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Wildes Blut

Wildes Blut

Titel: Wildes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Brandewyne
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gemocht.«
    Dann drehte er sich auf dem Absatz um und ging schnell weg, ließ sie weinend zurück.
    Nie zuvor war ihm etwas so schwergefallen.

27. KAPITEL
    Digger Thibeaux hatte sich nicht verändert, er war nur älter geworden und sah noch verlebter aus. In seiner Jugend war er ein gutaussehender, großer Mann gewesen, mit breiten Schultern und schmalen Hüften, mit pechschwarzen Haaren und Augen und heller Haut. Obwohl er kein hartes Leben gehabt hatte, sah er doch so aus. Jeder hätte ihn auf fünfundvierzig geschätzt, anstatt auf fünfunddreißig. Unzählige feine Falten spannten sich um seine bösartigen schwarzen Augen, die blutunterlaufen waren, mit roten Rändern und verschwollen von zu vielen trunkenen Nächten. Seine Haut war teigig, und die tiefen Falten um seinen Mund verliehen ihm etwas Grausames. Digger lachte ohnehin nur selten und wenn, dann nur, wenn er jemanden übertrumpft hatte. Dann jagte einem sein Grinsen Kälteschauer über den Rücken. Er war immer noch gertenschlank, da sein unruhiges Leben und seine Laster dafür sorgten, daß er nicht fett wurde. Aber er hatte etwas Wächsernes, Geisterhaftes an sich, manche behaupteten, er sähe aus wie ein wandelnder Kadaver.
    Sein Körper war zwar noch gesund, aber sein vererbter Wahnsinn wuchs und säte nichts als Haß. Er war der Sproß seiner arroganten französischen Familie, die, um ihr blaues Blut zu erhalten, nur ihre Cousins, die Lamartines geheiratet hatten. Erstaunlicherweise war er gesünder als die meisten seiner Verwandten, von denen einige bereits tot oder im Gefängnis und Anstalten eingeschlossen waren, wo sie auch hingehörten. Digger jedoch war ungeheuer raffiniert und gescheit und brachte es fertig, zumeist nur für einen Exzentriker gehalten zu werden. Das hatte ihn oft vor dem Schicksal seiner Verwandten bewahrt – obwohl er einige Verbrechen begangen hatte, für die man ihn einsperren oder hängen hätte können. Aber er war dem Arm des Gesetzes bis jetzt entgangen.
    Die große Liebe seines Lebens, so hatte er sich selbst eingeredet, war Thérèse Duvalier gewesen. Es stimmte, daß in der Nacht, in der sie starb, irgendeine lebenswichtige Verbindung zwischen seinem Gehirn und der Realität gerissen und er noch wahnsinniger geworden war. In seinen klareren Momenten begriff Digger, daß er sie ermordet, ja kaltblütig erschossen hatte, und diese Erinnerung stürzte ihn jedesmal in tagelange, schwerste Depressionen. Ansonsten schob er die Schuld an ihrem frühen Tod auf Slade Maverick, und während einer dieser immer häufiger werdenden Depressionen war er Adam Keife begegnet und hatte ihm die Herausforderung überreicht.
    Selbst an seinen verrücktesten Tagen wußte Digger genau, was die Spielkarte Herzdrei für ihn bedeutete, denn die Drei war der Anlaß für das Duell gewesen, bei dem Slade die Kugel abgefeuert hatte, die Diggers Hüfte größtenteils zerschmettert hatte. Hinterher konnte Digger nur mit Hilfe eines Stockes gehen, und obwohl er es ganz amüsant fand, mit seinem Degenstock ahnungslose Narren ihrem Schöpfer zu übergeben, vergaß er doch nie, daß die Herzdrei der Grund für sein drittes Bein war.
    Diese tiefe, schwärende Wunde hatte ihn veranlaßt, Slade die zweite Herausforderung zu schicken. Aber jetzt, an diesem späten Augustnachmittag auf der Prärie, Auge in Auge mit dem Revolvermann, hatte er den unbestimmten Verdacht, daß es wohl keine gute Idee gewesen war. Slade war längst kein leichtsinniger Heißsporn mehr, und Digger mußte zu seiner Überraschung feststellen, daß ihm Angstschauer über den Rücken liefen.
    Beide Männer hatten darauf geachtet, daß die Sonne ihnen nicht in die Augen schien, also standen sie mit gespreizten Beinen da und warteten. Aber da hörte die Gemeinsamkeit auch schon auf. Slade war gelassen, unerbittlich, hatte die Daumen in den Gürtel gehakt, während er darauf wartete, daß Digger zog. Digger selbst zuckte und trat von einem Fuß auf den anderen wie ein Opiumraucher, der seine Pfeife braucht, und jeder Zuschauer wäre überzeugt gewesen, daß er viel zu nervös war, um gut zu zielen. Aber Slade kannte Digger schon sein ganzes Leben, und deshalb war er nicht so dumm, diesen Fehler zu begehen, der schon einige vor ihm unter die Erde gebracht hatte.
    Kein Wunder, daß Adam Thibeaux anfänglich für einen Stutzer gehalten hatte, dachte Slade, sein ausgefallener Geschmack in Kleidung hatte sich nicht geändert. Er trug sogar einen seidenen Bowler. Aber sein Revolver der

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