Wildes Begehren
selbst konnte sich der Wahrheit besser stellen.
Will nickte. »Du warst bereits in Borneo. Dein Vater hat sich eine andere Frau genommen, und als sie schwanger wurde, hat er sie vor die Wahl gestellt, entweder abzutreiben oder sich zum Teufel zu scheren. Sie wollte bei ihm bleiben, also hat sie das Baby bekommen und es weggegeben. Dann ist sie zu deinem Vater zurückgegangen.«
»Er soll in der Hölle schmoren. Wie viele Leben muss er noch zerstören, bis er zufrieden ist?« Angewidert spuckte Conner aus.
Isabeau rückte ein wenig näher heran, gerade so, dass sie sich an ihn lehnen konnte, als wollte sie jede Last mit ihm tragen, und Conner liebte sie für diese Geste. Er drückte ihr die Finger und streichelte mit dem Daumen zärtlich über ihren Handrücken.
»Du kennst doch deine Mutter, Conner«, fuhr Gerald fort. »Ein Blick auf das ungeliebte, elternlose Kind, und schon hatte sie es angenommen. Einen Teil des Jahres lebte sie mit dem Baby in der Hütte und in der Regenzeit zog sie ins Dorf.«
»Deswegen ist sie also dortgeblieben«, sagte Conner. Will nickte. »Der Junge war in Adans Haus und spielte mit meinem Cousin, als Cortez’ Männer angriffen. Deine Mutter hat versucht, sie davon abzuhalten, die beiden mitzunehmen. Sie haben deinen Bruder für einen von uns gehalten. Er ist erst fünf, Conner.«
»Warum könnte sie dir verheimlicht haben, dass du einen Halbbruder hast?«, fragte Isabeau.
Conner ließ den Kopf hängen. »Weil sie wusste, dass ich in unser Dorf gegangen wäre und diesen Hurensohn umgebracht hätte. Ich verachte ihn. Er benutzt Frauen bloß, und wenn sie schwanger werden, setzt er das Kind vor die Tür – mit der Mutter, wenn sie es nicht hergeben will.«
Der bittere Ton in seiner Stimme machte ihn selbst ganz krank, aber er wusste sich nicht zu helfen. Eigentlich hatte er seine Gefühle immer im Griff – es sei denn, es ging um seinen Vater. Der Mann hatte ihn zwar nicht körperlich misshandelt, doch nach Conners Ansicht wogen seelische Verletzungen viel schwerer. Es war typisch für Marisa, dass ihr Sohn für sie an erster Stelle stand. Seinetwegen hatte sie sich ein neues Leben aufgebaut. Und obwohl er nicht ihr leibliches Kind war, hatte sie für seinen Bruder dasselbe getan. Conner wusste, dass er ihrem Beispiel folgen musste.
Während er sich in Gedanken mit der neuen Situation beschäftigte, zog er Isabeaus Hand an sein Kinn und rieb sie geistesabwesend an seinen kurzen Stoppeln. Wenn Imeldas gedungene Leoparden sich das Kind genauer anschauten, entdeckten sie womöglich den Artgenossen in ihm. Bei Frauen war die Veranlagung in der Kindheit kaum zu erkennen, aber bei Jungen … man wusste nie, wann der Leopard sich zum ersten Mal zeigen würde und oft gab es vorher Hinweise auf ihn.
»Wie ist er denn so?«, fragte Conner.
»Und wie heißt er?«, mischte Isabeau sich ein.
Conner nickte und presste die Finger an die pochenden Schläfen. »Stimmt, das hätte die erste Frage sein sollen.«
»Deine Mutter hat ihn Mateo genannt«, antwortete Will.
Beim Gedanken an seine Mutter mit einem Baby im Arm schluckte Conner. »Also, wie ist Mateo?«
»Genau wie du«, sagte Gerald. »Ihr seid euch sehr ähnlich. Der Kleine trauert sicherlich um seine Mutter. Er hat gesehen, wie sie getötet wurde.«
Das war nicht gut. Mateos Leopard würde zum Vorschein kommen, um dem Jungen beizustehen. Conner erinnerte sich noch an die Wut, die ihm als Kind ein ständiger Begleiter gewesen war und mit jedem Herzschlag durch seine Adern gepumpt wurde. Der Junge musste glauben, jetzt völlig allein zu sein. Wenn Mateo wie er war, würde er lieber sterben, als seinen Vater um Hilfe zu bitten. Er würde auf Rache aus sein.
»Kann Artureo es schaffen, Mateo unter Kontrolle zu halten? Verhindern, dass sich sein Leopard zeigt, selbst wenn er in Bedrängnis gerät?«
Eine kleine Pause entstand. »Mateo ist ziemlich eigensinnig«, erklärte Gerald. »Und er hat deine Mutter sehr geliebt.« Unsicher schaute er in Isabeaus Richtung.
»Sie weiß Bescheid«, sagte Conner. »Du kannst frei sprechen.«
»Einer der Männer hat auf sie geschossen, als sie Mateo zurückholen wollte. Sie haben sie für tot gehalten.«
»Ich habe sie fallen sehen«, gestand Isabeau. »Artureo hat mich in den Bäumen versteckt und ist dann wieder losgerannt, um zu helfen. Da haben sie ihn auch mitgeschleppt. Ich habe Marisa nie in ihrer Tiergestalt gesehen. Ich wusste nicht, dass sie eine Leopardin in sich hat.«
»Marisa
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