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Wildes Blut

Wildes Blut

Titel: Wildes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Brandewyne
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leid, Eve. Dein Vater ist in der Stadt … ge … geschäftlich … und wird heute nacht wahrscheinlich nicht zurückkommen. Deswegen sind Poke und ich hier. Wir werden euch alle mit zu uns nach Hause nehmen. Also beeilt euch und sammelt eure Sachen ein! Wir dürfen keine Zeit verlieren.«
    Noch während Rachel redete, sammelte sie bereits ein, was die Kinder, insbesondere das Baby Tobias, brauchen würden – Anziehsachen, Windeln, Kämme, Zahnbürsten und so weiter –, und warf die Sachen in den großen Weidenkorb, den India immer für die Wäsche benutzt hatte. Rachel wollte so schnell wie möglich weg aus dem Haus der Beechams, wo die Erinnerungen an ihre tote Freundin sie verfolgten und der Gedanke an Jonathan sie mit neuem Zorn packte.
    An den sprechenden Blicken, die die ältesten Kinder – Eve, Gideon, Caleb und Susannah tauschten, wußte sie, daß sie ihre Geschichte, Jonathan wäre geschäftlich in der Stadt, nicht glaubten und ahnten, daß ihr Vater statt dessen in Delano beim Saufen und Huren war. Trotzdem kam kein Wort des Vorwurfs über ihre Lippen, als sie ihre wenigen Habseligkeiten einsammelten.
    Insgeheim waren die Kinder erleichtert, daß ihr Vater nicht nach Hause kommen würde. Sie hofften, er würde nie wieder nach Hause kommen, weil sie sich vor ihm fürchteten. Er war gewalttätig, wenn er trank, schrie sie an und schlug sie oft ohne ersichtlichen Grund. Sie hatten das Gefühl, daß sie irgendwie für all seine vielen Probleme verantwortlich waren, und dachten, er wäre glücklicher ohne sie – genauso, wie sie schmerzlicherweise zugeben mußten, wie sie glücklicher und zufriedener ohne ihn waren. Manchmal ergab es sich im Leben eben so, gleichgültig, wie sehr man jemanden liebte, das hatte ihre Mutter ihnen zumindest immer gesagt.
    Nachdem Rachel und die Kinder fertig gepackt und sorgfältig die Lichter und das Feuer im Herd gelöscht hatten, lief Poke zur Scheune, um Jonathans Zugpferde vor den Wagen der Beechams zu spannen. Der Knecht band sein Muli, Rachels Stute und die Milchkuh hinten am Wagen fest. Dann suchte er in der Scheune, bis er eine alte Plane fand, die er in den Wagen warf. Sie sollte helfen, die Kinder vor dem Regen zu schützen.
    Er hielt an der Scheunentür Ausschau nach Rachels Signal, und sobald sie mit der Laterne in der Hand erschien, stieg er auf den Kutschbock und fuhr zum Haus. Rachel hielt das Baby, Gideon schleppte den Korb. Sie und die Kinder stiegen auf den Wagen und zogen die Plane über sich. Sobald es sich alle bequem gemacht hatten, ließ Poke die Ochsenpeitsche über den Köpfen der Pferde knallen. Mit einem Ruck stürzten sich die Zugpferde in den Sturm; hin und wieder blitzten aus der elektrisch geladenen Atmosphäre Irrlichter zwischen ihren Ohren auf und veranstalteten ein unheimliches, bläuliches Leuchtfeuer in der Nacht.
     
    Im ersten Stock des Silver Slipper stand der Vagabund an der Schwelle zu Emmalous schäbigem Zimmer und sah sich das klaffende Loch an, das Rachels Flinte in die Wand gerissen hatte, sowie das gesplitterte Glas und das Holz, das den Boden übersäte, und dann etwas genauer und voller Verachtung den verschlampten Mann, der betrunken auf dem schmutzigen schmiedeeisernen Bett vor sich hinschnarchte. Dann ging der einsame Wanderer zum Waschtisch, goß das Wasser aus dem Porzellankrug in die danebenstehende Schüssel und schüttete es dem laut schnarchenden Mann über den Kopf.
    Spuckend, verwirrt und wütend, Wasser in alle Richtungen schleudernd, sprang Jonathan Beecham aus dem Bett wie ein erschrockenes Huhn aus dem Hühnerhaus.
    »Was, zum Teufel …«, zischte er und verstummte abrupt, als ihn eine grobe Hand am Hemd packte, so daß er plötzlich von Angesicht zu Angesicht einem entschieden bedrohlich wirkenden Individuum gegenüberstand.
    »Bist du Jonathan Beecham?« fragte der Mann mit zusammengekniffenen Lippen. Nur sein rauchender Zigarillo trennte ihn vom stoppeligen Gesicht des anderen Mannes.
    »Wer – wer will das wissen?« stotterte Jonathan, denn ihm wurde schmerzlich bewußt, daß er nicht nur unbewaffnet war, sondern auch hosenlos – sehr schlechte Karten für einen Mann, der einem offensichtlich sehr zornigen und sehr geübten Revolvermann gegenüberstand.
    »Slade Maverick«, knurrte der Mann. »Sagt dir der Name etwas?«
    »Ne-n-nein«, stotterte Jonathan ängstlich, denn wie die meisten Schläger war er im Grunde seines Herzens ein Feigling, und der einsfünfundachtzig große Mann, der ihn gepackt hatte,

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