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Wilde Wellen

Wilde Wellen

Titel: Wilde Wellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Sadlo
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weißen Lilien geschmückter Sarg ins Grab gelassen wurde, konnte keiner der Trauernden die Tränen zurückhalten. Sie fehlte ihm. Sie würde ihm immer fehlen. Er wusste, dass sie unersetzbar sein würde. Natürlich würde er sich über kurz oder lang eine neue Sekretärin suchen müssen. Die ihn organisierte, sein Büro führte, seine Termine im Auge behielt, aber all das andere, das Céline für ihn gewesen war, das würde niemals wieder eine Frau sein können. Ob er sie geliebt hatte, hatte er sich in den letzten Tagen manches Mal gefragt. Liebe? Was für ein großes Wort. Aber wenn es bedeutete, dass man jemandem vertraute, dass man sicher wusste, dass man sich auf ihn verlassen konnte … Wenn man sich um ihn sorgte. Und sich nicht vorstellen konnte, wie das Leben ohne ihn sein sollte. Vielleicht war das wirklich Liebe. Oder hatte er es nur ausgenutzt, dass sie ihn liebte? Sie waren beide so jung gewesen, so angespannt und so voller nervöser Energie an diesem Wochenende damals in Paris. Leon hatte versucht, die Erinnerung wegzuwischen, als sie unerwartet in ihm aufgestiegen war. Aber da war es wieder gewesen, Célines aufgeregtes Lachen, ihre Bewunderung für die Chuzpe, mit der er seine größenwahnsinnigen Pläne anging. »Es ist nur Geld. Die Banken haben es, ich will es. Es wird schon klappen.« Sie hatten vor dem Ehrfurcht einflößenden Gebäude der größten französischen Bank gestanden, und ihre Hand hatte unwillkürlich nach der seinen gegriffen.
    Â»Vielleicht solltest du ein bisschen kleiner anfangen. Gleich eine ganze Fischfangflotte und dann noch die Fabrik. Hast du keine Angst, dass es schiefgehen könnte?«
    Â»Kleiner Angsthase. Dem Mutigen gehört die Welt. Komm, Céline, vertrau mir. In ein paar Jahren sind wir das größte Unternehmen in der Bretagne.« Er wusste bis heute nicht, wie er es am Ende geschafft hatte, diesen riesigen Kredit an Land zu ziehen. Und wie es geschehen war, dass er am Ende dieses Tages mit seiner Sekretärin Céline im Bett gelandet war. Wahrscheinlich waren sie noch ganz benommen gewesen, weil die Bank ihnen das Geld praktisch nachgeworfen hatte. Und ganz betrunken von dem vielen Champagner, mit dem sie ihren Erfolg begossen hatten. Am nächsten Morgen jedenfalls, als er seine hübsche Sekretärin neben sich in seinem Bett liegen sah, hatte er sich heimlich aus dem Hotelzimmer gestohlen. Es war ihm peinlich gewesen, was passiert war. Immerhin war er jung verheiratet und hatte eine kleine Tochter. Sie hatten sich in der Hotelhalle wiedergesehen. Und wenn da Schmerz in Célines dunklen Augen gelegen hatte, hatte er ihn ignoriert. Geredet hatte sie jedenfalls in all den Jahren nie über diese eine Nacht in Paris. Die Sache mit der Fischfangflotte war dann ja auch grundlegend schiefgegangen. Schließlich hatte er nur noch ein Schiff gehabt, die Helena . Und auch sie hatte schon mehr den Banken gehört als ihm. Seiner Frau Sabine hatte er von seinen geschäftlichen Schwierigkeiten nichts erzählt. Aber Céline hatte alles gewusst. Sie war an seiner Seite geblieben. In den schlechten wie in den guten Zeiten. Selbst als sie ein tolles Angebot von einer Konkurrenzfirma erhalten hatte, war sie bei ihm geblieben. Und hatte alles mit ihm durchgestanden. Treu, loyal, verständnisvoll. Leon wusste genau, dass er niemals wieder eine Mitarbeiterin wie Céline finden würde. Und vermutlich auch keine Frau, die so unbedingt an seiner Seite stand.
    Michel hatte einen Plan. Es war ihm ein Bedürfnis, Marie etwas zu schenken. Irgendwie wollte er der Freude darüber, dass sie bei ihm war, Ausdruck verleihen. Er hatte an ein hübsches Schmuckstück gedacht. Parfüm. Oder an einen teuren Computer. Einen Fotoapparat vielleicht. Er wusste nicht, was junge Frauen heute gern hatten. Es sollte etwas Besonderes sein. Und dann war es ihm eingefallen, und er hatte sich gewundert, dass er nicht schon lange darauf gekommen war. Er eilte durch die Gassen. Jetzt, da er wusste, was er Marie schenken wollte, wollte er keine Zeit verlieren. Claire wollte Michel grüßen, als sie ihn sah. Aber bevor sie dazu kam, verschwand er durch die Tür eines kleinen Schuppens. Sie wunderte sich. Sie hatte nicht gewusst, dass Michel neben dem Restaurant und seinem Haus noch eine andere Immobilie in der Stadt besaß. Sie wartete einen Augenblick und näherte sich dann der ein wenig

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