Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wilder Wein

Wilder Wein

Titel: Wilder Wein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
einem anderen Paar zu tun.
    Gegen ein Uhr früh fuhr Hermann Zumberg in seinem Porsche von Bernkastel zurück nach Wehlen. Wie immer drückte er aufs Gas. Bei ihm im Wagen saß seine Verlobte. Gar nicht verstohlen gähnte sie.
    »Müde, Anne?« fragte er.
    »Ja«, antwortete sie. »Aber du hältst mich schon noch wach mit deinem Tempo.«
    »Angst?«
    »Wär das ein Wunder nach dem Schrecken gestern abend?«
    »Schuld hätte ich nicht gehabt, sondern der Laster.«
    »Dazu kann ich wieder einmal nur sagen: Was hast du davon, wenn du tot bist?«
    »Ich fahre eben zu schnell, willst du nicht vergessen, hinzuzufügen.«
    »Du fährst eben zu schnell.«
    Sie gähnte wieder. Es hatte, wußte sie, im Rahmen dieses Themas keinen Zweck, auf ihn einzureden.
    »Ich bin daran interessiert«, sagte er, »dich bis Wehlen wachzuhalten.«
    »Und dann?«
    »Was dann?«
    »Wenn du mich bis Wehlen wachgehalten hast, was dann?«
    »Deine Frage allein zeigt, daß du einer Antwort von mir nicht bedürftig bist. Du weißt, was dann.«
    »Ich weiß aber nicht, ob mir das heute noch Spaß machen wird.«
    Spaß macht's dir doch eigentlich immer, dachte er, mehr als mir. Er sagte das aber natürlich nicht laut, sondern schwieg beleidigt.
    »Aha«, meinte sie nach einer Weile. »Eingeschnappt.«
    Er räusperte sich.
    »Ich bin nicht eingeschnappt, meine Liebe, aber …«
    Zweites Räuspern.
    »… aber ich frage mich, warum du, obwohl wir uns fast vier Wochen lang nicht gesehen haben, kein Verlangen nach mir zu haben scheinst.«
    »Kein Verlangen nach dir … Du hast oft so komische Formulierungen am Leib, Hermann.«
    »Komische Formulierungen? Wie soll ich es sonst ausdrücken?«
    »Überhaupt nicht.« Sie rückte etwas hinüber zu ihm und drückte sich an seine Seite. »Nimm mich hernach einfach in deine Arme und …«
    Sie brach ab, seufzte nur noch.
    »Hernach?« hakte er ein.
    »Hm.«
    »Dann habe ich dich also mißverstanden, du weist mich nicht zurück?«
    »Schon wieder eine solche Formulierung! Nein, ich weise dich nicht zurück.«
    »Geh'n wir zu dir oder zu mir?«
    »Zu mir.«
    »Dein Vater hat ja wohl nichts dagegen, wenn mein Wagen vor euerm Haus steht.«
    »Nein. Abgesehen davon, ist überhaupt unwahrscheinlich, daß er heute nacht noch nach Hause kommt. Du hast ja erlebt, daß die in Bernkastel ihn festgehalten haben. Der Geschäftsabschluß mußte gefeiert werden, und mit Promille fährt er eigentlich nie. Er fürchtet das Bußgeld.«
    »Mehr als das Gefängnis!« lachte Zumberg.
    Die ersten Häuser von Wehlen tauchten im Scheinwerferlicht auf.
    »Er hat heute eine Gelegenheit genutzt«, fügte Zumberg hinzu, »mich wieder einmal zu fragen, wann wir heiraten werden, Anne.«
    »Solche Gelegenheiten nutzt er bei mir jeden zweiten Tag, Hermann.«
    »Und was sagst du ihm?«
    »Bald.«
    »Mir sagst du das aber nicht, wenn ich dich frage.«
    »Doch.«
    »Nein.«
    »Vielleicht fragst du mich zu selten danach.«
    Der Wagen verlangsamte die Fahrt und stoppte vor der Selzer-Villa, wie sie im ganzen Ort hieß. Annes Verlobter stellte den Motor ab, zog den Zündschlüssel aus dem Schloß, drehte sich halb hinüber zu seiner Braut und sagte, mit den Wagenschlüsseln klimpernd: »Ein Hermann Zumberg fragt das nicht jeden zweiten Tag, meine Liebe.«
    Anne blickte ihn daraufhin ein Weilchen an, nickte und antwortete nur: »Ja.«
    Ich mag ihn doch, dachte sie dabei, er gefällt mir, alle beneiden mich um ihn, aber manchmal fällt er mir auf den Wecker – so wie jetzt eben.
    Ein Hermann Zumberg fragt das nicht jeden zweiten Tag …
    Wie das klingt!
    Ein Hermann Zumberg …
    Einverstanden wäre ich gewesen, wenn er gesagt hätte: Mir geht es gegen den Strich, basta!
    So drückt sich ein normaler Mensch aus.
    Die Villa lag im Dunkeln.
    »Habt ihr eigentlich schon eine Alarmanlage gegen Einbrecher?«
    »Nein.«
    »Immer noch nicht?«
    »Vater will nach wie vor keine. Eine richtige kostet zwanzigtausend Mark, sagt er, und das ist ihm zuviel. Er hat sich einen Kostenvoranschlag machen lassen, und damit war das Thema für ihn erledigt.«
    »Ich verstehe ihn nicht.«
    Sie öffnete auf ihrer Seite die Wagentür.
    »Laß uns reingehen«, sagte sie.
    Im Bett bewahrheitete sich, daß Anne Freude an der Liebe hatte. Er war begeistert von ihr und sie keineswegs enttäuscht von ihm. Schließlich konnte er für sich in Anspruch nehmen, alles andere als ein Anfänger auf diesem Feld zu sein. Möglich, daß ihn ein gewisses Übermaß an Routine

Weitere Kostenlose Bücher