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Wilder Oleander

Wilder Oleander

Titel: Wilder Oleander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Harvey
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Gesicht.
    »Wie geht es dir?«
    »Ich konnte nicht schlafen. Also unternahm ich einen Spaziergang. Dieser Mann ist noch immer da, das spüre ich.« Sie sah ihm in die Augen, die Beklommenheit verrieten. Gestern Abend hatte er sie gebeten, ihn zu heiraten. Hatte dies eine Lösung genannt. Coco jedoch ahnte, dass eine Ehe alles nur schlimmer machen, ihnen Fesseln anlegen würde, die in absehbarer Zeit bei beiden den Wunsch wecken könnte, wieder frei zu sein.
    »Ich bin gekommen, um mit dir über meinen Antrag zu sprechen.«
    »Ich kann nicht klar denken.«
    »Dann lass uns wegfahren. Ich hab doch noch immer mein Auto.«
     
    Sie starrte ihn an. »Das würdest du für mich tun? The Grove verlassen?« Sie schien seinen Worten nicht zu trauen. Als sie einen Blick auf die Kristallkugel auf dem Holzgestell warf, sagte Kenny: »Triff deine Entscheidung ganz allein, Coco. Also, ein Ausflug nach Palm Springs und wieder zurück, ja oder nein?« Prompt fiel ihm der Donut-Laden am Palm Canyon Drive ein, die Baskin-Robbins-Eisdiele an der Mecca Avenue, der Drugstore mit der riesigen Auswahl an Schokoriegeln. Ein albtraumartiger Gedanke.
    Zwanzig Minuten später waren sie bereits unterwegs, vorbei an zwei Fahrzeugen des Resorts, die Ophelia Kaplan suchten. Die Sonne ging unter, Nacht breitete sich über die Wüste aus. Coco und Kenny wechselten kaum ein Wort. Coco dachte an die Angst, die sie gestern Abend ausgestanden hatte, und wünschte, von ihrer verteufelten Hellseherei geheilt zu werden; Kenny, dem beim Verlassen seines sicheren Hafens das Herz bis zum Halse klopfte, schaltete die Innenraumheizung an und suchte im Radio einen Sender mit sanfter Musik. Cocos Kopf sank zurück und gleich darauf war sie eingeschlafen.
     
    »Wach auf, Coco.« Eine leise Stimme, eine behutsame Hand auf ihrer Schulter.
    Sie schlug die Augen auf und war erst einmal verwirrt. Wo befand sie sich? Dann stellte sie fest, dass sie in einem Auto saß. Das aber nicht fuhr. Und Kenny hatte die Hände nicht am Steuerrad, sondern saß ihr zugewandt da und rüttelte sie liebevoll wach.
    »Was ist los?«, sagte sie und streckte sich. »Sind wir schon in Palm Springs?« Bis sie ein eigenartiges Rauschen und einen seltsamen Geruch wahrnahm. Sie setzte sich auf. »Wo sind wir?« Sie schaute durch das Wagenfenster, blinzelte auf den vom Mond erhellten Strand, auf die Wellen, die sich am Ufer
brachen, auf den Pazifik, der sich bis zum sternenübersäten Horizont erstreckte.
    »Jedenfalls nicht dort, wo du gesagt hast, dass wir hinfahren, es sei denn, in Kalifornien hat ein Super- GAU stattgefunden und Palm Springs liegt seit neuestem direkt am Meer.«
    »Wir sind in Malibu.«
    »War das von dir geplant?«
    »Ich habe dich entführt.«
    »Warum?«
    »Weil mit deiner Abhängigkeit von diesem Kristall Schluss sein muss, Coco. Das hier war für mich der einzige Weg, dies zu bewerkstelligen.«
    »Bring mich zurück.«
    »Mein Benzin reicht nur noch für zehn Meilen. Und die Tankstelle dort hat nachts zu.«
    Jetzt sah sie durch Kennys Seitenfenster die Szenerie zu ihrer Linken. Steilklippen, eine Tankstelle mit einem Laden für Reisebedarf sowie ein kleines Motel.
    »Wir sind Glückspilze«, meinte Kenny. »Wir haben die letzte freie Unterkunft bekommen.«
    Das Häuschen war klein und schlicht möbliert, aber sauber, vor allem das Badezimmer war spiegelblank und mit noch original verpackten kleinen Seifenstücken ausgestattet. Es gab nur ein Bett, ein nicht besonders breites.
    Die Hände an den Hüften, stand Coco in dem winzigen Zimmer. Draußen herrschte, abgesehen vom Raunen des Ozeans, nächtliche Stille. Kenny, der auf der Bettkante saß, schaute verlegen drein. »Du kriegst einen Hershey-Riegel, wenn du mich zurückbringst«, sagte Coco.
    Er grinste. »Ich stelle fest, dass du deinen Humor nicht verloren hast.«
    »Wer macht hier Witze?«
    Ihre Blicke trafen sich. Der Augenblick zog sich in die Länge.
Salzige Seeluft wehte herein, stieg ihnen zu Kopf. Dazu das rhythmische Raunen der Brandung …
    Für jeden zwei Schritte, und sie standen sich auf Tuchfühlung gegenüber, Lippen fanden Lippen, ergänzten einander, schmeckten köstlich. Umarmungen, ein sich Aneinanderschmiegen. Cocos Finger fuhren immer wieder durch weizenblondes Haar mit goldenen Spitzen, während die von Kenny feste Brüste mit erigierten Nippeln liebkosten. Die Vereinigung erfolgte hastig, weil sie ausgehungert waren und wussten, dass ihnen noch endlos Zeit blieb, sie mit mehr Muße und

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