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Wilder Oleander

Wilder Oleander

Titel: Wilder Oleander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Harvey
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Spitzname.« Er wollte demnach nicht von seinem phänomenalen Gedächtnis sprechen, so wie sie sich ja auch nicht gern über ihre Begabung beziehungsweise ihren Fluch ausließ. »Eigentlich heiße ich Colleen, aber meine ältere Schwester, die zwei war, als ich zur Welt kam, konnte meinen Namen nicht aussprechen. Sie sagte Coco, und dabei blieb es.«
    »Coco«, wiederholte Kenny für sich. »Das lässt mich an ein heißes, süßes Getränk denken.«
    »Woraus bestand eigentlich der Preis?«
    »Der Preis?«
    »Draußen stand: ›Fordern Sie Mr.Superhirn heraus und gewinnen Sie einen großartigen Preis.‹«
    »Ach der.« Er lachte. »Der erste Preis ist eine Woche in Fresno. Und der zweite Preis … «
    »Zwei Wochen Fresno.« Sie lachten beide, und Coco spürte Verbundenheit. »Meine Liste hat Ihnen also gefallen?« Das war unverhohlenes Heischen nach einem Kompliment. Na wenn schon. Sie trank einen Schluck und beobachtete ihn über die Tasse hinweg.
    »Ist Ihnen aufgefallen, dass ich bei Ihnen weniger Beifall erhielt? Das Publikum hat nicht gemerkt, dass Ihre Wörter weitaus schwieriger waren. Raffiniert zusammengestellt.« Er zwinkerte ihr bewundernd zu. »An komplizierte Wörter oder solche, die man für komplizierter hält, erinnert man sich nämlich sehr viel eher. Wörter sind bestimmte getrennte Einheiten, sie lassen im Kopf ein Bild entstehen. Meist versteift sich das Publikum, ohne es zu merken, auf Kategorien – biblische Namen, Vögel, Edelsteine. Bei
Ihrer
Liste dagegen, einer Abfolge von unscheinbaren, nicht sehr aussagekräftigen
einsilbigen Wörtern wie Satz, Fratz, Latz wird’s schon schwieriger. So als würden Sie mir ein einziges Wort mit zwanzig Silben hinwerfen. Sehr schlau. Wie konnten Sie das wissen?«
    »Eine Eingebung.«
    »Haben Sie oft Eingebungen?«
    Coco zögerte. Dies war der Augenblick der Wahrheit, und gleich danach pflegten die meisten Männer den Rückzug anzutreten. In ihren Augen zuckte es kurz auf, das Interesse an ihr erschöpfte sich und sie suchten angestrengt nach einem Grund, um verschwinden zu können. Dieses Risiko ging sie jetzt bewusst abermals ein. »Ich bin Hellseherin.«
    »Ach wirklich?«, sagte er. »Interessant.« Nahm es einfach hin.
    Und Cocos Herz schien sich schier zu überschlagen.
    »Wie gehen Sie dabei vor? Mit einem Ouija-Board?«
    Alle Achtung. »Ich sehe, wie es um Menschen bestellt ist. Normalerweise durch Berührung und einen Gegenstand. Man nennt das Psychometrik. Ich würde mich freuen, dies bei Gelegenheit auch bei Ihnen zu tun.« Grund genug, ihn anzufassen. »Übrigens sind Ouija-Boards – auch Hexenbretter genannt - keine echten psychometrischen Werkzeuge. Sie wurden als Gesellschaftsspiel erfunden. Im neunzehnten Jahrhundert. Die Bezeichnung leitet sich ab vom französischen und deutschen Ja –
oui
und
ja.
«
    »Wirklich interessant«, meinte Kenny abermals und in seinem Lächeln zeichnete sich ein Grübchen ab. Cocos Herz machte erneut einen freudigen Satz.
    »Was führt Sie nach The Grove?«, fragte er. »Bestimmt kein Verschönerungsprogramm. Was gäbe es da wohl noch zu verbessern?«
    Es ließ sich von Minute zu Minute besser an. »Ich habe ein Preisausschreiben gewonnen. Heute Abend bin ich sogar mit
Ihrer Chefin zum Essen verabredet. Wer ist eigentlich diese Abby Tyler?«
    »Eine äußerst liebenswürdige Dame. Ich verdanke ihr viel. Sie hat mir im wahrsten Sinne des Wortes das Leben gerettet.« Coco wartete ab, aber er starrte in seinen Kaffee. »Mehr darüber ein andermal.«
    Ein Mann mit einem Geheimnis. Männer mit Geheimnissen hatten es Coco angetan. Wenn sie jetzt die Hand ausstreckte und ihn berührte, würde sich ihr dann sein Geheimnis mitteilen? Sie räusperte sich, rührte lässig in ihrem Cappuccino herum und versuchte so beiläufig wie möglich zu sagen:
    »Wegen Ihrer Auftritte kommen Sie wohl viel herum, ja?«
    »Nein. Hab noch nie die Westküste verlassen.«
    »Nicht?«
    »Ich bin in Seattle geboren, hab dort meinen Abschluss als Computerfachmann gemacht, bin dann ins Silicon Valley gezogen. Nach einem Auftritt in einem Nachtclub in San Francisco erhielt ich das Angebot, hier in The Grove zu arbeiten.«
    »Hätten Sie denn nicht mal Lust, herumzureisen? Sich in der Welt umzuschauen?«, fragte sie erwartungsvoll.
    »Ich bin’s zufrieden, wo ich bin.«
    »Lesen Sie gern Reiseberichte und Geographiebücher?« Ihre Hoffnung schwand.
    »Nicht unbedingt. Mein Hobby ist Mathematik. Schwierige Gleichungen. Warum dieses Interesse

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