorge des Jungen. »Dir gefällt der G e danke«, bemerkte er. »Du möchtest sie heiraten.«
    »Ja. Aber ich hätte nie gedacht, daß du es erlauben wü r dest.«
    »Sie wird glücklicher sein mit einem Ehemann, der ständig bei ihr ist und sie nicht nur ein- oder zweimal im Jahr b e sucht.«
    »Willst du damit sagen, ich soll mich hier als Farmer niederlassen?«
    »Werde Farmer, wenn du willst, eröffne ein Geschäft oder arbeite wieder als Schmied. Niemand hat darin mehr G e schick als du. Mach, was du willst. Aber ich will, daß du hier bleibst, wenigstens für eine Weile. Sie braucht jema n den, der ihr hilft, sich in dieser fremden Umwelt einzug e wöhnen, wenn ich nicht da bin.«
    »Großer Gott«, sagte Isaak. »Verheiratet!« Er schü t telte den Kopf, dann begann er zu lächeln.
    »Komm weiter!« Doro setzte sich wieder in Bew e gung.
    »Nein!«
    Doro blickte ihn über die Schulter an.
    »Ich möchte sie nicht sehen, bis du es ihr gesagt hast – jetzt, wo ich es weiß. Ich kann es nicht. Ich werde zu A n neke gehen und mit ihr essen. Sie wird etwas Gesellschaft gebrauchen können.«
    »Sarah wird darüber nicht sehr begeistert sein.«
    »Ich weiß.« Isaak streifte das Haus mit einem schuldb e wußten Blick. »Entschuldige mich bei ihr.«
    Doro nickte und wandte sich zum Gehen. Er betrat das Haus und nahm an Sarah Cutlers weiß gedecktem, mit dampfenden Speisen beladenen Tisch Platz.
    Gebannt sah Anyanwu zu, wie die weiße Frau zuerst ein sauberes Linnentuch über den langen schmalen Tisch bre i tete, an dem in Doros Haus gegessen wu r de. Es folgte das Auflegen von Tellern, Schüsseln und Eßbestecken, deren Anordnung einer strengen, aber für sie unverständlichen Gesetzmäßigkeit zu unterliegen schien. Anyanwu war froh, daß ihr einige von den Speisen und Eßgewohnheiten der Weißen schon von Bord her bekannt waren. Sie konnte also an den Mahlzeiten teilnehmen, ohne sonderlich aufz u fallen, wäre jedoch nicht in der Lage gewesen, ein solches Essen selbst zu bereiten. Aber das würde sie noch lernen. Bald sogar. Im A u genblick spielte sie nur die Zuschauerin, während die verlockenden Düfte, die aus der Küche dra n gen, ihr das Wasser im Mund zusammenlaufen ließen. Anyanwu verspürte Hunger. Hunger war ihr vertraut, und er war gut. Er bewahrte sie davor, die weiße Frau bei ihrem Tun nicht allzu aufdringlich anzustarren. Er lenkte sie ab von der Unruhe und Unsicherheit, die die neue U m gebung in ihr erzeugte, und richtete ihre Aufmer k samkeit auf die dampfenden Speisen, die bereits auf dem Tisch standen: die Gemüsesuppe, in der die Fleischstücke schwammen, das gebratene Hirsc h fleisch – Wildbret, wie die weiße Frau es g e nannt hatte – und den gewaltigen Puter.
    Anyanwu wiederholte die Worte, indem sie sie leise vor sich hin sprach und sich vergewisserte, daß sie bereits zu ihrem Wortschatz gehörten. Neue Wörter, neue Lebensg e wohnheiten, neue Speisen, neue Kleider! Sie mußte alle r dings zugeben, daß sie über die neuen Kleider letzten E n des sehr glücklich

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