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Wildes Blut

Wildes Blut

Titel: Wildes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Brandewyne
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resigniert den Kopf.
    »So hatte ich mir den Abschluß eines netten gemeinsamen Abends wirklich nicht vorgestellt«, entschuldigte er sich. »Ich hoffe bloß, daß sich das hier nicht die ganze Nacht hinzieht!«
    »Ich hab’ keine Ahnung, ich war noch nie bei einer solchen Zusammenkunft«, gab Rachel zu.
    »Ruhe! Ruhe!« zischten die Leute hinter ihnen. »Sein Sie ruhig, wir wollen hören, was Prediger Proffitt sagt!«
    Die beiden schnitten Grimassen. So hatten sie sich den Abend nicht vorgestellt, eher wohl einen Mondscheinspaziergang am Fluß und ein paar Küsse unterm Sternenhimmel. Also schwiegen Rachel und Slade höflich und richteten ihre Aufmerksamkeit pflichtschuldig auf die Bühne, wo Prediger Proffitt, wie eine Lokomotive schnaufend, langsam volle Fahrt erreichte.
    Phineas F. Proffitt war, das muß gesagt werden, kein geweihter Priester. Er war der uneheliche Sohn eines Wanderquacksalbers, »Doktor« Proffitt, und bis zu dem Tag, an dem Phineas seine Karriere als Mann Gottes antrat, beschränkten sich seine Bibelkenntnisse auf die recht merkwürdigen Falschzitate seines Vaters, wie zum Beispiel »Die Liebe zum Geld ist alles«, oder »es ist segensreicher zu nehmen als zu geben«.
    Zu diesem Zwecke hatte der junge Phineas auf den Knien seines Vaters die Tricks gelernt, mit denen Dr. Proffitt seinen Lebensunterhalt verdiente: Mehl oder Maisstärkeklumpen in Hirseblätter rollen, um Pillen daraus zu machen (die Pillen halfen zwar den Leuten nicht, schadeten ihnen aber auch nicht, hatte sein Vater gesagt), Alkohol mit Laudanum und Melasse zu einem beruhigenden Schlafmittel mischen (wenn das nicht half), das Versetzen diverser Beerensäfte mit reinem Alkohol (die Leute bildeten sich zumindest ein, sie fühlten sich besser, wenn sie das Gebräu tranken, auch wenn das gar nicht der Fall war, hatte ihm sein Vater erklärt) und das Herstellen verschiedener Pastillen, Puder und Tränklein, die nur einen Zweck hatten: den Ignoranten und Leichtgläubigen das Geld aus der Tasche zu ziehen (für das sie ohnehin zu dumm waren).
    Am Ende war sein Vater von einer Meute aufgebrachter Männer gelyncht worden, von denen einer ein paar Tage zuvor die Frau verloren hatte. Sie hatte sich vergiftet, als sie zwei gehäufte Löffel von Dr. Proffitts potentem Schmerzmittel eingenommen hatte, das angeblich Schmerz durch Betäubung des Körpers stillte, was leider auf eine kleine, aber entscheidende Menge Klapperschlangengift zurückzuführen war. Zum Glück für Phineas hatte man ihn nach hitziger Diskussion für zu jung befunden, um gehängt zu werden, und man ließ ihn laufen, mit der eindringlichen Warnung, sich in dieser Gegend nie wieder blicken zu lassen. So kam es, daß er den zweifelhaften Titel und den Medizinwagen seines Vaters erbte.
    Trotz Dr. Proffitts jähem, bösen Ende hatte Phineas die »Praxis« seines Vaters weitergeführt, bis er eines Tages selbst nur mit knapper Not einem Haufen wütender Männer entkommen konnte, deren Glatzen einen gräßlichen roten Ausschlag nach Anwendung von Dr. Proffitts Haartonikum aufgewiesen hatten.
    Nach dem Vorfall war Phineas zu der Überzeugung gelangt, daß es Zeit war, den Beruf zu wechseln. Nachdem er ein aufmerksamer Beobachter der menschlichen Natur war, hatte er während seiner Reisen festgestellt, daß viele Leute mit dem Namen Gottes leicht zu beeindrucken waren. Also entschloß er sich, aus dieser Tatsache Kapital zu schlagen und Evangelist zu werden. Er war der geborene Prediger, denn er liebte Publikum und war ein leidenschaftlicher und beeindruckender Redner.
    Zur Unterstützung seines neuen Unternehmens kehrte Phineas nach Hause zurück, um die Schlampe, die er vor ein paar Jahren im Vollrausch geehelicht hatte und die beiden Huren von Töchtern, die angeblich von ihm waren, einzusammeln. Mit dem Geld aus dem Verkauf seiner widerlichen Vorräte an Tinkturen und dergleichen kaufte er etwas gedeckte Farbe, um den grellbunten Medizinwagen zu überstreichen, ein großes, altes Zirkuszelt, das zusammengefaltet auf dem Wagen transportiert werden konnte, und Kleidung, die den ernsten Rollen, die er und seine Familie spielen würden, gerecht wurde. Danach schrubbte er seine Frau und die zwei Töchter gnadenlos in einem Waschzuber ab, frisierte sie, zog sie an und legte ihnen geschickt etwas Puder und Rouge auf, um ihre natürliche Schönheit zu betonen, die er glücklicherweise unter den Schichten verklebter Schminke und Dreck entdeckt hatte. Dann brach er zu seiner

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