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Wildes Blut

Wildes Blut

Titel: Wildes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Brandewyne
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war, sondern obendrein noch total verdreckt. Rachel, die für alle Trauergäste kochte, die nach der Beerdigung zum Haus trabten, um dort eine kostenlose Mahlzeit zu ergattern. Rachel, die dafür sorgte, daß die acht Kinder gewaschen, gekämmt und sauber angezogen waren und sie dann zum Grab führte, damit sie ihre Mutter anständig unter die Erde brachten. Rachel, die dem Priester die Hand schüttelte und dafür sorgte, daß er sein Geld bekam, weil Jonathan zu betrunken war, um sich selbst darum zu kümmern. Rachel, wie sie das Geschirr abkratzte, wusch und abtrocknete. Rachel, wie sie das Baby fütterte und die Kinder ins Bett steckte. Rachel, wie sie in ihrem Wagen nach Hause fuhr, lange nach Einbruch der Dunkelheit im bitterkalten Winterwind.
    Das war kein freier Tag – zumindest nicht nach Slades Vorstellung. Er sagte kurzentschlossen: »Ich muß morgen nach Wichita, Vorräte einkaufen. Wie wär’s, wenn du mitkommst? Zum Einkaufen oder was Frauen sonst so in der Stadt machen?«
    Rachel sah ihn einen Augenblick lang an und fragte sich, was ihn wohl dazu bewegt hatte, sie einzuladen. Er hatte bis jetzt noch nie angeboten, sie mit nach Wichita zu nehmen, immer nur gefragt, ob sie etwas aus der Stadt brauche. Also wußte sie nicht, was sie sagen sollte, und ob sie ihn nun begleiten sollte oder nicht.
    Seit seiner Ankunft hatte er ihr ruhiges, geordnetes Leben auf den Kopf gestellt, ihre Werte zum Gespött gemacht und, was noch schlimmer war, sie an sich selbst zweifeln lassen, sie verwirrt, wo sie doch zuvor immer einen so klaren Verstand gehabt hatte. Seine unziemlichen Annäherungsversuche hatten seltsame Gefühle und Sehnsüchte in ihr erweckt, als wäre es ihm gelungen, eine Tür in ihrem Inneren zu öffnen und dadurch dunkle, primitive Begierden freizusetzen, von deren Existenz sie nichts geahnt hatte. Ihre heftige, wollüstige Reaktion auf ihn hatte sie beschämt und erschreckt.
    Sogar jetzt fand Rachel seine Nähe, seine unverbrämte Maskulinität sehr beunruhigend. Sie war sich der Durchsichtigkeit ihres Nachthemdes schmerzlich bewußt und zog den Mantel enger um sich, als könne sie das vor ihm schützen. Aber er machte keinerlei Anstalten, sie zu umarmen, sondern stand einfach schweigend da und wartete auf ihre Antwort. Schließlich sagte sie. »Ich – ich würde gerne morgen mit dir in die Stadt fahren, Slade.«
    Dann errötete sie und biß sich auf die Lippe, denn das hatte sie nicht sagen wollen. Sie hatte eigentlich nein sagen wollen, auch wenn das unhöflich und kleinlich von ihr war, besonders da er heute nacht so nett zu ihr gewesen war, ganz anders als sonst.
    »Gut. Dann bis morgen früh«, sagte Slade. »Gute Nacht, Rachel.«
    »Gute Nacht.«
    Während Slade die Pferde in die Scheune führte, ging Rachel langsam zurück zum Blockhaus und fragte sich etwas enttäuscht und traurig, warum er sie nicht geküßt hatte, anstatt ihr nur gute Nacht zu wünschen. Vielleicht war er des Spieles, das er mit ihr gespielt hatte, müde. Er war schließlich ein Mann von Welt und sie nur ein Farmersmädchen aus Kansas. Es war albern zu glauben, er könne sich für sie auch nur im geringsten interessieren. Für ihn war sie nur eine vorübergehende Unterhaltung, ohne jede Ahnung, wie man einen Mann zufriedenstellt. Zweifellos hatte er sich über ihre Unerfahrenheit amüsiert, als er sie geküßt hatte, und sie bemitleidet, als sie ihm gedankenlos von ihren absurden Hoffnungen für die Zukunft erzählt hatte. Letzteres hatte ihn wahrscheinlich zu dieser Freundlichkeit angeregt. Sie tat ihm leid.
    Rachel war beschämt und, was noch schmerzlicher war, zutiefst enttäuscht. Wie hatte sie nur so dumm sein können? Sie wußte es nicht. Sie verstand sich selbst nicht mehr.
    Es dauerte lange, bis sie endlich einschlief.

14. KAPITEL
    Abgesehen von ein paar Stellen, die vor der Sonne geschützt waren, war der ganze Schnee geschmolzen. Grüne Schößlinge des Frühlings sprossen aus der dunklen, fetten Erde und wogten wie Wellen im wilden Wind, der über die Ebene tobte. Es gab ein altes Sprichwort in Kansas, das besagte, der März käme wie ein Löwe nach Kansas und verließ es wie ein Lamm, und in den meisten Jahren traf dies auch zu. Der Wind von Kansas war dafür bekannt, daß er die Einwohner der Prärie, besonders einsame Frauen, zum Wahnsinn und zum Selbstmord trieb. Er blies ohne Unterlaß und schien launenhaft wie ein Mensch. Er flüsterte, er stöhnte, er sang und er heulte. Manchmal blies er so heftig, daß

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