Wildes Begehren
eine Spionin hält, wenn diese Sache schiefgeht. Jedenfalls schien es mir sicherer zu sein, die junge Dame aus dieser Situation herauszuholen, damit ihr nichts geschieht.«
Ohne etwas zu erwidern zog Isabeau die Knie an und schlang die Arme um ihre Beine.
Marcos lächelte ihr zu. »Hast du gedacht, ich wäre ein alter Lustmolch?«
»Jedenfalls hast du die Rolle sehr überzeugend gespielt«, gestand sie und bemühte sich zurückzulächeln.
Als Rio sie zum ersten Mal genauer ansah, gab er ein beinahe animalisches Knurren von sich. »Was zum Teufel ist mit dir geschehen, Isabeau?« Er schnappte ihren Arm und betrachtete die blutenden Kratzer. »Verflucht, warum hast du nichts gesagt? Das kann sich schnell entzünden.«
Conner richtete sich so weit auf, dass er über die Rückenlehne schauen konnte, und entdeckte Isabeaus Wunden. »Was ist passiert?«
»Verdammt, du hast dich nicht unter Kontrolle, du Bastard«, fauchte Rio, »das ist passiert.«
»Konzentrier dich, Conner«, blaffte Elijah. »Ich will den Jungen nicht verlieren.«
Isabeau sah die Qual und die Reue in Conners Augen,
ehe er wieder hinter dem Sitz verschwand und sich um Jeremiah kümmerte. Doch sie war dankbar, dass er sie nicht mehr ansah. Sie musste erst ihre Gefühle sortieren. Alles an diesem Abend war schrecklich gewesen.
Dabei war sie die Anstifterin, diejenige, die darauf bestanden hatte, dass sie sich Imelda Cortez vorknöpften. Und nichts, was sie heute gesehen hatte, hatte sie dazu bringen können, ihre Meinung zu ändern – sondern sie eher noch darin bestärkt -, aber mit dieser maßlosen Verderbtheit, dieser vollständigen Missachtung von Menschenleben und jeglichen Menschenrechten hätte sie nie gerechnet. Imelda umgab sich mit abscheulichen Leuten. Es war, als würden sie einander erkennen und sich gegenseitig anziehen, sodass sie in ihrem grässlichen Tun noch bestärkt wurden.
Isabeau biss sich auf die Fingerknöchel. Sie hatte einen Mann getötet. Auch wenn Conner ihm den letzten Rest gegeben hatte, sie war diejenige gewesen, sie hatte abgedrückt. Sie hätte nie gedacht, sich im Traum nicht vorgestellt, dass sie dazu fähig war, jemandem das Leben zu nehmen. Sie hatte gesehen, wie Sumas Augen erloschen waren, und sie war nicht froh, sondern entsetzt. Philip Sobre hatte ihr zu verstehen gegeben, dass es ihm Spaß machte, andere zu quälen und zu töten. Weil es ihn erregte. Isabeau hörte einen unterdrückten Schreckenslaut und begriff, dass er ihr selbst entschlüpft war.
Rio beugte sich zu ihr hinüber. Er hielt etwas in der Hand. »Das wird jetzt teuflisch brennen.«
Ohne weitere Erklärung drückte er ein Tuch, das mit einer brennenden Flüssigkeit getränkt war, auf die Kratzer an Isabeaus Arm, sodass sie zischend die Luft ausstieß. Während Rio das Tuch weiter auf die Wunden presste, konzentrierte
sie sich darauf, stumm bis hundert zu zählen und nicht zu weinen.
Marcos gab Teresa eine Spritze, und als sie stöhnte, tätschelte er ihr den Arm. »Alles wird gut. Du bist in Sicherheit«, beruhigte er sie.
Isabeau bezweifelte, dass irgendeiner von ihnen sich je wieder in Sicherheit wiegen konnte. Imelda erschien ihr wie eine dicke Spinne in einem Netz, das alle umspannte. Die Partygäste hatten sich aus Beamten, hochrangigen Polizisten und Richtern zusammengesetzt. Es konnte ihnen doch nicht entgangen sein, dass manche Leute mit dem Personal nach oben verschwanden. Und nun musste man sogar Angst davor haben, Jeremiah in ein Krankenhaus zu bringen.
Rio nahm das Tuch wieder weg und hielt, obwohl Isabeau protestierte, ihren Arm fest, um die Kratzer näher zu untersuchen. »Sie gehen nicht sehr tief«, sagte er laut genug, dass Conner ihn hören konnte. »Trotzdem muss da eine antibakterielle Salbe drauf.« Er sprach zu niemandem im Besonderen, doch als er mit dem Einreiben begann, zwang er Isabeau, ihn anzusehen. »In unseren Krallen ist ein Gift, Isabeau. Diese Wunden dürfen nicht unbehandelt bleiben. Du solltest sie sorgfältig reinigen und mehrmals am Tag die Salbe auftragen. Ich gebe dir eine entzündungshemmende Spritze, eine sehr große Dosis, und danach musst du darauf achten, alle Pillen aus diesem Fläschchen zu nehmen.«
Sie sah Rio fest in die Augen. »Hat Conner eine Infektion bekommen, nachdem ich ihn gekratzt hatte?« In ihrer Wut wollte sie ihn daran erinnern, dass sie sich durchaus zu wehren wusste. Er war der Teamleiter, und daher war es seine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass niemand aus der
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