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Wilder als Hass, süsser als Liebe

Wilder als Hass, süsser als Liebe

Titel: Wilder als Hass, süsser als Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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bist Christ, mein Herr?« Als ROSS nickte, fuhr Abd fort:
    »Erzähl mir von deinem Glauben, so daß ich besser verstehe, wie sich unsere Religionen voneinander unterscheiden.«
    Das hielt ROSS für möglicherweise gefährlich und antwortete daher diplomatisch: »Ich ziehe es vor, darüber zu sprechen, in welchen Punkten die Religionen sich ähneln.«
    Das Gesicht des Derwischs erhellte sich. »Du bist wahrlich ein weiser Mann. Was sind aus deiner Sicht die Ähnlichkeiten?«
    »Die Wüste ist Heimat dreier großer Religionen - das Judentum, die Christenheit und der Islam«, begann ROSS. »In diesem kargen und wundervollen Land steht nur wenig zwischen einem Mann und seinem Bewußtwerden von Gcttes Macht. Ich denke, das ist der Grund, warum die Menschen der Schrift an den Einen, den einzigen Gott glauben.«
    Abd neigte den Kopf wie ein neugieriger Vogel zur Seite. »Da ich nichts von der Welt jenseits der Wüste kenne, verstehe ich nicht recht, was du meinst.«
    »In Britannien, wo ich aufgewachsen bin, ist das Land feucht und fruchtbar und strotzt vor Leben. Überall gibt es Bäume, Pflanzen und Tiere. Vielleicht haben die Urahnen der Briten deswegen so viele Götter verehrt - umgeben von derart überwältigenden Beweisen von Gottes Werk, sahen sie in jedem Fels, in jedem Baum einen Götzen, statt die Hand des Herrn dahinter zu erkennen«, erklärte ROSS, der sich nun für seine Theorie zu erwärmen “egann. »Es brauchte die grausame Leere einer Wüste, um das deutliche Verständnis eines einzigen Gottes zu schmieden.«
    »Ah, welch ein aufregender und neuer Gedanke, den du mir da in den Kopf gesetzt hast«, sagte der Derwisch und schloß kurz genießerisch die Augen. »In der Schlichtheit der Wüste kann ein Mensch mit Gott allein sein. Und das Verständnis, geboren aus dieser Schlichtheit, ist durch die ganze Welt getragen worden.«
    »So ist es, und das ist es auch, was dein und mein Glaube gemein haben. Alle Leute der Schrift tragen das reine Abbild des Wüstengottes in ihren Herzen«, sagte ROSS. »Wie die meisten Engländer fühle ich mich mit den Söhnen des Propheten näher verwandt als mit den Hindus, die viele Götter haben, oder mit den Buddhisten, dessen Gott so abstrakt und fern zu sein scheint.«
    »Das ist gut«, erwiderte Abd und nickte nachdenklich. »Glaubst du, daß Hindus und Buddhisten falsche Götter verehren?«
    ROSS schüttelte den Kopf. »Das würde ich nicht sagen, denn ich weiß nicht genug über ihre Religion, um klug urteilen zu können, und ich habe Hindus und Buddhisten kennengelernt, die demütige Männer waren. Vielleicht beten auch sie auf ihre Art zu dem Einzigen. Doch den Gott des Propheten kann ich augenblicklich begreifen, ohne daß er mir erklärt werden müßte, denn er ist auch der Gott meiner Vorfahren.«
    Es schien, als hätte er die Prüfung bestanden, denn nachdem Abd mehrmals genickt hatte, begann er eine begeisterte Abhandlung über die Natur von Feuer und Wasser und ob Gott sie wirklich geschaffen haben konnte, da sie zerstörerisch waren, Gott selbst aber gut. Der Derwisch ereiferte sich immer noch, als Murad aufstand und nach dem Essen sah. Da es fertig war, warf der junge Perser ROSS einen fragenden Blick zu.
    ROSS wandte sich an den Derwisch. »Wir wollen unsere Abendmahlzeit einnehmen. Würdest du uns die Ehre erweisen, unser bescheidenes Mahl zu teilen?«
    »Die Ehre ist meinerseits«, antwortete Abd glücklich. Der Derwisch sah so zufrieden aus, daß ROSS den Verdacht hatte, der Grund des Besuchs hatte nicht in Glaubensfragen gelegen, sondern im einfachen Wunsch, ein Essen umsonst zu ergattern.
    Aber ROSS kümmerte es nicht; Abd war ein angenehmer, alter Kerl und konnte ganz offensichtlich eine vernünftige Mahlzeit gebrauchen. Murad wirkte wehmütig, als er das Lamm in fünf Teile aufteilte, protestierte aber nicht, während er die Mahlzeit auf die Platte lud. Im Islam war es üblich, zu teilen, und ROSS fand, daß es der christlichen Welt guttäte, das zu übernehmen.
    Juliet war schlagartig aufgewacht, als das Essen serviert wurde, und nun setzte sie sich mit gekreuzten Beinen zu den anderen.

    ROSS stellte sie dem Derwisch als Ja-lal vor und setzte hinzu, daß sie nur wenig Persisch sprach.
    Nach einem gemurmelten Segen bemerkte Abd: »Es ist selten, daß man einen Targi in Turkestan zu sehen bekommt.«
    »Es überrascht mich, daß du überhaupt schon einen gesehen hast«, erwiderte ROSS.
    »Aye, es waren schon ein oder zwei in Merw. Die Karawanenrouten

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