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Wilder Wein

Wilder Wein

Titel: Wilder Wein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Betrieb, sondern nur mit ihr persönlich zu tun hätten und nur ihr persönlich zustatten kämen. Es kümmere sich doch keiner so um ihre Belange wie er.
    »Schang!« rief die Köchin aus dem Küchenfenster.
    Er schreckte aus seinen Gedanken auf.
    »Ja?«
    »Wo sitzt du denn? Ich sehe dich nicht!«
    »Wo ich immer sitze, im Hof, im Schatten. Du siehst mich nicht, weil einer seinen Lieferwagen dazwischengestellt hat.«
    »Komm her, ich brauche dich!«
    Jean folgte gemächlichen Schrittes dem Ruf. Am Küchenfenster erwartete ihn eine große Schüssel mit Frischgemüse, das er zusätzlich noch putzen sollte.
    »Das ist Mädchenarbeit«, meuterte Jean, der Wert auf Differenzierung zu legen pflegte, brummig. Kartoffeln schälen ließ er sich noch eingehen – aber mehr nicht!
    Die Köchin jedoch war Diplomatin. Sie kannte ihren Pappenheimer.
    »Du hast ja recht, Schang«, sagte sie. »Aber ich bin im Druck. Die Nelly mußte zum Zahnarzt. Allerdings sagt unser Fräulein Anne immer, daß sie, wenn Not am Mann ist, nur verständigt werden muß, um einzuspringen. Dann rufe ich halt die an.«
    »Zum Gemüseputzen?«
    »Ja.«
    »Bist du verrückt? Unser Fräulein Anne?«
    »Ich habe niemanden sonst, Schang. Aber wir müssen keine Hemmungen haben, sagt sie, sie ist sich da für nichts zu gut.«
    »Gib die Schüssel her!«
    »Muß nicht sein, Schang. Mädchenarbeit bleibt Mädchenarbeit, ich seh' ein, daß ich dir diesbezüglich nicht widersprechen kann.«
    »Du sollst die Schüssel hergeben!«
    Nachdem dann die ganze Portion Kartoffeln, die heute benötigt wurde, geschält und das Gemüse geputzt war, geizte die Köchin nicht mit Lob.
    »Schang, du weißt ja gar nicht, wie wichtig deine Hilfe gerade heute war. Wir hätten auf das Fräulein Anne nämlich kaum zurückgreifen können. Sie braucht Schonung. Ihre Nerven.«
    Jean erschrak.
    »Ist sie krank?«
    »Wir müssen froh sein, daß sie noch lebt.«
    Der arme Schang konnte gar nichts mehr sagen, sondern griff sich nur stumm ans Herz.
    »Diese verdammten Autos!« fuhr die Köchin fort. »Man sollte sie alle verbieten!«
    »Unfall?« krächzte Jean. Mehr brachte er nicht hervor.
    »Um ein Haar, Schang. Und was für einer! Das hätte nur Tote gegeben. Zusammenprall mit einem Laster. Auf der Fahrt nach Bernkastel. Unser Kellner, der Gollwitzer, hat's erzählt. Er wurde gestern abend noch angerufen. Von Fräulein Anne selber.«
    Endlich war Jean zu einer zusammenhängenden Äußerung fähig.
    »Ist der Zumberg wieder zu schnell gefahren?«
    »Das wissen wir nicht, Schang.«
    »Er fährt doch immer zu schnell! Alle wissen das!«
    »Schuld wäre der Laster gewesen, heißt's.«
    »Ach was! Der fährt wie eine gesengte Sau! Wir sehn ihn doch oft genug, wenn er hier ankommt oder abbraust wie'n Verrückter!«
    Und dann atmete Jean Küppers tief ein, ballte die mächtigen Fäuste, stieß die Luft wieder aus und verkündete: »Dem zünde ich den Schlitten noch an, das sage ich dir!«
    »Schang!!«
    »Jawohl, das sage ich euch allen!«
    Fritz Brühe war fleißig am Kunstmalen. Täglich schleppte er nach dem Frühstück sein Gerät an den Ort seines Schaffens und kam nur zu den unumgänglichen Mahlzeiten wieder herunter ins Tal. Am Beginn des jeweiligen Tagewerks fiel es ihm nicht leicht, den Berg zu erklimmen, da er selten richtig ausgeschlafen war. Mal hatte ihn Ingrid Rehbein nächtlicherweile über Gebühr in Anspruch genommen, dann wieder fehlten ihm, wenn ihn der Wecker zum Aufstehen rief, die Stunden, die er am Abend zuvor bis über Mitternacht hinaus am Wirtshaustisch zugebracht hatte. Seine Pflicht, zu deren Erfüllung er von Baptist Selzer nach Wehlen geholt worden war, kam dabei jedoch, wie gesagt, nicht zu kurz. Der Winzer, zu dessen Lebensprinzipien es gehörte, nur ja keine Mark aus dem Fenster hinauszuwerfen, konnte deshalb nicht umhin, ihm innerlich irgendwie Anerkennung zu zollen. Das ging so weit, daß er aus dem gleichen Grund eines Tages sogar an der Intelligenz des jungen Malers zu zweifeln begann.
    »Anne«, sagte er zu seiner Tochter, »der Kerl ist doof.«
    »Wer?«
    »Der Brühe.«
    »Und warum?«
    »Ich habe ihn für drei Wochen bei freier Kost und Logis engagiert. Wenn er aber so weitermacht, wird das Bild in der Hälfte der Zeit fertig. Dadurch erspart er mir glatt fünfhundert Mark Aufwand für ihn.«
    »Willst du ihn denn dann vorzeitig schon nach Hause schicken?«
    »Was denn sonst?«
    »Schlag dir das aus dem Kopf, Papa.«
    »Was? Was sagst du?«
    »Daß du dir

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