Wilder als Hass, süsser als Liebe
Kilburn, spielen wir wieder. Und, so Gott will, daß es geschieht, wirst du als Buskaschi-Meister reiten.«
Nach diesen Worten entschied ROSS, daß die verschwitzte, schmutzige Fellkappe alles übertraf, was Königin Victoria ihm hätte verleihen können.
Kapitel 13
DIE GEFÜHLE JULIETS bei dem Buskaschi waren sehr gemischter Art gewesen. Obwohl sie die Begeisterung der Zuschauer nicht richtig geteilt hatte, konnte sie sie dennoch gut verstehen, denn die Erfahrung des Spiels war intensiv und dramatisch.
Gleichzeitig war sie froh gewesen, daß ROSS sich nicht mit vollem Herzen hineingestürzt hatte. Auch wenn das Buskaschi vermutlich eher Prellungen als Todesfälle verursachte, bestand doch das ziemlich hohe Risiko, daß die Reiter stürzten und sich den Hals brachen oder von den anderen Pferden zu Tode getrampelt wurden. Zudem hatte diesmal die Gefahr bestanden, daß sich Dil Assa die Hitze des Gefechts zunutze machen würde, um sich des verhaßten Ferengi zu entledigen.
Dann waren ROSS und Dil Assa aufeinandergeprallt, und durch den Körper ihres Mannes war ein Ruck gegangen. ROSS war immer schon ein hervorragender Reiter gewesen und hatte mühelos alles bewältigt, was er in Angriff genommen hatte - Juliet wußte es. Dennoch hatte sie Schwierigkeiten gehabt, daran zu glauben, was sich dann vor ihren Augen abgespielt hatte. ROSS
war plötzlich wie einer der altnordischen Berserker gewesen, der sich durch nichts aufhalten ließ, um sein Ziel zu erreichen. Und wirklich - er hatte es geschafft. ROSS hatte es allen gezeigt und das Baskaschi gewonnen! Juliets Herz hatte so laut gehämmert, daß es das Brüllen der Zuschauermenge fast übertönt hatte. Gleichzeitig hatte sich in ihr ein tiefer, ursprünglicher Stolz auf ihren Mann ausgebreitet, denn trotz allem, was sie trennte, war ROSS immer noch mit ihr verheiratet. Ja, ja, ja, er war noch immer ihr Mann!
Sie hatte sich auf die Unterlippe gebissen, während sie fasziniert seinen geschmeidigen, schweißglänzenden Körper betrachtet hatte. Noch nie zuvor hatte ROSS so unge-zähmt und bedrohlich ausgesehen. Da war nichts mehr von dem kühlen, gelassenen und zurückhaltenden Reisegefährten der letzten Wochen. Und ganz sicher war er in diesem Augenblick nicht mehr der zivilisierte Mann, den sie geheiratet hatte. Viel mehr kam er ihr vor wie ein gefährliches Raubtier, doch gerade das reizte sie.
Mit trockener Kehle machte Juliet irgendeine alberne Bemerkung zu Saleh. Ein jubelnder Murad drängelte und stieß sich bereits durch die Menge, um zu seinem Herrn zu kommen, doch Juliet blieb mit Saleh abseits bei den Kamelen. Das letzte, was sie gebrauchen konnte, war Nähe zu ROSS.
Verbissen versuchte sie, die Gründe ihrer heftigen Reaktion zu analysieren, denn sie hoffte, daß das Verständnis ihre unselige Begierde aufheben konnte. Seitdem sich ihre Pfade in Persien gekreuzt hatten, war sie sich permanent bewußt gewesen, wie attraktiv ROSS war. Doch heute, erkannte sie, war es noch mehr gewesen, denn die Wildheit des Kriegers, die sie in seiner Miene gesehen hatte, kam dem Ausdruck der Leidenschaft bei ihren Lie-besspielen damals sehr nahe. Und nun, da sie daran erinnert wurde, war es doch nur natürlich, daß ihr Körper darauf reagierte.
Unglücklicherweise nützte es nichts. Sie verstand jetzt, doch das Resultat ließ sich nicht aufheben.
Bald begann die Menge sich auszudünnen, als die Leute sich auf den Nachhauseweg machten, doch sie würden noch Jahre von diesem Buskaschi sprechen. ROSS reichte die Zügel des Hengstes an Du Assa. Und nachdem man Lebewohl gesagt hatte, kamen er und Murad langsam auf Juliet und Saleh zu.
»Gut geritten, Kilburn«, bemerkte Saleh, als er sich auf seine Füße hob. »Du wirst eine Legende von Turkestan werden. Der Ferengi, der Buskaschi-Meister geworden ist.«
ROSS lachte. »Ich muß zugeben, daß es mir ziemlich viel Spaß gemacht hat. Das Buskaschi erzeugt die gleiche Erregung wie eine englische Fuchsjagd, mit dem Vorteil, daß hier das Tier bereits tot ist. Ich habe irgendwie nie richtig begriffen, warum ein Rudel Hunde und Pferde hinter einem einzigen kleinen Fuchs herjagen müssen.«
Die Wildheit war aus ROSS’ Äußerem verschwunden, doch er sah immer noch wie der romantische Entwurf eines Piraten aus. Sein weißes Hemd war bis zur Brust geöffnet, und die fellgesäumte Kappe auf seinem blonden Schöpf wirkte auf barbarische Art und Weise atemberaubend. Obwohl sich auf seinem linken Wangenknochen eine dunkle Prellung
Weitere Kostenlose Bücher