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Wildes Blut

Wildes Blut

Titel: Wildes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Brandewyne
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ersten Erweckungsversammlung auf.
    Angespornt von seiner eigenen Rhetorik und der begeisterten Reaktion seiner bunt zusammengewürfelten Gemeinde, donnerte und drohte Phineas, ermahnte und erpreßte er, kasteite und sammelte er. Er sammelte sogar so viel, daß er die göttliche Botschaft hörte – und sie lautete Geld. Von diesem Tag an war Phineas nicht nur ein gläubiger Jünger des allmächtigen Dollars, sondern auch der allmächtigen Religion, die das Geld so freudig und reichlich in seine Sammelteller fließen ließ.
    Jetzt ließ er den Blick über die dichtgedrängte Menge am Ostufer des Arkansas schweifen und wurde von seiner eigenen fanatischen Rede mitgerissen. Sein Kopf mit den langen, wolligen weißen Haaren bebte wie der eines angreifenden Büffels, als er von seiner tragbaren Holzkanzel brüllte, mit durchdringenden blauen Augen, die vom lebenslangen Trinken blutunterlaufen und glasig waren. Er schwitzte so stark in dem heißen Zelt, daß die langen, gezwirbelten Enden seine Schnurrbarts schlaff herunterhingen, und sein Gesicht so feuerrot war, daß Rachel sich besorgt fragte, ob sein Kragen vielleicht zu eng wäre und ihm das Blut in den Kopf triebe. Sie hatte noch nie in ihrem Leben jemanden gesehen, der sich in einem solchen Zustand der Erregung befand, und wenn Prediger Proffitt kein Priester gewesen wäre, hätte sie den Verdacht gehabt, er wäre betrunken. Er schwankte, als wäre er in Trance oder würde jeden Augenblick zusammenbrechen, und sein Singsang leidenschaftlicher Phrasen hätte jeden Texaner mit Neid erfüllt. Eine häßliche blaue Ader pulsierte so heftig an seiner Schläfe, während er wie ein Irrer auf und ab rannte, daß Rachel fürchtete, der Schlag könne ihn treffen. Aber als sie sich umsah, stellte sie fest, daß sie offensichtlich die einzige war, die solche Befürchtungen hatte. Alle anderen starrten ihn an wie hypnotisiert, hingen an seinen Lippen und applaudierten so heftig, daß ein paar selbst schon wie Irre aussahen.
    Ab und zu schien es, als hätten ihn die Gefühle übermannt; dann unterbrach sich Prediger Proffitt und drehte der Versammlung den Rücken zu, angeblich, um sich den Schweiß abzuwischen. In Wirklichkeit nahm er heimlich einen Schluck aus dem Flachmann, den er in seinem übergroßen Taschentuch versteckt hatte – diesen Taschenspielertrick hatte ihm sein guter Vater beigebracht. Auf diese Weise erfrischt, wirbelte er wieder in Richtung Publikum und fuhr mit seiner fanatischen Predigt fort.
    »Brüder und Schwestern«, brüllte er mit Schaum vor dem Mund und schlug heftig mit der Bibel auf das Pult, »ich sage euch, die Bibel lügt nicht, wenn sie sagt – wie in den Galatern – daß ein Mensch, der um die Gunst anderer Menschen buhlt, kein Diener Christi ist. Deshalb suche ich heute abend keine Vorteile hier. Ich will nur das Wort des Herrn verbreiten, der mich als seinen wahren und treuen Diener berufen hat, die armen Sünder dieser Welt zu retten. Höret! Die, die ihr müßig und sündig seid, die wachsen wie die Lilien auf dem Felde, die weder ackern noch spinnen oder schlimmer noch, dem Schnaps, den losen Frauen und ähnlichem Bösen frönen, seid gewarnt: Ihr werdet durch Müßiggang und Sünde nichts erreichen! Laßt euch gesagt sein: Jeder wird ernten, was er gesät hat. Also werdet nie müde, Gutes zu tun, seid immer bemüht, und ihr werdet zu gegebener Zeit eure Ernte einbringen, so wie ich die meine einbringen werde!« Er verstummte, dann zeigte er auf seine Frau und seine beiden Töchter, die neben ihm auf der Bühne standen. »Schwester Jamima und Schwester Oralie werden jetzt mit den Sammeltellern herumgehen«, verkündete er, »und Schwester Tansy Mae wird uns anführen, wenn wir dem Herrn ein Freudenlied singen. Darf ich euch bitten, Brüder und Schwestern, stimmt ein in: ›What a Friend We Have in Jesus‹, denn er ist tatsächlich unser Freund!« Er zeigte mit dramatischer Geste gen Himmel.
    Als Tansy Mae (die irrtümlicherweise glaubte, sie hätte die Stimme einer Nachtigall] anfing zu singen, stimmte das Publikum eifrig mit ein, während Prediger Proffitt alle Anwesenden schreiend ermahnte, tief in die Taschen zu greifen und großzügig zu spenden. Die Versammelten nahmen sich seine Aufforderung offenbar zu Herzen, denn Rachel hörte, wie die Münzen in die beiden Goldwäscherpfannen, die als Sammelteller dienten, klapperten.
    Obwohl sie meinte, daß Prediger Proffitt nicht gerade der geeignete Mann war, das Wort Gottes zu verbreiten,

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