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Wilde Wellen

Wilde Wellen

Titel: Wilde Wellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Sadlo
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mit dem Hund geredet, sie hatte ihn nicht verwöhnt oder gar wie ein menschliches Wesen behandelt, aber trotzdem, oder vielleicht gerade deswegen, war zwischen Céline und dem weißen Hund eine Beziehung entstanden, die sie zu einem Menschen nie gehabt hatte. Mit einem leisen Seufzer ging sie ins Haus zurück. Zum ersten Mal verschloss sie an diesem Abend die Tür. Als wenn sie damit versuchen wollte, ihre bösen Ahnungen draußen zu halten.
    Sie konnte sich nicht erklären, wieso sie so unruhig war. Zunächst hatte sie gedacht, dass es an Maries Rückkehr liegen mochte. Doch nun war das Mädchen auch ohne ihr Zutun weggegangen. Sie hätte also wieder ruhig sein können. Wieso war ihr aber trotzdem immer noch so kalt, dass sie ständig innerlich zu zittern glaubte? Weder das Feuer im Kamin noch der heiße Tee konnten etwas dagegen ausrichten. Der Sturm würde kommen. Und er würde Unheil mit sich bringen. Anders konnte sie ihre Unruhe nicht interpretieren. Das Leben der Menschen um sie herum würde durcheinandergewirbelt werden. Und danach würde nichts mehr so sein, wie es einmal gewesen war.
8
    Nur eine einzige Nacht hatte Paul ruhig geschlafen, nachdem er sich entschlossen hatte, wieder nach Paris zurückzukehren. Jetzt warf er sich schlaflos in dem Bett, das unter dem Fenster zum Meer stand, hin und her. Die Bilder von der Schießerei in Paris drängten sich unerwartet wieder in sein Gehirn. Die Schüsse, der zu Boden gehende Jean. Der Mann, der mit der Pistole in der Hand auf Saras Geburtstagsgesellschaft zugestürmt war, sein fassungsloser Blick, als er von Maries Kugel getroffen zu Boden ging. Und dann Marie, die reglos auf der Straße lag. Das Blut, das aus der Wunde strömte. Seine Hände, die auf die Brust des Mädchens drückten und von ihrem Blut rot wurden. Er konnte nicht aufhören, an sie zu denken. An ihren schwindenden Blick, als er sie anflehte, nicht aufzugeben. Und an das Lächeln, mit dem sie ihm am Flughafen dafür gedankt hatte, dass er ihr ihr Leben zurückgegeben hatte. Es war ein ihm völlig fremdes Sehnen, das in ihm wuchs. Ein lächerliches Sehnen? In jedem Fall doch ein sinnloses. Marie Lamare war zwar mit einer geradezu existenziellen Wucht in sein Leben gekracht, aber er war viel zu rational, um daraus eine Bedeutung für die Zukunft abzulesen. Er hatte einige Beziehungen hinter sich, bevor er bei der Party eines Freundes Sara getroffen und sich auf Anhieb in sie verliebt hatte. Jung, witzig, unbeschwert hatte sie sich auf ihn gestürzt und sein Wissenschaftlerleben in die Hand genommen. Und er hatte es geschehen lassen. Es hatte ihm gefallen, dass sie ihn ohne zu zögern in ihren großen bunten Freundeskreis integriert hatte, in dem er sich anfangs wie einer der unscheinbaren braunen Pariser Spatzen in einem Schwarm farbenfroher, lärmender Papageien vorgekommen war. Saras hedonistische Schauspielerwelt war nie zu der seinen geworden, aber er hatte sich eingestehen müssen, dass es ihm Spaß machte, das ausgelassene Treiben vom Rand aus zu verfolgen. Was Sara allerdings an ihm, dem ehrgeizigen, vor allem auf seine Arbeit konzentrierten Wissenschaftler fand, das war ihm bis heute schleierhaft geblieben.
    Â»Man kann sich nicht aussuchen, in wen man sich verliebt«, lachte sie immer. »Wahrscheinlich interessiert mich sowieso nur der Sex mit dir.«
    Er hatte sich gefragt, ob es auch das war, was ihn an Sara interessierte. Der zugegebenermaßen großartige Sex, den sie auch nach zwei Jahren immer noch hatten. Aber es war eigentlich auch egal, wieso sie zusammen waren. Es war aufregend mit ihr. Und erregend. Nie langweilig. Und zuweilen auch wirklich interessant. Eine perfekte Beziehung also.
    Â»Die Schöne und das Hirn«, nannte Sara sie beide mit einer gehörigen Portion Selbstironie. »Wir müssen nur aufpassen, dass unsere Kinder meine Schönheit und dein Gehirn bekommen. Andersrum wäre es fatal.«
    Sie war schön, sie war lebenslustig, sie war witzig. Das Leben mit ihr war abwechslungsreich und nie eintönig.
    Mein Gott, was sollte er denn sonst noch von einer Frau erwarten? Dass sie sein Herz berührte? Er konnte nicht glauben, dass er das dachte. Sein Herz berührte – das klang wie aus einem Kitschfilm, den er sich nie angesehen hätte, oder wie aus einem billigen Liebesroman, von denen er noch nie einen gelesen hatte. Er war sich nie sicher gewesen, ob

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