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Wilder als Hass, süsser als Liebe

Wilder als Hass, süsser als Liebe

Titel: Wilder als Hass, süsser als Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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daß der Junge immer noch aufrecht und unverletzt zwischen den Palmen stand. Verzweifelt schluchzend riß er vergeblich an seinen Fesseln.
    Nasrullah runzelte die Stirn. »Ich habe ihn verfehlt. Gebt mir die andere Pistole. Es kann eine Weile dauern, denn ich bin kein erfahrener Schütze.«
    Der Gedanke daran, hier zu stehen und diesem Wahnsinnigen zuzusehen, wie er versuchte, ein Kind wegzupu-sten, drehte Juliet den Magen um. Wie viele Schüsse würde er brauchen? Und würde es ihm reichen, sein Opfer zu verwunden, oder würde er erst zufrieden sein, wenn das Kind tot war? Einen Moment erwägte sie, ihr Messer zu ziehen und es dem Emir in die Kehle zu stoßen, aber der gesunde Menschenverstand hielt sie zurück. Aber nur knapp.
    Dann sprach ROSS mit seinem gelassenen Tonfall, der je nach Situation sowohl enervierend als auch beruhigend sein konnte.
    Nun war es die Stimme der Vernunft in einer Welt des Wahnsinns. »Wenn Ihr einen Beweis für die todbringende Wirkung der Waffen haben wollt, so ist dieser leicht zu verschaffen.«
    ROSS hob die Waffe, zielte in die Krone der Palme und schoß.
    Einen Augenblick später fiel der kleine, zerschmet-terte Körper eines Spatzen zu Boden. »Es ist doch schade, einen Sklaven zu verschwenden«, sagte er milde. »Und ein Spatz ist ein weitaus herausfordernderes Ziel für das Ausprobieren einer neuen Waffe.«
    Kurzfristig vollkommen verdutzt, blickte der Emir von dem toten Vogel zu ROSS und zurück zu dem Vogel. Dann lächelte er mit kalter Grausamkeit. »Ihr seid ein exzellenter Schütze, Lord Kilburn. Da Ihr so um meinen Sklaven besorgt seid, mögt Ihr Eure Zielgenauigkeit an ihm ausprobieren.«
    Er winkte eine seiner Wachen herbei und gab diesem einen Befehl, den Juliet nicht hören konnte. Die Wache bückte sich und nahm einen der umherliegenden Granatäpfel auf, ging dann zu dem Kind herüber und legte ihm die Frucht mit einem scharfen Befehl, bloß stillzustehen, auf den Kopf.
    Nasrullah drehte sich wieder zu seinem Gast und fuhr fort:
    »Schießt den Granatapfel von seinem Kopf, und ich mache ihn Euch zum Geschenk. Verfehlt Ihr, schieße ich selbst, wie lange auch immer es dauern mag.«
    Nur jemand, der ROSS so gut kannte wie Juliet, konnte das fast unsichtbare Anspannen seiner Gesichtsmuskeln erkennen. »Also gut«, stimmte er ohne äußerliche Gefühlsregung den Bedingungen dieses pervertierten Wil-helm-Tell-Spieles zu.
    Als er die Pistole nachlud, empfand Juliet seinen inneren Aufruhr so heftig, als wäre er ihr eigener. Der Junge stand an der äußersten Grenze der Reichweite der Waffe, was bedeutete, daß ihre Treffsicherheit mehr als eingeschränkt war. ROSS mußte sich der Wahrscheinlichkeit stellen, daß er entweder den Jungen versehentlich erschoß oder danebentraf und ihn somit den tödlichen Spielen des Königs auslieferte. Die einzige Hoffnung des Kindes war, daß ROSS einen makellosen Treffer landen würde und wenn er es nicht schaffte, dann - das wußte sie -1 würde er sich niemals verzeihen.
    Doch nichts verriet seine Unruhe, als er nun die Pistole hob und sie sorgfältig auf das kleine rötliche Ziel ausrichtete. Für Juliet war dies einer der Augenblicke, die sich für immer in den Geist einbrannten. ROSS sah so gut, so ruhig und so ausgesprochen englisch aus, er wirkte so entspannt, als würde er Schießübungen in irgendeinem Londoner Stand machen. Ein Lichtstrahl bahnte sich seinen Weg durch die Palmwedel und ließ sein Haar in fun-kelndem Gold aufleuchten. Am entfernten Ende des Hofes stand ein Kind und riß die Augen vor Furcht derart weit auf, daß überall um die dunkle Iris das Weiße zu sehen war. Hektisches Atmen erfüllte die Luft. Todesangst!
    Juliet sprach ein stilles, inbrünstiges Gebet sowohl für den Jungen als auch für ROSS. Dann brüllte die Pistole auf.
    Dieses Mal brauchte der Qualm noch länger, sich aufzulösen.
    Ungeduldig trat der Emir vor, um das Ergebnis zu überprüfen, während ROSS langsamer folgte. Bevor sie die Hälfte des Weges hinter sich gebracht hatten, war die Sicht wieder klar genug, um den Jungen unverletzt zu zeigen. Rote Fetzen des Granatapfels klebten an der weißen Wand hinter ihm.
    Nasrullah brach in Gelächter aus und klopfte ROSS auf den Rücken. »Wunderbar! Wunderbar! Ihr seid wirklich ein phantastischer Schütze!« Er trat nah an den gefesselten Jungen heran und strich mit desinteressierter Geste über seine weiche Wange. »Ihr habt einen Sklaven gewonnen, Lord Kilburn«, sagte der Emir. »Es ist ein

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