Wilder als Hass, süsser als Liebe
unter die anderen Tänzer zu mischen. Die Art, wie Abdul Samut Khans Blick ihr folgte, gab ROSS’ eine heftige Andeutung, wo Zahra diese Nacht verbringen würde.
Nachdem er sich von seinem Gastgeber verabschiedet hatte, bahnte sich ROSS einen Weg durch die schwitzende, begeisterte Menge, ohne daß Jawer Shahid Mahmud und ein anderer Soldat ihn aus den Augen ließen. Die Luft im Haus war frischer, aber es war kaum ruhiger, da die Tanzmusik durch die Wände des Hauses pulsierte. Bevor er seine Räume erreichte, wandte sich ROSS zu seinen Bewachern um und wollte ihnen gute Nacht sagen.
Der junge Soldat neigte freundlich den Kopf, aber Shahid funkelte ihn finster an. »Wegen dir, Ferengi, ist mir das Vergnügen entgangen, in den Krieg zu ziehen.«
»Das bedaure ich«, antwortete ROSS und meinte die Bemerkung wegen einer Vielzahl von Gründen auch so. »Es ist ein Verbrechen, das Talent eines guten Kriegers zu verschwenden, aber die Entscheidung, dich in Buchara zu lassen, war nicht die meine.«
Der Jawer machte eine heftige Kopfbewegung zu der anderen Wache, der sich vorsichtig außer Hörweite zurückzog. Dann wandte sich Shahid mit verengten Augen wieder an ROSS:
»Dennoch bist du dafür verantwortlich, und du wirst dafür teuer bezahlen.«
ROSS unterdrückte ein Seufzen. »Ich bin sicher, du weißt, wie ich es vielleicht wieder gutmachen kann.«
»Mit Gold oder Blut. Du hast die Wahl.« Shahids Gesicht verzerrte sich drohend. »Gib mir zweitausend Golddukaten, und ich bewache dich so sorgsam, wie eine Mutter auf ihr Kind achtet. Wenn du dich weigerst…« Er zuckte beiläufi| die Schultern.
»In Buchara scheint es ja keiner zu glauben, aber wir Engländer sind nicht aus Gold gemacht«, entgegnete ROSS freundlich. »Gute Nacht, Jawer Mahmud.«
Als er sich zur Tür umwandte, fauchte Shahid ihm hinterher: »Da zieht sich der Ungläubige in sein Bettchen zurück» um den Tuareg-Jungen zu nageln.«
ROSS’ Hand umklammerte fest den Türknauf und drehte sich noch einmal halb um. »Ich nagele keine Jungen, weder Tuareg noch andere.« Seine Brauen zogen sich zusammen. »Aber ich glaube, in der Armee ist das so üblich.«
»Falsches Schwein!« Shahid spuckte auf den Boden. »Wenn Abdul Samut Khan erst einmal weg ist, wirst du meine Beute sein.« Er winkte den jungen Soldaten wieder heran. »Glaub ja nicht, du könntest in dieser Nacht fliehen. Die Tür wird bewacht.«
Unbeeindruckt betrat ROSS das Zimmer, schloß und verriegelte die Tür, wobei er flüchtig darüber nachdachte, daß er dramatische Drohungen und Erpressungen langsam satt hatte.
Eine einzelne Lampe brannte im Empfangszimmer, und die Tür zum Balkon stand offen, um den Trubel der Festivitäten draußen eindringen zu lassen. Er machte sich auf die Suche nach Juliet, überrascht, sie nicht zu sehen, denn er hatte angenommen, sie wäre schon vorausgegangen. Dann begriff er, daß sie schon da sein mußte, weil sonst die Lampe nicht angezündet worden wäre.
Begierig darauf, sie in seinen Armen zu spüren, eilte er schnell ins Schlafzimmer.
Im flackernden Licht einer anderen Lampe entdeckte er sie als dunkle Gestalt, die sich auf dem Diwan zusammengerollt hatte.
»Was!? Kein pausbäckiger Flirt?« Spott schwang in ihrer Stimme.
ROSS grinste und begann, Rock und Stiefel auszuziehen. »Ich war natürlich schwer versucht, aber das Wissen, daß du mir meine Leber herausschneiden würdest, wirkte leicht dämpfend.«
»Weiser Mann.« Juliets Blick folgte ihm, aber sie erhob sich nicht.
ROSS hatte gedacht, ihre gezeigte Eifersucht wäre nur wieder eine ihre spielerischen Neckereien, aber ihre Reserviertheit machte ihn stutzig. War sie ernsthaft getroffen? Da immer noch das meiste ihres Gesichts vom Schleier bedeckt war, konnte er ihre Laune nur schwer deuten. »Du glaubst doch nicht wirklich, daß ich an der Tänzerin interessiert war?« fragte er sanft.
Sie schnaubte ungläubig. »Natürlich warst du interessiert.
Welcher Mann wäre das nicht?«
»Nicht ernsthaft interessiert«, verbesserte er. »Selbst in eine schwarze Decke eingehüllt und mit Leichenbittermiene bist du für mich aufregender als sie.«
»Ich bin froh, daß du so ein gesundes Urteilsvermögen hast.« Mit einer theatralischen Bewegung sprang Juliet auf und riß ihr Gewand und den Schleier von ihrem Körper. Zum Vorschein kam ein Tanzkostüm aus schwarzer Seide, die so zart war, daß jede Einzelheit ihres Körpers sichtbar war. Mit schwarzem Surma betont, funkelten ihre Augen wie
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