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Wilde Wellen

Wilde Wellen

Titel: Wilde Wellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Sadlo
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werde ich dich begleiten.«
    Leon war überrascht über Claires Reaktion. Er hatte erwartet, dass sie versuchen würde, ihn zu überreden, alles auf sich beruhen zu lassen. Dass sie sagen würde, dass ein Geständnis die toten Seeleute auch nicht wieder lebendig machen würde. Dass sie ihn daran erinnerte, dass auch ihr und Caspars Leben wie ein Kartenhaus in sich zusammenstürzen würde. Er hätte alles verstanden. Und sich am Ende doch dafür entschieden, zur Polizei zu gehen.
    Â»Mein armes, liebes Herz. Wenn ich daran denke, wie unglücklich du gewesen sein musst wegen der Helena . Dabei hast du doch wirklich keine Schuld daran, dass die Besatzung mit untergegangen ist.«
    Meinte sie das wirklich ernst? Immerhin war ihr Vater auch unter den Opfern gewesen. Leon sah, wie sie schauderte.
    Â»Mir ist kalt. Ich gehe schnell nach oben und ziehe mir etwas an. Danach reden wir weiter.« Sie küsste ihn mit so viel Zartheit und Liebe, dass Leon einen Augenblick lang dachte, dass er ihr das alles nicht antun könnte. Fast wäre er ihr nachgegangen und hätte gesagt, dass das alles natürlich nur Überlegungen seien. Und dass er selbstverständlich nichts tun würde, was auch ihr Leben verändern würde. Doch dann sah er das Blatt Papier, das unter seiner Schreibunterlage lag. Fast unabsichtlich zog er es heraus. Um dann eilig die anderen Papiere auch hervorzuziehen. Testament von Leon Menec?
    Claire schloss die Tür hinter sich und lehnte sich von innen dagegen. Jetzt, da sie allein war, konnte sie sich nicht mehr beherrschen. Ihr Körper zitterte vor Wut. Hatte sie sich im ersten Moment doch wirklich gefreut, Leon am Leben zu wissen, war sie jetzt außer sich vor Zorn. Wie konnte er es wagen, ihr Leben zu zerstören? Wie konnte er es wagen, so egoistisch zu sein? Bedeuteten sie und Caspar ihm überhaupt nichts? Wieso war er überhaupt zurückgekommen, wenn es ihm doch nur darum ging, seine lächerlichen Schuldgefühle loszuwerden? Hätte er nicht einfach wegbleiben können? Aber nein, er dachte nur an sich. Dass er sie und Caspar in die Armut und damit ins Unglück stürzen würde, das schien ihn nicht zu interessieren. Ihre Erbitterung wuchs mit jeder Sekunde, in der sie über Leons sentimentalen Wunsch, seine Schuld endlich zu sühnen, nachdachte. Wie hatte sie diesen Mann bewundert. Seine Kraft, mit der er nach dem Untergang der Helena sein Imperium aufgebaut hatte hatte, ihr ebenso imponiert, wie seine ständige liebevolle Sorge um sie und ihren Sohn. Und nun erwies er sich als eine schlappschwänzige Memme, die Angst davor hatte, eines Tages mit ihrer Schuld ins Grab zu sinken. Sie konnte nicht zulassen, dass er das tat. Irgendwie musste sie verhindern, dass er alles zerstörte, was sie sich vom Leben erträumt hatte. Sie zwang sich zu ein paar leichten Qi-Gong-Übungen, die ihren Pulsschlag sofort herunterdämmten und ihre Konzentration auf das Wesentliche lenkten.
    Leon stand am Fenster und sah in den grauen Morgen hinaus. Er war ganz ruhig. Er hatte das gefälschte Testament in Fetzen gerissen und in den Papierkorb geworfen. Er würde Claire nicht darauf ansprechen. Sie hatte nur getan, was sie glaubte tun zu müssen, angesichts der Tatsache, dass er tot sein sollte. Insgeheim bewunderte er sie. Ob Caspar ahnte, mit welchen Löwenkräften seine Mutter darum kämpfte, dass ihm das zukam, was ihm ihrer Meinung nach zustand? Wenn sie in ihrem Leben wirklich einen Menschen liebte, mit jeder Faser ihres Herzens, dann war es ihr Sohn. Er ahnte, dass sie seinen Entschluss, endlich reinen Tisch zu machen, nicht billigen würde. Aber er war entschlossen, sich nicht davon abbringen zu lassen. Irgendwann würde sie es verstehen. Und dann würde sie ihm auch verzeihen.
    Als er sie eintreten hörte, drehte er sich um.
    Sie sah blendend aus in ihrem schwarzen Kostüm, dessen Bleistiftrock eine Handbreit über dem Knie endete und ihre schönen Beine in den Mittelpunkt rückte. Was war sie nur für eine bemerkenswerte Frau.
    Â»Da bist du ja. Ich wollte dir sagen, dass ich mir vorstellen kann, dass das alles ein großer Schock für dich sein muss. Aber ich hoffe, dass du verstehst, dass ich nicht anders handeln kann.«
    Claire lächelte, als sie die kleine Pistole auf ihn richtete, die er ihr einmal geschenkt hatte, damit sie sich im Schloss auch wirklich sicher fühlen konnte, wenn er auf

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