Wilde Wellen
schneller Atem erregte sie. Das leise Stöhnen, als er ihre Brüste küsste.
»Wie ich das vermisst habe«, flüsterte er an ihrem Bauch.
Sie schloss die Augen. Wie gern würde sie sagen, dass sie ihn auch vermisst hatte. Denken, denken. Sie zog seinen Kopf zu sich hoch, und ihre Münder verschmolzen gierig ineinander.
»Sag mir, dass ich mich nicht verändert habe.« Sie musste es von ihm hören. Musste sicher sein, dass alles war wie immer. Er küsste vorsichtig die Narbe unter ihrer Schulter. Das war das einzige Zeichen, das von der Katastrophe geblieben war.
»Es fühlt sich gut an«, murmelte er, als er in sie eindrang. Sie stöhnte leise auf, als sie ihn in sich spürte. Ja, es fühlte sich gut an. Sie versuchte sich auf seinen Rhythmus einzulassen. Wenn sie doch nur aufhören könnte zu denken. Wieso wünschte sie sich plötzlich, dass es vorbei wäre? Dass sie sich einfach umdrehen und einschlafen könnte? Als Thomas den leisen Schluchzer hörte, den sie nicht unterdrücken konnte, hielt er inne.
»Ist alles okay?« Er sah, dass ihr Tränen über die Wangen rannen. Nein, es war nicht okay.
»Lassen wir uns Zeit«, sagte er und rollte sich neben sie. »Wir müssen nichts tun, was du nicht willst.«
»Aber ich will es doch.« Sie wollte es wirklich. Sie wollte mit ihm schlafen, als sei nichts geschehen. So wie sie es vorgehabt hatte, an jenem Tag, als sie auf dem Weg zu ihm nach London gewesen war. Sie küsste seine Brust. Wie gut es war, sein Herz schlagen zu hören.
»Ich bin nur ein bisschen durcheinander.« Ihre Lippen wanderten über seinen Körper. Ãber den Bauch hinab zu seinem Glied. Als sie es berührte, stöhnte er auf. Er legte sich wieder auf sie und stieà heftig in sie hinein. Und Sekunden später verströmte sich Thomas in Marie. Dass sie nicht gleichzeitig mit ihm gekommen war, war ihnen beiden klar. Doch in der Stille nach dem vollzogenen Akt konnten sie nicht darüber reden. Die Angst, dass es nie mehr so sein würde, verschlossen beide in ihren Herzen.
7
Der Sturm jagte über das Land. Er riss an den alten Eichen. Ãste krachten zu Boden, Blätter wirbelten durch die Nacht, weiÃe Wolkenfetzen wurden über den schwarzen Himmel getrieben. Die Schreie mischten sich mit dem Geheul des Sturms zu einer bedrohlichen Todesmelodie. Die Lichter eines Autos tauchten in der Dunkelheit auf. Ein Motor heulte auf. Sie versuchte noch auszuweichen, doch sie konnte der tödlichen Gefahr nicht entgehen.
Céline stand keuchend am Fenster des kleinen gemütlichen Hauses. Ihre Hände umkrampften den pfeifenden Wasserkocher, den sie angeschaltet hatte, um sich einen Tee aufzubrühen. Sie schrak zusammen, als sie Merlins Nase an ihrem Bein spürte.
»Es ist nichts«, sagte sie leise und kraulte seinen Nacken. »Du musst dir keine Sorgen machen. Leg dich einfach wieder hin.« Doch Merlin wollte nicht von Célines Seite weichen. Er spürte die Unruhe seiner Herrin. Céline goss das heiÃe Wasser über die getrockneten Thymianblätter. Der Duft des Tees verbreitete sich schnell in der kleinen Stube. Sie schenkte sich eine Tasse des beruhigenden Gebräus ein und trat vor die Tür. Merlin rannte nicht, wie er es normalerweise tat, in die Nacht hinaus, um vielleicht noch ein paar Kaninchen zu erschrecken oder den Fuchs auf seinem Beutezug zu stören. Heute blieb er so dicht bei ihr, dass sie seine Wärme an ihrem Bein spüren konnte. Der Vollmond beleuchtete die Landschaft und das Meer mit seinem weiÃen Licht, das so hell war, dass die wenigen Bäume, die sich um Célines Haus gruppierten, scharfe Schatten warfen. Die Blätter der zweihundertjährigen Eiche, in deren Schutz das kleine Haus lag, bewegten sich nicht. Auch das Rauschen des Meeres, das nur einen Steinwurf entfernt war, war in dieser Nacht sanft und fromm. War es die Ruhe vor dem Sturm, dem sie sich in ihrer Vision ausgeliefert gesehen hatte? Würde er wirklich kommen? Sie atmete tief die würzige Meeresluft ein und trank einen Schluck von ihrem Tee. Den Thymian hatte sie vor Jahren um das Haus gepflanzt, abwechselnd mit dem dunkelblau blühenden Lavendel und den weiÃen Rosen, die angefangen hatten, am Haus hochzuklettern. Es war eine Idylle, die sie sich hier geschaffen hatte, in der sie sich immer sicher und geborgen gefühlt hatte. Auch vor ihren Ahnungen und
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