Wilder als Hass, süsser als Liebe
Wörtern sprachen, aber es war dennoch nicht besonders klug, eine solche Vertrautheit zu demonstrieren.
Ihr Abzug aus Mustafa Khans Hof verspätete sich, als das zweite Packkamel es schaffte, seine Ladung abzuwerfen, als es auf die Hufe sprang. Kaum überrascht seufzte ROSS und machte sich daran, die ganze nervenaufreibende Prozedur von Niederzwingen und Beladen neu zu beginnen. Da Kamele sich praktisch darauf beschränkten, beim Abwerfen der Lasten Intelligenz zu zeigen, verlangte es großes Geschick, sie zu beladen, und ROSS hatte seit einigen Jahren keine Übung mehr darin. In ein paar Tagen würde er den Bogen wieder raus haben.
Mit Juliets wortloser Hilfe bepackten sie das Tier erneut und machte sich dann auf den Weg zur Karawanserei, wobei sie die Tiere führten, denn die Strecke war kurz und die Straßen wurden immer belebter, je näher sie ihrem Ziel kamen. Eine Karawane im Ort zu haben bedeutete immer erhöhte Emsigkeit, denn Händler und Hausierer hofften, anständige Geschäfte zu machen, bevor der Zug wieder abreiste.
Lautes Gerede und Gelächter hallten durch die engen Gassen, und hier und da beleuchtete eine flackernde Fak-kel ein Gesicht in dem Menschengewimmel. Es war eine Gesellschaft von Männern, denn die wenigen Frauen, die sich auf der Straße befanden, waren so gründlich unter ihren Schleiern verborgen, daß sie fast unsichtbar Schienen-Händler und potentielle Kunden feilschten, Geschichtenerzähler sprachen vor verzücktem Publikum, Schreiber schrieben Briefe für diejenigen, die es nicht konnten, Gerüche von Essen, Gewürzen und Dung erfüllten die Luft, und über allem lag das beißende Aroma von Rauch, als die fliegenden Händler ihre Kebabs über kleinen offenen Feuern brieten. Selbst mit geschlossenen Augen hätte ROSS augenblicklich Zentralasien identifizieren können.
Obwohl ROSS’ Größe und sein bartloses Gesicht ein paar Blicke auf sich zogen, merkte er froh, daß niemand ungebührliches Interesse an ihm zeigte. Juliet zog mit ihrem Schleier und ihren wehenden, schwarzen Kleider schon mehr Aufmerksamkeit auf sich, aber es war eher Neugier als Mißtrauen oder Feindseligkeit.
Über die großen Karawanenrouten von Asien und Afrika reisten viele Männer Tausende von Meilen, und so wurde »Jalal« nur als ein weiterer exotischer Reisender angesehen. Juliet, die größer als die meisten Männer in diesem Ort war, bewegte sich mit perfektem männlichem Schwung und schien sich vollkommen in ihrer Umgebung zu Hause zu fühlen. Wenn ROSS ihr in einem Tuareg-Lager in der Sahara begegnet wäre, hätte er niemals ihre wahre Identität erraten.
Wenn sie einmal unterwegs waren, würden die Rationen spartanisch, also beschloß ROSS, daß sie heute gut und reichlich essen sollten. Während sie sich ihren Weg durch die Menge drängelten, erwarb er Spieße von brutzelndem Hammelfleisch von einem Kebabverkäufer, fügte dann noch frisches Brot von einem Bäcker und süßes Backwerk von einem Konditor hinzu. Murad trug das Essen und wurde auch noch mit einem kleinen Sack Kohle für das Feuer beladen.
Karawansereien waren Unterkünfte sowohl für Männer als auch für Kamele, und es gab sie überall auf der Strecke zwischen dem Atlantik und China. Als ROSS und seine fruppe durch das hohe Tor eintraten, stellten sie fest, daß diese auf die typische Art angelegt war: kleine Räume für ^le Reisenden und Ställe für die Tiere öffneten sich alle auf den großen Innenhof.
Die Karawanserei war ziemlich überfüllt, und so lagerten die Tiere auch unter offenem Himmel, während auf dem Hof zahlreiche kleine Feuer brannten, die nicht nur das Essen braten sollten, sondern auch zum Wärmen in der frostigen Kälte der Nacht gedacht waren. Die Mauern aus Lehm warfen die menschlichen Stimmen und das Gebrüll der Tiere zurück und machten die Karawanserei zu einer lauten, lärmenden Zuflucht.
Reisende tranken Tee und tauschten an ihren Feuern Neuigkeiten aus, während fliegende Händler sich auf der Suche nach Kunden durch das Durcheinander drängten. Mindestens ein Dutzend Sprachen und Rassen waren auszumachen, darunter Hindus mit Turbanen, eine Gruppe Chinesen mit ihren langen schwarzen Zöpfen, die ihnen über den Rücken baumelten, und Araber, die ihre weißen Tücher auf dem Kopf mit schwarzen Kamelhaar kor dein befestigt hatten.
Über dem Büro des Verwalters hing eine Lampe, und Saleh ging hinein, um ihre Unterbringung für die Nacht eintragen zu lassen.
Zum Glück gab es noch Platz, und man
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