Wildes Begehren
Kugelsalve einschlug. Conner packte sie bei der Hand und riss sie mit sich, zerrte sie richtiggehend zum Gewächshaus. Er versuchte, die Tür zu öffnen, doch sie war offenbar von innen verschlossen. Ohne zu zögern, zerschoss Conner das Schloss, riss die Tür auf und schob Isabeau beiseite. Dann stürzte er sich kopfüber ins Haus, rollte sich nach rechts und vergewisserte sich, dass keine Gefahr drohte, ehe er Isabeau hereinrief.
Sie hielt sich dicht hinter Conner und versuchte, sich möglichst klein zu machen und kein Geräusch zu verursachen, während sie durch die Pflanzen zur Rückseite des Gebäudes schlichen. Dort gab es noch eine Tür, die anscheinend zu einem kleinen Raum führte, der ursprünglich wohl als Pflanz- oder Werkzeugraum gedient hatte. Sie hörten ein Handgemenge. Einen Fluch. Einen Schmerzensschrei. Conner legte die Hand auf den Türknauf und drehte ihn langsam.
Mit einem Handzeichen forderte er Isabeau auf, sich flach an die Wand zu drücken, ehe er die Tür vorsichtig aufzog. Sofort durchlöcherten Kugeln das Holz und zischten durch das Gewächshaus. Conner stieß die Tür weit auf und ging hinter einem Pfosten in Deckung. Ein sehr ängstlich wirkender Mann hielt einen Jungen wie ein Schild vor sich. Isabeau schnappte erschrocken nach Luft. Die Geisel war Adans Enkel Artureo.
Conner schrie dem Jungen irgendetwas in dessen Sprache zu, riss die Pistole hoch und schoss, während der Junge sich nach rechts fallen ließ. Die Kugel traf den Geiselnehmer mitten in die Stirn.
»Schön, euch zu sehen«, sagte Artureo zur Begrüßung. »Ihr habt länger gebraucht, als ich dachte.« Damit stieg er über die Leiche hinweg und winkte den anderen Kindern, ihm ins Gewächshaus zu folgen.
Isabeau war stolz auf ihn. Er hatte die Führung übernommen, genau wie sein Vater und Großvater vor ihm. Der Teenager hatte die Jüngeren beruhigt und ihnen Hoffnung gegeben.
Stirnrunzelnd ließ Conner den Blick über die Kinderschar gleiten. »Wo ist der Kleine? Mateo?«
»Sie hat ihn mitgenommen«, erwiderte Artureo. »Letzte Nacht. Sie kam mit einem von den gemeinen Wächtern und hat ihn weggezerrt.« Artureo schaute zu den anderen Kindern hinüber und senkte die Stimme. »Ich glaube, sie hat gemerkt, dass er anders ist. Ich habe sie bis zum Wasserturm verfolgt.«
»Du hast sie verfolgt?« Conner zog die Augenbrauen hoch.
Artureo nickte. »Hast du gedacht, wir würden einfach hier rumsitzen und warten, bis sie uns umbringt? Oder die Mädchen holt? Sie und der Alte sind wahre Teufel. Wir haben einen Tunnel gegraben, der aus dem Werkzeugraum herausführt, aber wir hatten noch keine Idee, wie wir zum Zaun kommen sollten, ohne erschossen zu werden.«
Conner grinste breit. »Lass uns hier verschwinden. Halt die Kinder zusammen, nah beieinander. Ihr müsst ganz still sein. Wir gehen zur südlichsten Ecke. Bring sie in den Wald, Isabeau, und geht schon mal vor. Rio und die anderen kommen bald nach oder warten vielleicht sogar schon.« Dann drückte er Artureo eine Pistole in die Hand. »Kannst du damit umgehen?«
Der nickte. »Mein Großvater hat es mir beigebracht.«
»Ich erwarte von dir, dass du die Kinder beschützt. Isabeau, ich bringe euch nach draußen, aber du übernimmst, sobald wir den Wasserturm erreicht haben.«
»In Ordnung«, bestätigte sie, obwohl ihr ein wenig mulmig war.
Es fiel ihr schwer, den Blick von dem Leichnam zu lösen, der mit einer großen Blutlache um den Kopf auf dem Boden lag. Sie fühlte sich an den Tod ihres Vaters erinnert. Nun fiel ihr wieder ein, dass ihr Vater genauso gestorben
war, nur dass Rio der Schütze und Conner die Geisel gewesen war. Bei dem Gedanken wurde ihr flau im Magen, sodass sie fest die Hand darauf presste.
Conner schlang die Finger um ihren Nacken und seine Lippen streiften ihr Ohr. »Alles in Ordnung? Schaffst du’s? Ich kann euch auch bis zur Grenze bringen und dann noch einmal zurückgehen.«
Isabeau zwang sich zu einem Lächeln. »Es geht schon. Nichts wie los.«
Conner bildete die Vorhut. Er knackte das Vorhängeschloss am Hinterausgang, öffnete vorsichtig die Tür und spähte durch den Schlitz. Auf dem Hof herrschte Chaos. Schüsse fielen nur noch sporadisch, doch es wimmelte von Sicherheitspersonal. Das Haupthaus hatte sich in ein Flammenmeer verwandelt und brannte lichterloh. Die riesige Feuerwand entwickelte eine solche Hitze, dass es unmöglich war, näher an das Inferno heranzugehen.
Conner fand einen kleinen freien Fleck in einem
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