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Wilder Oleander

Wilder Oleander

Titel: Wilder Oleander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Harvey
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besondere Nachtische bestellt, zum einen Kuchen, zum anderen »Sicherheitsdienst. Sondereinsatz«. Revolver inklusive. Und jetzt, an diesem sonnigen Donnerstagmorgen, dachte sie an den heutigen Abend. Sie wollte sich etwas Ausgefallenes gönnen. Den Besuch eines der phantasievollen Räume vielleicht.
    Aber zunächst musste sie etwas erledigen.
    In aller Ruhe wählte sie die Nummer. Am anderen Ende der Leitung wurde schnell abgehoben. »Linda Delgado.«
    »Ms. Delgado, hier spricht Sissy Whitboro. Eds Frau.« Sie legte eine Pause ein, um die Wirkung ihrer Worte abzuwarten. »Ich weiß, dass Ed Sie regelmäßig aufsucht.«
    Kurzes Zögern. Dann: »Ja.«
    »Nun, ich möchte Ihnen nur sagen, dass Sie ihn haben können. Ich werde mich scheiden lassen.« Sie legte auf, traurig und erleichtert zugleich. Sie liebte Ed noch immer – fünfzehn Jahre Liebe und Ehe und Kinder und gemeinsame Erinnerungen warf man nicht so einfach über Bord. Aber dies war ein neuer Morgen und sie eine neue Sissy.
    Das Telefon klingelte fast postwendend. Ed war dran. »Linda hat mich gerade angerufen. Großer Gott, Sissy, wie bist du dahinter gekommen?«
     
    »Die unterschlagenen Bankauszüge, die Kreditkarten-Belastungen, die Hotelabrechnungen. Hast du geglaubt, du könntest mir das bis in alle Ewigkeit verheimlichen?« Sie war angewidert.
    »Mein Gott … «
    »Nur eine Frage, Ed. Hattest du ein Verhältnis?«
    »Sissy … «
    »Sei ehrlich. Ja oder nein.«
    »Ja … hatte ich … «
    Sie schluckte krampfhaft. »Dann gibt es nichts mehr zu sagen. Nicht jetzt. Nicht am Telefon. Wenn ich wieder zu Hause bin.«
    »Sissy, warte … «
    Das Telefon läutete den ganzen Tag über, aber Sissy nahm nicht ab. Weil sie in der Village war und mit Eds verheimlichter Kreditkarte Einkäufe tätigte.

Kapitel 38
    Wo um Himmels willen befand sie sich?
    In Gedanken verstrickt und gleichzeitig zügig ausschreitend, stellte Ophelia mit einem Mal fest, dass sie sich so weit von The Grove entfernt hatte, dass die Ferienanlage nicht mehr zu sehen war. Und da die Sonne senkrecht über ihr stand, ließ sich auch nicht bestimmen, wo Norden war, wo Süden, Osten oder Westen.
    Eine kleine Pause würde ihr bestimmt gut tun. Ophelia nahm inmitten einer bizarren Felsformation Platz und schraubte ihre Wasserflasche auf. Sobald die Sonne sich neigte, konnte sie ihre Position feststellen und dann zum Resort zurückkehren.
    Zu ihrer eigenen Überraschung war sie sexuell erregt. Rührte das von den Schwangerschaftshormonen her? Oder schürte die Wüste solche Lustempfindungen? Der Wind wehte seit ewigen Zeiten, vermittelte ihr das Gefühl, in die Vergangenheit einzutauchen. Sie dachte an die amerikanischen Ureinwohner, die vor tausend Jahren auf dem beschwerlichen Weg nach Westen gezogen waren, auf der Suche nach Wasser und Ackerland – die Anasazi, die auf unerklärliche Weise verschwunden zu sein schienen. Gab es sie wirklich nicht mehr? Sie schloss die Augen und hob das Gesicht gen Himmel. Ihr Körper lechzte danach, von ihm gesegnet zu werden. Sie entledigte sich ihres kleinen Rucksacks, stellte die Wasserflasche ab und knöpfte sich das Hemd auf, streifte es sich über die Schultern.
     
    Der Atem des Windes hatte etwas Erotisierendes. Wie Davids Fingerspitzen liebkoste er ihre Haut. Ihre Brüste schmerzten. Sie legte ihren BH ab, ließ sich mit geschlossenen Augen von Sonne und Wüstenbrise umfangen. Der Wunsch, nackt zu sein, überkam sie, der Drang, ungehemmt in den Dünen herumzulaufen und zu spüren, wie der Schatten des rotschwänzigen Falken über ihre Haut strich. Sie wünschte sich langes Haar, das zärtlich neckend ihren nackten Rücken umspielte. Sie stellte sich vor, dem wäre so, stand auf, warf den Kopf zurück, schloss erneut die Augen und breitete die Arme aus, um sich den Geistern und der sexuellen Energie der Erde zu öffnen.
    David steht unvermittelt vor ihr – ein anderer David, auferstanden aus frühester Zeit, mit langen Haaren und kupferfarbener Haut, gehüllt in einen Lendenschurz aus Rehleder. Diesem Krieger sind Anzüge mit Nadelstreifen ebenso fremd wie die Couch des Psychotherapeuten. Er ist der Erde nah, kennt die Natur. Seine Bedürfnisse sind urtümlich und unverfälscht: Er will jagen und sich paaren.
    Der Speer, den er in der Hand trägt, ist an der Spitze blutbefleckt. Er keucht wie nach einem Rennen über eine lange Distanz. Sein intensiver, hungriger Blick nimmt Ophelia gefangen.
    Ja …
    Der markante Geruch seines Schweißes sticht ihr

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