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Wildes Blut

Wildes Blut

Titel: Wildes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Brandewyne
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mit dem Gesicht im Schlamm liegenblieb.
    »Allmächtiger!« plärrte Emmalou, lief zu der Öffnung und lugte vorsichtig hinaus. »Sie ham ihn umgebracht!«
    »Geschieht dem Abschaum recht«, keuchte Slade und hielt reumütig sein schmerzendes rechtes Handgelenk, als ihm plötzlich klar wurde, daß ihm die Schlinge des Henkers drohen konnte.
    Er spielte kurz mit dem Gedanken zu fliehen. Aber selbst wenn es ihm gelungen wäre, sich den kräftigen Armen seiner Häscher zu entwinden (die gerade dabei waren, ihn zu entwaffnen), hätte ihn der Gedanke an Indias Kinder, ganz zu schweigen von der unangenehmen Aussicht, sein Gesicht auf Steckbriefen in den gesamten Vereinigten Staaten zu sehen, daran gehindert zu fliehen. Irgendwie mußte er diesen Schlamassel in Ordnung bringen, ehe die Sache zu weit ging. Schließlich und endlich war das ja nicht seine erste Verhaftung und wahrscheinlich auch nicht seine letzte.
    Mit dem fluchenden Verne Lundy, der ihnen auf Schritt und Tritt folgte, hatte Marshal Meagher Slade jetzt Handschellen angelegt und ihn nach draußen gebracht. Dort entdeckten sie, daß der verprügelte Jonathan noch am Leben war und abgesehen von den Blessuren aus dem Kampf und einem verstauchten Knöchel von seinem Sturz praktisch unverletzt war.
    »Ein Wunder, daß er sich seinen dummen Hals nicht gebrochen hat. Aber wahrscheinlich war er so besoffen, daß er gar nicht gemerkt hat, was ihm passiert«, bemerkte der Marshal giftig. »Ein Glück für dich, Fremder, sonst gäb’s bald eine Krawattenparty zu deinen Ehren. Also wirst du wohl nichts dagegen haben, fünfzig Dollar Strafe wegen Körperverletzung zu zahlen und ein paar Tage im Knast zu verbringen.«
    »Wohl kaum«, bemerkte Slade trocken.
    »Gut«, sagte der Marshal. Dann nickte er einem der Hilfssheriffs zu, die zur Verstärkung eingetroffen waren. »Earp, bring’ den da auch mit.« Er zeigte auf Beechams zusammengesunkene Gestalt. »Der wird auch bestraft und eingesperrt – wegen Trunkenheit und ungebührlichen Verhaltens.«
    Und deshalb also verbrachte Slade Maverick seine erste Nacht in Wichita in einer winzigen Zelle, die direkt neben der seines verachteten Schwagers Jonathan Beecham lag. Slade lehnte es ab, mit dem jetzt stocknüchternen und sich widerlich anbiedernden Mann zu reden, und aß seine kalten, matschigen und sehr unappetitlichen Bohnen von einem Blechteller. Dann streckte er sich auf der harten Holzpritsche mit der klumpigen Matratze aus und hoffte inständig, schlafen zu können. Doch er lag Stunde um Stunde wach, lauschte dem Heulen des Windes draußen und dem Prasseln des Regens auf dem Wellblechdach des Gefängnisses. In tiefer Trauer um India ertrug er stumm seinen Schmerz, allein mit seinen Gedanken.
    Es war die längste Nacht seines Lebens.

6. KAPITEL
    Rachel konnte nicht begreifen, warum Marshal Meagher noch nicht auf der Farm aufgetaucht war, um sie zu verhaften. Sie war überzeugt gewesen, er würde kommen, genau wie ihr Großvater – obwohl Fremont Haggerty gestern abend, nachdem er Pokes Bericht über Rachels Eskapaden in der Stadt gehört hatte, gelacht hatte, bis ihm die Tränen übers Gesicht liefen und so fest mit den Füßen auf den Boden gestampft hatte, daß er sich fast sein Holzbein gebrochen hätte. Selbst die älteren Beecham-Kinder hatten ihre Sorgen bei der Geschichte vergessen und fürchterlich gekichert, voller Erstaunen und Bewunderung für Rachels haarsträubenden Versuch, ihren Vater nach Hause zu holen.
    »Heiliger Strohsack!« hatte Gideon gerufen. »Ich wette, Pa war reif fürs Irrenhaus!«
    »Gideon«, hatte Poke gekichert und sich die Tränen abgewischt, »dein Daddy hat so vor Wut gekocht, daß man ein Ei auf ihm hätte braten können! So böse hab’ ich ihn noch nie gesehn!«
    Lediglich die Aussicht auf Rachels drohende Verhaftung hatte sie alle wieder ernüchtert. Aber zu ihrer großen Überraschung tauchten weder der Marshal noch seine Gehilfen auf der Farm auf, um Rachel ins Gefängnis abzuführen. Natürlich war es möglich, daß der Sturm die Gesetzesmänner abgehalten hatte, aber das erklärte immer noch nicht, warum heute morgen keiner gekommen war. Jetzt war der Himmel, wenn auch grau, so klar, wie er im Winter nur sein konnte. Sogar die Sonne versuchte sich durchzukämpfen, so daß der halbgefrorene Schnee wie Zucker funkelte.
    Rachel schüttelte ungläubig den Kopf, als sie auf den leeren Horizont schaute, und ging weiter zur Scheune. Vielleicht hatte der verrufene Verne Lundy

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