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Wilder als Hass, süsser als Liebe

Wilder als Hass, süsser als Liebe

Titel: Wilder als Hass, süsser als Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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den Kopf ziehen konnte. Die Formlosigkeit war der Grund, warum Juliet sich so erfolgreich als Tuareg ausgeben konnte.
    Asiatische Kleidung dagegen neigte dazu, strukturierter zu wirken, und bestand gewöhnlich aus einem oder mehreren langen, lockeren Mänteln mit Ärmeln, die über eine Tunika oder Hemd und Hosen getragen wurden.
    ROSS zog sich seine europäischen Sachen aus und probierte die neuen. Zum Glück hatte Juliet es geschafft, eine weiße Untertunika aufzutreiben, die weit genug in den Schultern war, um ihm zu passen. Die beutelnden, grauen Hosen hätten etwas länger sein können, waren aber nicht so kurz, daß sie Bemerkungen provozieren würden. Ein grünschwarz gestreifter Mantel, den man chapan nannte, bedeckte Tunika und Hosen und fiel ihm bis zu den Knien. Er band diesen mit einer langen weißen Schärpe fest und vollendete seine Aufmachung schließlich mit einem gesteppten Mantel, der fast bis zu den Knöcheln reichte. Er war froh, daß die Sachen so bequem waren, denn er würde gie vermutlich den nächsten Monat über Tag und Nacht fragen.
    Es überraschte ROSS nicht, daß er kein Schuhwerk fand, denn seine Größe war definitiv nicht Durchschnitt auf diesem Kontinent. Wie auch immer, seine dunkelbraunen Stiefel fielen kaum auf und würden keine Aufmerksamkeit auf ihn ziehen, schon gar nicht in ihrem momentanen, abgetragenen Zustand.
    Unter dem Stapel Kleidung hatte ein herrlicher Krummdolch gelegen. Als er ihn aus der Scheide gleiten ließ, sah er, daß der Dolch nicht nur Dekoration, sondern eine tödlich geschliffene Waffe war, die benutzt werden wollte. Er warf den Dolch in den Beutel, in dem er schon sein Gewehr, die Pistole und ein Messer aufbewahrte. So ausgerüstet, kam er sich vor wie ein Räuber aus den Bergen. Aber mit etwas Glück würde er keine der Waffen benutzen müssen. Er hatte schon lange erkannt, daß der beste Kampf der war, der nicht ausgetragen wurde.
    Endlich wandte ROSS seine Aufmerksamkeit den Ellen weißen Musselinstoffes zu, der sein Turban werden sollte. Turbane waren höchst nützliche Kleidungsstücke: Sie schützten den Kopf sowohl vor Sonne als auch vor Kälte, saugten Schweiß auf und ließen sich über den Mund ziehen, um Staub und Sand abzuhalten. Und im Notfall hatte man genug Stoff, um einen ganzen menschlichen Körper einzuhüllen. Ja, der Turban diente häufig - makaber, aber praktisch - als Leichentuch.
    Aber ein Turban war eine ganze Menge mehr als nur praktisch: Er war eine Darstellung von Stamm und Kaste, von Mode und Persönlichkeit. Nach reiflicher Überlegung fand ROSS, daß die afghanische Art am besten geeignet war. Afghanen waren oft hochgewachsen, so daß seine Größe weniger verdächtig war.
    Zudem waren sie wie die meisten Zentralasiaten Sunniten, Mitglieder der größten, orthodoxen Gruppe des Islam, während die meisten Perser Schiiten waren. Außerhalb ihres Landes wurden Schiiten oft schikaniert, manchmal sogar getötet. Am besten
    war es also, nicht wie ein Perser auszusehen, denn seine Sicherheit lag vor allem darin, keinerlei Aufsehen zu erzeugen.
    ROSS setzte die Filzkappe auf, dann legte er den langen Stoffstreifen in grobe Falten. Es war schon einige Jahre her, daß er einen Turban getragen hatte, der zudem noch auf Hinduart geschlungen war, aber seine Hände erinnerten sich noch an die allgemeine Wickeltechnik, und nach nur wenigen falschen Anfängen schaffte er es, den Stoff zu einem recht respektablen afghanischen Turban zu winden und festzustecken, der an einer Seite, dem Brauch gemäß, einen Zipfel herunterhängen hatte.
    Juliet hatte ihn sogar mit einem kleinen Tiegel Surma versorgt.
    Obwohl seine Wimpern und Brauen dunkler waren als sein Kopfhaar, schienen sie für asiatische Verhältnisse doch noch zu hell, und ROSS rieb sich vorsichtig etwas in seine Augenbrauen, nachdem er zuvor seine Lider geschwärzt hatte.
    Danach inspizierte er seine Erscheinung, so gut es in dem kleinen Spiegel ging. Nicht schlecht, entschied er -es war nur schade, daß er keinen dunklen Vollbart hatte. Dennoch würde ihn niemand schon auf den ersten Blick als Ferengi identifizieren.

    Genauso wichtig wie das Aussehen, aber weitaus schwieriger zu erreichen, war es, seine Denkweise der orientalischen Art anzupassen, damit er sich nicht mit Kleinigkeiten verriet. Aber er hatte es schon öfter, wenn auch in weniger kritischen Situationen tun müssen, und er würde es wieder schaffen.
    Als nächstes schnitt er die Empfehlungsschreiben aus dem Futter seiner

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