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Wildes Blut

Wildes Blut

Titel: Wildes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Brandewyne
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Den Abzug halten und mit der freien Hand wegschlagen, mag ja toll aussehen, aber wenn du keine Erfahrung hast – was du, wie ich betonen möchte, nicht hast –, nützt es überhaupt nichts, wenn du was treffen willst! Außerdem taugt diese Technik nur auf kurze Distanz. Komm mal nachmittags vorbei, dann bring’ ich dir bei, wie man richtig schießt.«
    »Mensch, Slade, ehrlich? Danke!« erwiderte Adam so erfreut über dieses Angebot, daß der Tadel vergessen war.
    Die Sonne ging schon fast unter, als es Slade Maverick schließlich gelang, sich mit Rachel alleine davonzumachen. Er ignorierte ihre halbherzigen Proteste und führte sie zum Abendessen in das berühmte Occidental Hotel, Ecke Second und Main Street, vielleicht das schönste Gebäude in Wichita und sicher das größte und luxuriöseste Hotel in ganz Kansas. Die Firma Millis and Stem hatte es 1873 für 29985 Dollar gebaut. Die ortsansässige Firma Hartell and Longbottom allein verarbeitete 600000 Backsteine, ganz zu schweigen von den viertausend Fuß Steinplatten und 140000 Fuß Balken, die ebenfalls verbaut wurden. Das zweistöckige Hotel war weiß gestrichen, besaß 76 Zimmer und Suiten und beherbergte fünf Läden im Parterre. Das Restaurant war so elegant, daß Rachel der Atem stockte, als sie es sah. Slade wollte doch nicht etwa hier essen? Sie fürchtete, der Preis für eine Mahlzeit würde seine Verhältnisse übersteigen, trotz des Preisgeldes in seiner Tasche. Aber als sie ihre Befürchtungen äußerte, ignorierte Slade sie einfach und schob sie durch die Tür.
    »Ich lade dich ein, Rachel«, sagte er streng, »und damit basta. Nach all den guten Mahlzeiten, die du für mich gekocht hast, hast du zum Dank ein besonderes Essen verdient. So und jetzt bezähme deine ungehorsame Zunge und setz dich in Bewegung!«
    Die großen, ovalen Tische im Speisesaal waren mit makellosem weißem Damast und mit edlem Porzellan und Silber gedeckt. Die Teller waren, wie es damals üblich war, umgedreht, mit gekreuztem Besteck obenauf, und in jedem kristallenen Weinglas steckte eine aufgerollte, gestärkte weiße Stoffserviette. In der Mitte eines jeden Tisches stand eine drehbare Menage mit Essig und Öl und anderen Fläschchen mit Gewürzen, dazu eine Zuckerschale und ein Sahnekännchen und ein Teller, auf dem sich Butterstückchen mit Eissplittern aus dem hiesigen Eishaus türmten.
    Slade zog einen der hölzernen Windsorstühle für sie heraus, und Rachel setze sich vorsichtig und breitete eingeschüchtert ihre Röcke aus, weil sie fürchtete, sich dumm zu benehmen. Hier speiste die Elite von Wichita, und sie hätte nie gedacht, daß sie einmal unter ihnen weilen würde. Der Kellner reichte ihr eine Speisekarte, und sie studierte die Liste köstlicher Suppen, der Fleisch- und Wildgerichte, der Gemüse, der kalten Platten, Kuchen, Gebäck, Puddings, Cremes und Eiscremes. Zu einem einzigen mehrgängigen Menü wurden 16 heiße Soßen serviert. Da sie von der Hälfte der Gerichte noch nie gehört hatte, überließ sie Slade die Bestellung.
    Nachdem sie wunderbar gespeist hatten, tanzten sie Walzer zur Musik der Kapelle. Während sie über den Tanzboden glitten, konnte Rachel kaum an etwas anderes als seine behandschuhte Hand auf ihrem Rücken denken (ein Gentleman durfte während des Tanzes seine Hand nicht nackt auf den Rücken der Dame legen) und daß er sie unziemlich eng an sich drückte. Aber sie genoß es. Sie war jung und verliebt, und er tanzte wunderbar Walzer. Der Champagner, den sie zum Abendessen getrunken hatten, war ihr zu Kopf gestiegen, und sie hätte in seinen Armen immer so weiter tanzen können.
    Aber schließlich verließen sie erhitzt und außer Atem das Occidental Hotel und gingen in westlicher Richtung auf die kühle Abendbrise zu, die ihnen vom Fluß her entgegenwehte. Dort endeckten Rachel und Slade in der Dämmerung ein großes, gestreiftes Zelt am Ufer, das heute morgen noch nicht dagewesen war. Es war so überfüllt, daß sich die Zeltwände bogen, und neugierig beschlossen die beiden hineinzugehen. Und auf diese Weise waren sie dabei, als Prediger Proffitts Versammlung außer Rand und Band geriet.
    Slade wollte gehen, als er sah, daß es sich nur um eine religiöse Versammlung handelte, aber das Zelt war inzwischen so voll, daß Rachel und er sich nicht mehr zum Ausgang durchkämpfen konnten. Außerdem ernteten sie so böse Blicke, weil sie den Gottesdienst störten, daß sie sich auch nicht mehr weiter bemühten. Slade schüttelte

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