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Wilder als Hass, süsser als Liebe

Wilder als Hass, süsser als Liebe

Titel: Wilder als Hass, süsser als Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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ihren Schleier über das Gesicht und öffnete die Tür. Ein halbes Dutzend Soldaten schoben sie beiseite und drängten herein. Ihr Anführer war der Jawer Shahid Mahmud, der Befehlshaber von Nawabs Wache.
    Als ROSS hemdsärmelig aus seinem Schlafzimmer kam, bellte Shahid: »Mitkommen, Ferengi-Schwein. Seine Majestät wünscht dich auf der Stelle zu sehen.« Das breite Gesicht des Jawers leuchtete in einem solchen Triumph, daß es Juliet kalt den Rücken herunterlief. Er hatte ROSS von Anfang an gehaßt, und nun freute er sich offen über den Sturz seines Feindes.
    ROSS wurde sehr still. Er wußte, was das zu bedeuten haben mußte. »Also gut«, antwortete er ruhig, während er seine Ärmel, die er aufgekrempelt hatte, wieder nach unten schob. »Einen Augenblick. Ich ziehe meine Jacke an.« So gelassen, als wäre er nur zum Tee eingeladen, wandte er sich um und eilte ins Zimmer zurück.
    Eine kurzen Moment überlegte Juliet, ob er mit seiner Pistole zurückkehren und versuchen würde, sich den Weg freizukämpfen, und ihre Hand schloß sich um den Griff ihres Dolches, so daß sie ihm würde helfen können. Aber dann wurde ihr bewußt, daß ROSS zu vernünftig war, um sich mit sechs bewaffneten Männern anzulegen, und als er nun zurückkam, waren seine Hände leer. Er suchte kurz Juliets Blick, und obwohl seine Miene so leidenschaftslos wie eine Marmormaske war, enthielten seine Augen jedoch eine Botschaft.
    Dann fauchte der Jawer, daß sie schon genug Zeit verschwendet hatten, und der Moment war vorbei. Die Soldaten umringten ROSS
    und führten ihn hinaus. Als die Tür sich hinter ihnen schloß, wußte Juliet, daß ROSS sie an ihr Versprechen hatte erinnern wollen, keine Dummheiten zu machen. Und er hatte ihr Lebewohl gesagt.
    Zum ersten Mal in ihrem Leben war Juliet buchstäblich gelähmt vor Angst. Sie sank auf die Knie und bebte bei der Vorstellung, daß sie ROSS vielleicht nie wieder sehen würde. Vielleicht wurde er ins Gefängnis gesteckt. Vielleicht wurde er noch heute nacht…
    exekutiert.
    Das konnte nicht sein. Das konnte nicht sein!
    Aber es war so. Der Emir konnte und würde vielleicht von einem Moment zum anderen - und vollkommen ohne Grund - ROSS’ Tod befehlen. Seine Grausamkeit war so berüchtigt, daß man in Buchara höchstens mit den Schultern zuckte, wenn sie Geschichten von Männern hörte, die umgebracht worden waren, weil sie protestiert hatten, als Nasrullah ihre Frauen nahm.
    Heftig biß sie sich auf die Lippe, um mit dem Schmerz die aufsteigende Panik zu bekämpfen. Sie mußte nachdenken, wie sie ROSS helfen konnte und durfte sich nicht in ihre Angst ergeben.
    Stolpernd kam sie auf die Füße, verriegelte die Tür und ging ins andere Zimmer hinüber, wo das Licht noch brannte und ein Stück Papier zur Hälfte mit ROSS’ Handschrift bedeckt war. Sie hatte das Gefühl, als müßte sie sich nur umdrehen und er wäre dort. Aber er war weg. Vielleicht für immer.
    Was konnte sie tun? In dieser Nacht nichts mehr, denn brave Bürger gingen nicht mehr aus, nachdem die Trom-des Königs die Sperrstunde verkündet hatten. Abdul
    Samut Khan würde von keinem Nutzen sein; die Tatsache, daß Shahid ROSS abgeholt hatte, bedeutet entweder, daß der Nawab hilflos war, oder er arbeitete aktiv gegen ROSS.
    Die Kasems waren Juliets größte Hoffnung, denn ihr Einfluß in Buchara galt als beträchtlich. Sie würde morgen früh sofort zu ihnen gehen und sie bitten, diesen Einfluß für ROSS geltend zu machen. Da war auch noch der persische Botschafter in der Stadt -
    wenn Juliet sich als Gul-i Sahari zu erkennen gab, würde ihr der Botschafter vielleicht helfen, denn Serevan hatte dem Schah geholfen, die Grenze im Osten zu stabilisieren.

    Sie hatte die letzten drei Wochen genutzt und eine Menge über Bucharas interne Struktur gelernt, und während die Stunden der Nacht verstrichen, ging sie alle Möglichkeiten durch, die ihr zu ROSS’ Hilfe einfielen. Sie weigerte sich schlichtweg, in Betracht zu ziehen, daß all ihre Überlegungen sinnlos waren, wenn Nasrullah in seiner Launenhaftigkeit ihren Mann bereits zum Tode verurteilt hatte.
    Es war weit nach Mitternacht, als ein zweites Klopfen an der Tür erklang. Zuerst hörte sie es gar nicht, denn es war weit verhaltener als das Stunden zuvor. Als sie es schließlich bemerkte, stand sie auf und ging mit grimmiger Miene nachschauen, wer es sein konnte. Wenn die Soldaten gekommen waren, um auch sie zu holen, würden sie Schwierigkeiten bekommen. ROSS mochte ruhig und

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