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Wilder als Hass, süsser als Liebe

Wilder als Hass, süsser als Liebe

Titel: Wilder als Hass, süsser als Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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von deiner Falschheit und der deines Tuareg-Dieners. Er wollte, daß ich dich steinigen lasse, aber ich wollte lieber selbst urteilen. Zudem dachte ich mir, daß Dil Assa dich aufsuchen würde, sobald er hörte, daß ein Ferengi sich in Merw aufhält, denn sein Bruder wurde in Afghanistan von den Briten getötet. Er ist ein guter Kerl, dieser Dil Assa, aber sehr impulsiv.« Der alte Mann neigte anmutig den Kopf. »Ich habe unser Gespräch genossen, Kilburn. Deine Ansichten über Theologie sind ungewöhnlich, aber sie entstammen einem gläubigen Herzen.«
    Selbst nachdem der Kalif bereits fort war, blieb ROSS’ Feuer noch länger Zentrum des Interesses für die Karawanenmitglieder, die herbeikamen, um begeistert über Bus-kaschis zu berichten, die sie gesehen hatten. Die Aussicht auf das Spiel am nächsten Tag versetzte alle in gute Stimmung.
    Es war lange nach Einbruch der Dunkelheit, und die meisten Leute hatten sich endlich zu ihren Schlafstellen begeben, als Juliet aufstand und ihm zumurmelte: »Laß uns ein Stück Spazierengehen.«
    Ein paar Minuten später stand er ebenfalls auf und entfernte sich schlendernd vom Lager. Wie in Sarakhs war auch diese Karawanserei am Rande der Stadt angesiedelt, und als er endlich auf Juliet traf, waren sie schon ein gutes Stück in der Wüste.
    Während sie sich ihren Weg durch die mondbeschienenen Dünen suchten, fragte er: »Wo bin ich da bloß hineingeraten?«
    »Stell dir ein Buskaschi als eine Mischung von Fuchs-Jagd und der Schlacht bei Waterloo vor«, gab sie trocken zurück.
    Er lachte. »So übel?«
    »Schlimmer. Da Dil Assa versprochen hat, dich nicht zu ermorden, hat er so die beste Chance, dir einen tödlichen Anfall zu verursachen.«
    »Ja, vermutlich wird er nicht vor Kummer eingehen, wenn das geschieht«, stimmte ROSS zu, »aber ich kann mir vorstellen, er will mich hauptsächlich demütigen. Das wird wie Balsam für seinen verletzten Stolz sein. Hast du schon viele Buskaschis gesehen?«
    »Nur eins. Jeder dachte, ich wäre ein Mann, aber ich fand, ich sollte mein Glück nicht strapazieren, indem ich mir noch mehr ansah. Turkmenische Frauen sind bei solchen Spielen nicht zugelassen, es hätte also gefährlich werden können, wenn man mich entdeckt hätte.« Sie hielt an und pflückte eine blasse Blume, die nach dem kurzen Schauer am Abend zuvor erblüht war.
    »Männer scheinen Buskaschi zu verehren. Ich bin sicher, daß jetzt, während wir sprechen, die Nachricht durch die Wüste geht.
    Hunderte, vielleicht Tausende werden morgen kommen und zusehen. Es ist ein Winterspiel, und dies wird wahrscheinlich bis zum Herbst das letzte sein, denn es ist schon fast zu heiß geworden.«
    »Wie sind die Regeln?«
    »Es gibt keine. Die Anzahl der Spieler ist gleich, es können zehn oder hundert sein, und jeder Mann ist auf sich allein gestellt. Ich vermute, daß das Buskaschi ursprünglich als Kriegsübung für die räubernden Mongolenhorden entstand. In diesem Spiel ist nichts kompliziert: es geht um nackte Kraft und Reitkunst.« Sie warf ihm einen zweifelnden Blick zu. »Du bist ein exzellenter Reiter, aber du hast gesehen, was Turkmenen können.«
    »Ja, sie sind offenbar auf dem Pferderücken geboren, und ich glaube kaum, daß sie durch irgendeinen Fairneßgedanken belastet sind.« ROSS zuckte die Schultern. »Ich habe nicht das Bedürfnis, sie in ihrem eigenen Spiel zu besiegen. Wenn ich mich bis zum Ende auf meinem Pfer” halten kann, dann habe ich genug für die britische Ehre getan, denke ich.«
    »Wirst du auch morgen in der Hitze des Spiels daran denken?«
    Er lächelte, pflückte noch eine der Blumen und steckte sie in eine Falte ihres Schleiers über dem Ohr. »Ganz sicher. Ich war noch nie wild auf Spiele.«
    Eisern ignorierend, was er mit der Blume gemacht hatte, sagte sie:
    »Ich dachte immer, du wärst in Eton so eine Art Sportheld gewesen.«
    »Ja«, gab er zu. »In Eton hatte man kaum die Wahl, ob man mitmachte oder nicht, aber mein Herz war nie dabei.«
    »Mein Vater wäre sprachlos und schockiert, wenn er dich so reden hörte«, gab Juliet mit einer Andeutung von Belustigung zurück.
    »Er hatte keinen Respekt vor Männern, die sich nichts aus körperlicher Ertüchtigung machten.«
    Neugierig und nicht bereit, diesen kostbaren Moment der privaten Unterhaltung schon zu beenden, setzte sich ROSS im Windschatten eines Hügels nieder, von wo aus sie in der Ferne den Fluß von Merw sehen konnten. Lässig griff er nach Juliets Hand und zog sie zu sich herunter.

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