Wilder Oleander
mit Namen Zeb.
Warum diese Zurückhaltung?, überlegte Coco, als sie in den Geländewagen stieg. Zeb war auf exotische Art attraktiv, sein Lächeln wirkte ehrlich. Spielten da Rassenunterschiede hinein? Nahm Ms. Nichols an, Zeb ziehe Frauen seiner Couleur vor? Dass man eine Vorliebe für eine bestimmte Hautfarbe haben konnte, ging Coco einfach nicht in den Kopf. Ein Mann war ein Mann.
Zeb (mehr gab sein Namensschildchen nicht preis) trug Khakishorts, olivgrüne Kniestrümpfe, Stiefel und einen Safarihut, um den ein Band mit Leopardenmuster geschlungen war. Sein weites Hemd war aus buntem Tuch, das Coco als traditionelles
kanga
ausmachte, einen von den Eingeborenen Tansanias handgewebten Stoff. Auch der Armreif aus Elefantenhaar, ein Glücksbringer, fehlte bei Zeb nicht.
In der informativen kleinen Broschüre stand, dass Zeb, der sich um die vielen verschiedenen Tiere und Vögel in The Grove kümmerte, in Kenia geboren und aufgewachsen war. Coco fand ihn attraktiv, mit einem Hauch von wildem Leben à la Hemingway. Aber er schleppte Geheimnisse mit sich herum, und die ertränkte er in Alkohol. Als er jetzt Vanessa anschaute, spürte Coco, dass zwiespältige Empfindungen von ihm ausgingen. Wenn nicht der Rassenunterschied das Problem war, was mochte es dann sein? Coco fand Vanessa umwerfend, ein echtes Vollweib: ausladender Busen, breite Hüften, vollfleischige Schenkel, und das alles in einen weiten marokkanischen Kaftan gehüllt, dazu Sandalen, und das lange, seidig glänzende schwarze Haar zu unzähligen, penibel aneinandergereihten Rastazöpfchen geflochten. Vanessa konnte ohne Weiteres als Afrikanerin durchgehen, im Gegensatz zu Zeb, obwohl der nun wirklich aus Afrika stammte.
Coco belegte einen Fensterplatz und gab ihrem Sitznachbarn
durch ihre Körperhaltung zu verstehen, dass sie gegen eine Unterhaltung nichts einzuwenden hatte. Als aber sein Arm sie streifte, durchzuckte sie es: Zu Hause wartete ein Freund auf ihn.
Zeb zwängte sich hinters Lenkrad, sagte mit seinem typisch ostafrikanischen Akzent »Willkommen, Leute«, und schon ging es los.
Coco war so beschäftigt, ihre Fühler nach den Männern im Safaribus auszustrecken, dass sie kaum etwas von den Felsen, den Kakteen, den Teppichen aus in allen Farben blühenden Blumen oder den rotschwänzigen Falken am Himmel mitbekam. »Diese riesigen Felsen da vorne«, erklärte Zeb, »bilden den Eingang zu mehreren Höhlen, in denen früher hier ansässige Indianer gelebt haben sollen.« Die Auslöser von Fotoapparaten zirpten wie Grillen in einer Frühlingsnacht.
»Und gleich eine Warnung vorweg, Leute. Sollten wir auf Kojoten stoßen, denken Sie daran, dass das Raubtiere sind. Versuchen Sie nicht, sie zu füttern oder zu streicheln. Kojoten sind alles andere als Kuscheltiere. Sie können gefährlich werden.«
Coco lehnte die Stirn ans Fenster und begriff, dass sie einen Fehler gemacht hatte. Nach nur zehn Minuten in der Wüste stand fest, dass keiner der Männer im Wagen als Seelenergänzung in Frage kam.
»Mr.Superhirn!«, verkündete das Schild vor der Cocktaillounge. »Fordern Sie ihn heraus und gewinnen Sie einen sagenhaften Preis!«
Es war Nachmittag und Coco musste etwas trinken.
Nach dem Ausflug in die Wüste hatte sie die Ferienanlage durchstreift, die sich als überraschend weitläufig erwies, und war schließlich im Hauptgebäude gelandet, das wie jedes
Edelhotel aussah, nur dass hier keine Autos oder Bedienstete, die das Parken übernahmen, vor der Tür standen, auch keine Pagen, die Gepäck hinein- oder herausschafften. Die Lobby war kühl und von beeindruckenden Ausmaßen, mit Springbrunnen und Palmen und Papageien auf Stangen.
Sie war zum Java Club und zu dem Schild gelangt, das auf den Auftritt von »Mr.Superhirn« hinwies.
Von derlei Attraktionen – Zauberer, Gedankenleser, Hypnotiseure – fühlte sie sich seit jeher magisch angezogen. Sie selbst hatte dieses Metier ausgeübt, in einer Phase, die einen Tiefpunkt ihres Lebens kennzeichnete. Die Empfangsdame führte sie an einen kleinen Tisch, auf dem eine Kerze in einer rubinroten Kugel brannte. Coco bestellte sich einen Cappuccino und wandte ihre Aufmerksamkeit der Bühne zu. Der Saal war mehr als voll. Demnach musste die Vorstellung gut sein. Ihr Cappuccino kam und die Beleuchtung wurde heruntergedimmt. Nach ein paar einleitenden Worten des Conferenciers betrat der Star die Bühne. Er war groß, aschblond, von durchschnittlicher Figur und trug ein Cape und einen Zylinder. Er
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