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Wilder Wein

Wilder Wein

Titel: Wilder Wein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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auszeichnete.
    Aber darum hätten viele Stümper froh sein können.
    Wie alt bin ich? fragte er sich. Zweiundvierzig. Das würde mir keiner glauben, wenn er mich hier sähe. Erst recht keine Frau, die mich erleben würde, außer die eine, die mich soeben genießt. Die kennt ja mein Geburtsjahr – leider.
    »Zufrieden, Anne?«
    »Ganz und gar! Du auch?«
    »Ich fühle mich gedrängt, dir einen Wunsch zu erfüllen.«
    »Welchen?«
    »Irgendeinen, den du äußern kannst. Hast du auf Anhieb einen?«
    »Ja, hätte ich schon.«
    »Sag ihn mir.«
    »Du darfst mich aber nicht auslachen.«
    »Nein.«
    »Er ist nicht billig, Hermann.«
    »Sag ihn mir, Anne.«
    »Ich möchte mich malen lassen.«
    Er war überrascht, faßte sich jedoch schnell.
    »Malen?«
    »Ja. Jetzt lachst du mich doch aus, nicht?«
    »Keineswegs, warum sollte ich?«
    »Weil ich bisher nur Gemälde von großen Damen gesehen habe, von Fürstinnen und so, in Museen.«
    »Du irrst. Es gibt längst auch Porträts von normalen Sterblichen. Das ist nur eine Frage der Honorierung. Früher hatten eben nur Fürstinnen und dergleichen Geld.«
    Sie waren beide nackt, und Anne drückte ihren Leib und ihren schönen, warmen Kopf an ihn. Das bewog ihn dazu, auszurufen: »Ich lasse dich malen! Der Preis spielt keine Rolle.«
    »Wirklich?«
    »Düsseldorfs bester Kunstmaler wird dich porträtieren!«
    »Der beste Koblenzer würde mir genügen.«
    Die zweite Überraschung war fällig bei ihm.
    »Kennst du da einen?«
    Sie richtete sich ein bißchen auf im Bett, stützte sich auf einen Ellbogen und machte sich mit der anderen Hand unter der Decke an ihm zu schaffen.
    »Hermann«, sagte sie, »das muß ich dir erklären. Bald findet bei uns hier ein großes Jubiläum des Winzervereins statt …«
    »Ja«, sagte er, ihren Worten – ihren Worten! – nur mit halber Aufmerksamkeit folgend.
    »Und dazu will mein Vater ein Gemälde seines großen Weinbergs haben …«
    »Ja.«
    »Den Maler hat er schon engagiert.«
    »Ja.«
    »Aus Koblenz.«
    »Ja«, sagte Zumberg nur noch mit einem Viertel seiner Aufmerksamkeit.
    »Er heißt Brühe.«
    »Brühe?!« fuhr Hermann Zumberg auf.
    Und dann erwachte seine Erinnerung wieder zum Leben.
    »Der hat mir ja selbst schon alles erzählt!«
    »Wann?«
    Annes Hand unter der Decke hatte innegehalten.
    »Wann hat er dir alles erzählt?«
    »Gestern. Wir saßen an einem Tisch.«
    »So? Das hast du mir ja noch gar nicht gesagt.«
    »Es bestand ja auch keine Veranlassung dazu. Und ausgerechnet von dem willst du dich, wenn ich dich richtig verstanden habe, malen lassen?«
    »Warum nicht?«
    »Von dem?«
    »Was hast du gegen ihn? Er hat sich dazu angeboten.«
    »Er ist doch eine Null, ein junger, unbekannter Niemand! Das hat er mir selbst gesagt!«
    »Daß er noch unbekannt ist!«
    Anne zog ihre Hand unter der Decke heraus.
    »Und damit ist er für dich erledigt, wie?«
    »Wenn du so willst, ja! Was soll ich mich mit ihm befassen?«
    »Ich finde das eigentlich prima, daß er selbst das sagt. Andere machen Sprüche, erzählen dir die tollsten Sachen …«
    »Wahrscheinlich gehört das zum Erfolg, der sich auf Dauer nur so einstellt.«
    »Bei van Gogh, um nur einen zu nennen, hat er sich nie eingestellt. Zu Lebzeiten jedenfalls nicht.«
    »Was interessiert der dich plötzlich?«
    »Er fand keine Anerkennung, verzweifelte und brachte sich um.«
    »Er war verrückt.«
    »Aber gestern stand in der Zeitung, daß bei einer Auktion in London ein kleines Bild von ihm für zwei Millionen Dollar einen Käufer gefunden hat.«
    »Wozu erzählst du mir das? Warum hast du deine Hand weggenommen?«
    »Ich möchte, daß du mir meinen Wunsch erfüllst.«
    »Daß ich dich also nicht in Düsseldorf porträtieren lasse, sondern hier in Wehlen, von einem Nobody? Verstehe ich das richtig?«
    »Ja.«
    »Von einem jungen, unbekannten van Gogh«, höhnte er.
    »Ja, du Snob!«
    »Snob?«
    »Bist du etwa keiner?«
    »Gib deine Hand her!«
    »Nein.«
    »Bitte.«
    »Nur, wenn du …«
    »Ja.«
    »Wirklich?«
    »Ja …« sagte er resigniert.
    Jean Küppers, genannt Schang, das Hausfaktotum vom ›Winzergold‹, schälte wieder einmal Kartoffeln. Diese Arbeit ging ihm gut von der Hand, er verrichtete sie schon seit vielen Jahren. Sie bot ihm auch noch Gelegenheit, das wurde bereits einmal gesagt, seinen Gedanken nachzuhängen.
    Er müsse, sagte er sich heute, das Fräulein Anne fragen, ob sie ihn nicht mit mehr Aufträgen eindecken könne, mit Aufträgen, die nicht mit dem ganzen

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