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Wilde Saat

Wilde Saat

Titel: Wilde Saat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Octavia Butler
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seiner Aufträge im Weg. Aber er hatte niema n den ausgesucht, der sich später als ungeeignet für Doros Zwecke erweisen würde. Nur Doro selbst hä t te diese Aufgabe noch besser erfüllen können. Und jetzt blieb ihm ja auch nichts anderes übrig, als für die nächste Zukunft an Lales Stelle zu treten. Wenigstens so lange, bis die Gener a tion der fähigen und brauchbaren Gedankenleser herang e wachsen war. Ja, Doro würde sich einige Jahre selbst mit der Auswahl geeigneten Zuchtmaterials befassen müssen. Allerdings suchte er die Leute nicht auf die gle i che Weise aus wie Lale, sorgfältig und mit strenger Genaui g keit. Er fand sie eher mühelos, so wie er Anyanwu gefunden hatte – allerdings nicht auf eine solch gr o ße Entfernung wie bei ihr. Er wurde ihrer ansichtig oder spürte sie auf wie ein Wolf einen Hasen, wenn der Wind aus der richtigen Ric h tung kommt. Und am Anfang hatte er sie aus genau dem gleichen Grund gesucht, aus dem der Wolf hinter einem Hasen her ist. Diese Andersartigen, diese H e xen eigneten sich vorzüglich für einen guten Kö r perwechsel. Sie boten ihm die kraftvollste Nahrung und den dauerhaftesten Schutz. Er stellte ihnen heute noch nach. Schon in alle r nächster Zeit würde er sich in Wheatley wieder eine solche Beute holen. Die Bewohner von Whea t ley erwarteten dies regelrecht von ihm. Sie waren damit einverstanden, b e trachteten es als eine Art Weiheopfer. Alle seine Städte und Dörfer besorgten ihm jetzt bereitwillig Nahrung. Und die Zuchtprojekte, die er unter ihnen durchfüh r te, faszinierten ihn wie sonst nichts auf der Welt. Es war ein atembera u bender Weg der Höherentwicklung, der hinter ihm lag. Von kleinen, unscheinbaren, kläglichen Anfä n gen bis zu Lale, Isaak und – wenn auch in einem anderen Sinn – Anyanwu. Er war d a bei, sich ein Volk zu schaffen, und er lebte gut d a von. Wenn er sich oft auch etwas einsam fühlte, weil das Leben seiner Leute so kurz war, so langweilte er sich w e nigstens nicht. Menschen, deren Lebensdauer nur kurz war, Menschen, die sterblich waren, hatten keine A h nung davon, welche erbarmungslosen Fei n de Einsamkeit und Langeweile sein konnten.
    Am Ende der Stadt stand ein großes Farmhaus aus g e lben Lehmziegeln, das Doro gehörte. Ein ehemaliges ho l länd i sches Farmhaus, nicht besonders prächtig, dafür aber b e haglich. Jonathan Wheatleys Herrensitz war bedeutend großartiger, ebenso dessen Stadthaus in New York City. Doch Doro war mit seinem Farmhaus zufrieden. Er benüt z te es etwa zweimal im Jahr für kürze Zeit. Das Haus wurde bewohnt von einem englischen Ehepaar. Sie hielten Doros Haus während der Zeit seiner Abwesenheit in Ordnung, und wenn er zu Hause war, wurde er von den beiden ve r sorgt. Robert Cutler und seine Frau Sarah, die jüngste der neun Wheatley-Töchter, waren Farmersleute, robust und bäuerlich. Sie hatten Isaak während seiner kritischen Jahre großgezogen. Als Heranwachsender war der Junge schwi e rig und g e fährlich gewesen, denn in dieser Zeit reiften auch seine übersinnlichen Kräfte. Doro hatte sich oft genug g e wundert, daß die beiden diese Zeit überlebt hatten. Lales Pflegeeltern hatten das nicht – allerdings war sein Chara k ter auch ausgesprochen bösa r tig gewesen. Isaak dagegen stellte eigentlich nur zufällig etwas an. Und außerdem wa r en Lales Pflegee l tern auch keine Wheatleys gewesen. Die Erziehungsarbeit, die Sarah an Isaak gele i stet hatte, war wieder einmal ein Beweis gewesen für die Nützlic h keit ihrer Art – die Nützlichkeit von Leuten, deren geringfügige Begabungen sie weder als Zuchtmater i al noch als Nahrung für Doro selbst geeignet machten. Es kam Doro in den Sinn, daß bei einem erfolgreichen Ausgang seines Züc h tungspr o jektes in ferner Zukunft die Zeit kommen mochte, in der er darauf achten mußte, daß solche Leute am L e ben blieben – fähige Leute, deren Fähigkeiten sich jedoch in Grenzen hielten die niemals den Grad e r reichten, der sie für sich selbst zu einer Gefahr we r den ließ.
    Im Augenblick jedoch gab es andere Probleme. Im A u genblick hatte er darauf zu achten, daß seinen Hexen nichts zustieß. Er mußte sie schützen – sogar vor sich selbst. Anyanwu zum Beispiel. Heute Abend würde er ihr mitte i len, daß er den Entschluß gefaßt hatte, sie Isaak zur Frau zu geben. Dabei war es wichtig, sie nicht wie eine von Natur aus aufsässige und widerspenstige Wildsaatfrau zu beha n deln, so n dern wie eine seiner Töchter –

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