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Wilde Wellen

Wilde Wellen

Titel: Wilde Wellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Sadlo
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spürte es zunächst nicht, doch ihr Blick begann nun, nach etwas zu suchen. Ging die Reihen der Ordner durch. Und fand ihn nicht. Den Ordner mit der Aufschrift Helena . Das konnte kein Zufall sein. Wieso versteckte Leon Menec den Ordner über die Helena? Sie sah sich die Ordner genauer an. Nichts. Das Jagdfieber hatte sie ergriffen. Ehe sie genau darüber nachdenken konnte, was sie da gerade tat, hatte sie schon einen verschlossenen Schrank geöffnet, der an der hinteren Wand des Büros stand. Und dann den kleinen Rollcontainer neben dem Schreibtisch. Ihre Finger wühlten sich hastig durch die Hängeordner, die in dem Container hingen. Auf keinem der »Reiter« stand der Name Helena . Nur Firmennamen, die sie zum Teil kannte, zum Teil auch nicht. Vermutlich enthielten die Ordner Verträge oder Vertragsangebote, das Übliche eben. Enttäuscht wollte sie den Container gerade schließen, da fiel ihr Blick auf einen schmalen Ordner, den sie überblättert hatte. Auf dem Reiter, der auf den Ordner geklemmt war, stand nur ein Kürzel: CdP . Vermutlich die Abkürzung für eine Firma. Von der sie noch nie gehört hatte. Doch da klingelte irgendwas bei ihr. CdP? Wieso kam ihr das bekannt vor? Sie nahm den Ordner nun doch aus dem Container, und in dem Moment, in dem sie ihn öffnete, wusste sie, wieso sie an dem Kürzel hängen geblieben war. CdP, Café du Port . Das Restaurant ihres Vaters. Ungläubig starrte sie auf die Akte. Sah auf die Schenkungsurkunde. Leon Menec hatte Michel Dumont das Café du Port geschenkt? Wieso hatte er das gemacht? Ein so großes Geschenk? Sicher, die beiden Männer waren Freunde. Es ist normal, wenn der eine dem anderen unter die Arme greift. Aber so ein Geschenk? Leon hätte Michel einen Kredit geben können, damit er das Restaurant kaufen konnte. Zinslos vielleicht sogar. Mit langer Laufzeit. Oder er hätte ihm das Restaurant auf Lebenszeit verpachten können. Für einen Freundschaftspreis. Aber da stand es schwarz auf weiß, Leon Menec hatte Michel das Restaurant geschenkt. Notariell beurkundet und beglaubigt am 18.12.1986. Marie stockte der Atem. 1986? Am vierten September 1986 war Leons Schiff, die Helena , gesunken, deren Kapitän Michel Dumont als Einziger überlebt hatte. Und kaum drei Monate später machte Leon Michel dieses Geschenk.
    Maries Gedanken wirbelten durcheinander. Es waren viele Bruchstücke, die sich fanden. Aber es war nicht so, dass sich mit jedem weiteren das Bild klarer herausgeschält hätte. Im Gegenteil, jedes Mal, wenn ein weiteres Puzzlestück herangewirbelt wurde, schien die Aussicht darauf, irgendwann das Bild tatsächlich in Gänze vor sich haben zu können, in weitere Ferne zu rücken.
    Â»Bonjours mesdames.« – Caspar. Seine Schritte kamen näher. Marie beeilte sich, den Container zu schließen. Ein schneller Blick über das Büro. Alles war wie immer.
    Â»Caspar! Hallo. Ich bin auf der Suche nach deinem Vater.« Sie zog die Tür hinter sich zu, als hätte sie nur gerade einen Blick ins Büro geworfen und festgestellt, dass Leon nicht da war.
    Â»Marie!« Caspar freute sich offensichtlich, sie zu sehen. »Ich wusste nicht, dass du einen Termin mit meinem Vater hast.«
    Â»Hab ich auch nicht. Ich muss ihn aber dringend sprechen. Du weißt, dass sein Anwalt sich um die Freilassung meines Vaters bemüht hat.«
    Â»Ich dachte, Papa sei schon in der Firma.« Tatsächlich hatte er sich gewundert, dass Leon nicht auf ihn gewartet hatte, damit sie zusammen in die Firma fuhren. Aber es kam schon hin und wieder mal vor, dass er ganz frühe Termine mit Kunden hatte. Caspar hatte erwartet, ihn in seinem Büro anzutreffen.
    Â»Er ist bestimmt schon unterwegs.« Er nahm Maries Hand. Sein Blick wurde intensiver.
    Â»Im ersten Moment hab ich gehofft, du wärest meinetwegen hier. Wir haben uns viel zu lange nicht gesehen.«
    Â»Ich hab dich nach der Vernissage nach Hause gefahren, wenn du dich erinnern magst …«
    Caspar Zerknirschung belustigte sie. Wie schnell er vom selbstbewussten Jungunternehmer zum verlegenen kleinen Jungen umschwenken konnte.
    Â»Ich hab mich da wohl nicht so comme il faut benommen. Tut mir leid. Aber ich war so enttäuscht. Weil du keine Zeit für mich hattest.«
    Â»Ich hatte einen Job auf der Vernissage. Was glaubst du, wie Sabine das gefunden hätte, wenn ich mich mit dir in einer Ecke

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