Wildes Begehren
schwerfallen würde. »Hat Ihre Enkelin etwas mit diesen Toten zu tun?«
»Imelda?« Alberto wirkte schockiert. »Natürlich nicht. Wie kommen Sie denn darauf?«
Isabeau holte tief Luft. Als ihre Katze fauchend aufsprang, wurde ihr das Herz schwer. Alberto log. Er sah ganz unschuldig aus, wie er da in seinem Stuhl saß, aber er log sie an. Sie machte einen Atemzug und versuchte es noch einmal. »Sie vielleicht?« Diesmal ließ sie ihre Stimme ein wenig zweifelnd klingen. »Haben Sie irgendetwas mit diesen Leichen zu tun?«
Entsetzt legte Alberto eine Hand aufs Herz, rang nach Luft und stieß sie schnaufend wieder aus. Harry beugte sich beflissen über ihn, doch der alte Mann winkte ihn tapfer beiseite. »Ich? Wie hätte ich das wohl machen sollen? Nein, Isabeau, ich habe bestimmt nichts damit zu tun. Philip Sobre musste gestoppt werden, und das ist Ihnen gelungen, indem Sie Ihrer Familie von dem Fund berichtet haben.«
Er log schon wieder. Alberto hatte nicht nur von den Leichen gewusst, sondern auch selbst einige beigesteuert.
Isabeau konnte ihr Herz hämmern und das Blut in ihren Ohren rauschen hören. Der wunderschöne Garten vor ihr beherbergte höchstwahrscheinlich auch viele Tote. Adan hatte ihr einmal erzählt, dass die, die für Imelda arbeiteten, selten – eigentlich nie – wieder von ihrem Anwesen herunterkamen. Offenbar hatte er das wörtlich gemeint. Sobald man sich in den Dienst der Familie Cortez stellte, verbrachte man sein ganzes Leben in ihrem Reich. Und starb auch dort. Das verdiente Geld konnte an die Familie geschickt werden, deshalb waren nach wie vor so viele Menschen zu einem solchen Leben bereit, doch ein Wiedersehen gab es nicht.
»Warum wollten Sie, dass ich die Toten finde? Warum haben Sie der Polizei nichts von Ihrem Verdacht gesagt? Vielleicht hätten Sie Philip eher stoppen können.«
Alberto, ein Muster an Schuldbewusstsein und Reue, schüttelte den Kopf. »Ich konnte nicht. Ich konnte es nicht riskieren, dass der Name unserer Familie in irgendeiner Weise damit in Zusammenhang gebracht wurde. Das müssen Sie doch verstehen.«
Isabeau sah ihn finster an. »Es war alles andere als schön, diese Entdeckung zu machen.«
»Ich weiß. Es tut mir wirklich leid.«
Ohne ihre Katze hätte Isabeau ihm wohl geglaubt. Alberto war einer der besten Schauspieler, die ihr je begegnet waren. Er brachte seinen Text absolut aufrichtig vor und sah so traurig und zerknirscht aus, dass Isabeau den Drang verspürte, ihn wieder aufzumuntern, obwohl sie wusste, dass er log. Sie seufzte. »Was bleibt mir anderes übrig, als Ihnen zu verzeihen? Wenigstens ist Philip am Ende überführt worden, trotzdem war sein Tod schrecklich.«
»Wenn man an all diese jungen Mädchen und ihre verzweifelten Familien denkt«, sagte Alberto, »wundert einen das nicht. All die Male, die Philip mit Imelda ausgegangen ist …« Ihn schauderte. »Es hätte sie treffen können.«
Isabeau merkte, wie es ihr die Sprache verschlug, daher nickte sie bloß und versuchte, ein verständnisvolles Gesicht zu machen. Schlagartig war ihr klargeworden, warum der alte Mann so viel Interesse an ihr zeigte. Sie war Imeldas Faustpfand, ihre Geisel. Schon bei der Party war es so gewesen und nun wieder. Diesmal hatten die beiden es zwar nicht geschafft, Elijah davon abzuhalten, ihr einen Bodyguard mitzugeben, doch im Prinzip war sie Imeldas Gefangene. Falls Elijah oder Marcos einen falschen Zug machten, konnte sie jederzeit umgebracht werden.
Sie musste annehmen, dass nicht nur Harry bewaffnet war, sondern Alberto ebenfalls, und dass beide bereit waren, sie auf Zuruf zu töten. War Conner nahe genug bei ihr, um dazwischenzugehen? Wusste er das alles? Er tat jedenfalls so, als achte er nur auf Gefahren von außen, nicht auf die beiden. Von Ottila hatte Harry sich neulich verjagen lassen, offenbar weil er wusste, wie gefährlich der Mann war. Harry kannte also die Wahrheit – Imelda hatte sie ihm verraten. Sie hatte ihrem Großvater und seinem treuen Leibwächter erzählt, dass Ottila und Suma Leopardenmenschen waren.
Alberto deutete auf einen gewundenen Weg. »Hier entlang, Harry, ich möchte Isabeau meinen Lieblingsplatz zeigen.«
»Es tut mir leid, Alberto«, wandte sie ein, »aber mir fällt das Gehen immer schwerer. Vielleicht könnten wir das unebene Terrain verlassen und uns das Gewächshaus ansehen.
Außerdem wüsste ich gern, wie groß ihr Gemüse in dieser Erde wird.«
Alberto lächelte ihr zu. »Eigentlich hätte ich Sie gar
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