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Wildes Blut

Wildes Blut

Titel: Wildes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Brandewyne
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Marke Smith & Wesson American war alles andere als komisch. Er trug ihn ziemlich hoch, leicht links, mit dem Griff nach außen. Es war eine merkwürdige Art, eine Waffe zu tragen, aber Slade hatte die Technik schon öfter gesehen und wußte, daß die, die sie bevorzugten, gefährlich waren. Er ließ Digger keine Sekunde aus den Augen.
    Die gleißende Augustsonne, die auf den Tornado gefolgt war, brannte jetzt gnadenlos auf die Prärie und überzog die Gesichter beider Männer mit Schweiß. Die Hitze stieg in flirrenden Wellen vom Land auf und verwischte die Konturen der beiden einsamen Männer. Ihre Gestalten verschwammen in ihren Augen, und in diesem Augenblick fielen die Jahre ab, als liefe das Rad der Zeit plötzlich rückwärts und versetze sie zehn Jahre zurück.
    Mondlicht strömte durch die Zweige der Ulmen und sprenkelte die berüchtigte Wiese mit Silberflecken, und Fetzen von Moos tanzten im Wind. Zwei Männer standen auf der Lichtung. Eine Frau in einem weißen Kleid wartete in einer Kutsche unter den Bäumen. Kein Laut war zu hören, außer dem Rascheln der Blätter und dem leisen Plätschern des Mississippi irgendwo in der Ferne. Die Luft knisterte vor Spannung. Plötzlich konnte die Frau es nicht länger ertragen. Sie schrie auf, sprang aus der Kutsche und rannte über die Wiese. Eine Duellpistole flammte auf. Die Frau stolperte und fiel, Blut färbte ihr weißes Kleid scharlachrot, spritzte rote Punkte auf den Gardenienzweig, den sie in ihr langes schwarzes Haar gesteckt hatte. Thérèse! Thérèse! Der Mann, der gefeuert hatte, lachte, seine Zähne blitzten weiß im Mondlicht, und das gräßliche, höhnische Geräusch dröhnte über die Wiese …
    Das irrsinnige Lachen hallte über die Prärie und dröhnte wie eine Totenglocke in Slades Ohren. Digger fing plötzlich an, Beleidigungen auszustoßen, um ihn zu reizen und nervös zu machen. Er brüllte gräßliche Anschuldigungen gegen Thérèse Duvalier, prahlte mit seinen grausamen Verbrechen, beschrieb alles bis ins letzte geschmacklose Detail. Slade drehte sich der Magen, und ihm wurde so übel wie in jener Nacht unter den Ulmen.
    Seine Hände zitterten, sein Bauch rebellierte, seine Knie gaben nach. Wenn er doch nur nicht soviel in der Spielhölle getrunken hätte. Er würde sich gleich übergeben müssen. Diggers dunkle Visage verschwamm vor seinen Augen, aber das Bild klärte sich wieder, als er den Schweiß vom Gesicht wischte. Dahinter, in den Schatten, stand Thérèse mit leichenblaßem Gesicht vor lauter Angst um ihn. Sie glaubte, er würde sterben, Digger würde ihn töten. Er würgte bei dem Gedanken. Er hatte im Krieg Männer sterben sehen, zerfetzt von Kugeln, ihr Blut rote Rinnsale auf dem Boden. Er war jung. Er hatte Angst. Er wollte nicht sterben. Er wartete darauf, daß Digger abdrückte …
    Thibeaux lachte weiter, überhäufte ihn mit Beschimpfungen wie ein Irrer. Jetzt wurde Slade klar, daß Digger wahnsinnig war, nicht mehr verantwortlich war für das, was er tat – aber das machte ihn nicht weniger gefährlich, im Gegenteil. Er wurde steckbrieflich gesucht, tot oder lebendig, wegen mehrerer Verbrechen, und zwar in mindestens fünf Staaten. Auf seinen Kopf war ein Preis von tausend Dollar ausgesetzt – so stand es zumindest auf dem Steckbrief an Marshal Meaghers Büro. Mit tausend Dollar konnte man eine Menge Vieh kaufen, dachte Slade – und haßte sich dann für diesen Gedanken. Digger war wahnsinnig. Er gehörte in eine Anstalt, wo man ihn behandeln konnte. Slade hätte eigentlich Mitleid mit ihm haben und dafür sorgen sollen, daß er das bekam, was er brauchte. Sie waren einmal Freunde gewesen – vor langer Zeit. Aber woran dachte Digger wohl jetzt, wenn er so verächtlich grinste?
    Er würde Thérèse töten. Dazu entschied er sich ganz spontan, als er sie mit ihrem weißen Kleid, das wie Mottenflügel flatterte, die der Flamme zu nahe gekommen waren, über die Wiese laufen sah. Sie verdiente es zu sterben, und Slade, der einst sein Freund gewesen war, verdiente es zu leben und den Schmerz über ihren Verlust ertragen zu müssen, so wie er, Digger, ihn ertragen hatte. Er zielte mit seiner Duellpistole, spannte und drückte ab. Thérèse brach in einem Teich von Blut zusammen. Es strömte aus ihr wie ein Fluß, und das Leben verebbte. Bald würde sie im Grab liegen. Hatte er nicht deshalb den Namen »Digger«? Ein makabrer Witz. Er lachte.
    Immer noch lachend, öffnete Thibeaux den Mund und höhnte: »Wie ich höre, hast du

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