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Wilde Wellen

Wilde Wellen

Titel: Wilde Wellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Sadlo
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drücken.
    Â»Für das Ticket.«
    Sie hielt inne. Starrte auf das Geld. Starrte auf ihn.
    Â»Sobald ich in Paris bin, schicke ich es dir zurück.«
    Und sie rannte die Treppe hinunter. Er hörte ihre polternden Schritte auf den Holzbohlen. Es klang, als würde sie von Teufeln gehetzt fliehen.
    Und sie hatte ja recht. Vor einem Mann wie ihm konnte man nur fliehen. Mit einem Mann wie ihm durfte man nichts zu tun haben. Er sank auf Maries Bett. Es hatte nichts genützt. Das ganze gut gemeinte Konstrukt, das er so sorgsam aufgebaut hatte, war in sich zusammengebrochen und hatte seine Hoffnung begraben. Die Hoffnung darauf, mit seiner Tochter doch noch ein harmonisches Leben führen zu können.
    Marie verließ das Haus ihres Vaters, ohne sich noch einmal umzusehen. Sie musste ein Taxi finden, das sie nach Brest brachte. In ein paar Stunden würde sie in Paris sein.
    Â»Ist alles in Ordnung, Marie?«
    Paul hatte auf sie gewartet. Er hatte sich inzwischen zusammengereimt, dass Marie das Unglück in Paris wohl vergessen haben musste. Und dass er der ahnungslose Auslöser dafür gewesen war, dass sie sich nun wieder erinnerte. Diese Fassungslosigkeit in ihren Augen. Dieser bodenlose Zorn, mit dem sie Richtung Hafen losgestürzt war. So richtig konnte er sich das nicht erklären. Sicher, das, was geschehen war, war eine furchtbare Katastrophe gewesen. Aber sollte sie nicht froh sein, dass sie sich wenigstens erinnerte? Die letzten Wochen mussten doch eine Qual für sie gewesen sein. Immer auf der Suche nach der Erinnerung. Doch da war keine Erleichterung bei ihr zu spüren gewesen. Nur diese fassungslose Wut.
    Â»Ich muss nach Paris.« Sie wollte an ihm vorbeigehen. Noch immer wirkte sie, als wäre sie von Furien gehetzt.
    Â»Ich kann dich zum Flughafen bringen.«
    Sie stoppte. Und nickte.
    Â»Je schneller ich von hier weg bin, desto besser.«
    Sie setzte den Helm auf, den er ihr reichte, klemmte sich samt ihrer Tasche hinter ihn. Und er fuhr los. Im Rückspiegel sah er diesen Mann aus dem Haus kommen und ihnen nachsehen, den sie vorher so wütend angeschrien hatte.
    Der Wind war stärker geworden. Weiße Schaumkronen tanzten auf den Wellen. Der Himmel, der gerade noch so stechend blau gewesen war, lag grau über dem Wasser. Die scharfe Linie des Horizonts war nun verschwommen, es war nicht mehr genau auszumachen, wo das Meer aufhörte und der Himmel anfing. Marie klammert sich an dem Mann, der ihr die Erinnerung wiedergebracht hatte, fest. Sie spürte den Wind im Gesicht, der ihr Tränen in die Augen trieb. Sie fühlte sich plötzlich wie erstarrt. Natürlich war da diese unendliche Erleichterung darüber, wieder Herr ihres Lebens zu sein. Sich an alles zu erinnern, was ihre Existenz jemals ausgemacht hatte. Aber gleichzeitig wuchs in ihr die Enttäuschung darüber, was Michel ihr angetan hatte.
    Paul hielt das Motorrad an.
    Â»Du solltest dich erst mal beruhigen.«
    Er hatte gespürt, dass sie am ganzen Leib gezittert hatte. Sie schlang die Arme eng um sich, so als würde sie schrecklich frieren. Blass war sie plötzlich, durchscheinend blass. Als würde sie jeden Moment umkippen. Sie setzte sich auf einen Felsen.
    Â»Als ich im Krankenhaus aufgewacht bin, gab es nichts mehr. Ich hab mich gefühlt, als würde ich einem leeren schwarzen Raum schweben. Kannst du dir das vorstellen? Du siehst dein Gesicht im Spiegel und du weißt nicht, wer das ist, der dich da ansieht. Ja natürlich, sie haben mir gesagt, dass ich Marie Lamare bin. Aber sie hätten mir auch sagen können, dass ich Kleopatra bin oder Vanessa Paradis.«
    Paul bereute, dass er Marie im Krankenhaus nicht besucht hatte. Vielleicht hätte er ihr vieles ersparen können. Vielleicht hätte sie sich an ihn erinnert. Und damit an alles andere auch.
    Â»Es muss schrecklich gewesen sein.«
    Â»Das Merkwürdige war, dass ich nicht alles vergessen hatte. Ich wusste, wie man isst und trinkt. Ich konnte lesen. Wusste, dass man sich die Zähne putzt. All die alltäglichen Sachen waren mir geblieben. Dr. Lenoir sagte, das sei gar nicht ungewöhnlich. Und er machte mir Hoffnung, dass ich mich auch wieder an alles andere erinnern würde. Aber dieser Mann hat versucht, das zu verhindern.«
    Sie sagte: »dieser Mann«, weil sie es nicht über sich brachte, Michel Dumont ihren Vater zu nennen. Er war für sie nichts anderes als ein herzloses

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