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Wildes Blut

Wildes Blut

Titel: Wildes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Brandewyne
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viel schöner als die alte, mit einer gotischen Tür und bunten Glasfenstern. Sie stand auf einer Wiese mit Bäumen.
    Rachel genoß die Messe. Erst hinterher wünschte sie, sie wäre nicht gekommen, denn der Pfarrer und eine der hiesigen Schullehrerinnen sprachen sie an und erinnerten sie streng noch einmal daran, daß die Beecham-Kinder – mit Ausnahme von Andrew, Naomi und Tobias, die noch zu jung waren – in die Schule gehörten. Rachel machte sich zwar häufig Sorgen um ihre Erziehung, aber sie wollte die Kinder nicht in die Schule schicken. Die Schulen Wichitas waren in fürchterlichem Zustand, schmutzig, schlecht geheizt und nicht einmal mit dem Notwendigsten wie Bücher, Tafeln und Landkarten ausgestattet. Einige waren tatsächlich in Saloons oder Bordellen untergebracht! Die Lehrer wechselten dank der furchtbaren Arbeitsbedingungen und des niedrigen Gehalts häufiger als die Jahreszeiten. Eine Schande, dachte Rachel. Aber immer wieder stimmten Wichitas sparsame Geschäftsleute gegen ein neues Schulgesetz, weil sie Angst hatten, daß höhere Steuern die Investoren abschrecken und das Wachstum der Stadt behindern könnten.
    Und die Kirchen hatten bei der Verbesserung der Schulen genausowenig Erfolg wie beim Kampf gegen die Laster und die Korruption in Delano. Aber jetzt, nachdem bereits drei Monate seit Indias Tod vergangen waren und die Tage wärmer wurden, wußte sie nicht mehr, wie sie die weitere Abwesenheit der Kinder erklären sollte.
    »Ich werde mit ihrem Onkel darüber reden«, versprach sie dem Pfarrer und Miss Corbett, der Lehrerin, die trotz aller widrigen Umstände ihre Arbeit sehr ernst nahm und deshalb besonders hartnäckig war.
    An diesem Abend hielt Rachel ihr Wort und brachte das Thema vor Slade zur Sprache und erklärte ihm, warum sie die Kinder bis jetzt nicht zur Schulde geschickt hatte.
    »India hat sie bis zu ihrem Tod zu Hause unterrichtet. Ich könnte das auch – abends zumindest. Mein Vater war Lehrer in Pennsylvania, weißt du.«
    »Ja, ich weiß«, erwiderte Slade. »Aber du hast ohnehin schon genug zu tun, besonders jetzt zur Saatzeit. Fremont und Poke haben mir schon erzählt, wie hart du jeden Frühling auf den Feldern arbeitest. Ich werde dir natürlich helfen, so gut ich kann, aber trotzdem wirst du abends erschöpft sein.« Er musterte sie besorgt, denn sie sah selbst jetzt sehr mitgenommen aus. Der kleine Tobias hatte eine unruhige Nacht gehabt, und deshalb hatte sie kaum geschlafen. Sie hatte dunkle Ringe unter den Augen, und ihr Rücken war gebeugt. »Du kannst dir nicht so viele Belastungen aufhalsen, Rachel«, tadelte er sie besorgt.
    Sie quälte sich ein Lächeln ab.
    »So darfst du nicht reden«, sagte sie. »Ich hab’ doch nicht den ganzen Tag Stacheldrahtzäune gebaut. Aber ich danke dir dafür. Das hättest du wirklich nicht zu tun brauchen.«
    »Ich weiß – und glaub ja nicht, daß ich mir nicht früher oder später die Bezahlung dafür hole«, neckte er sie und sah betont auf ihren Mund. Sie errötete und schlug die Augen nieder. »Er wird im Lauf der Woche fertig. Dann werden wir ja sehen, ob dieser Bösewicht Rye Crippen es noch mal wagt, dir ein Rind zu stehlen!« Slade hielt kurz inne und fuhr dann fort.
    »Was die Schule für die Kinder angeht, ich werde mich darum kümmern, wenn ich das nächste Mal in der Stadt bin. Vielleicht finde ich eine Schule, die wenigstens halbwegs anständig ist. Offen gesagt, ich hab’ mich schon gefragt, was ich mit den Kindern machen soll, wenn sie in ihrem neuen Zuhause eingezogen sind. Ich muß auch Beechams Felder pflügen und bepflanzen und ehrlich gesagt, macht mir die Vorstellung etwas Sorge, ihn im Auge behalten zu müssen und acht Rabauken dazu, von denen eins eine neunmalkluge Zweijährige und eins ein Baby ist. Manchmal frage ich mich, wie du das schaffst, Rachel.«
    Sie lachte herzlich, eigentlich das erste Mal, und Slade mußte feststellen, daß es ihm gefiel.
    »Ich hab’ wohl einfach den Dreh raus«, sagte sie.
    »Anscheinend ja.« Er stand auf und streckte seinen langen, muskulösen Körper wie eine Raubkatze. »Ich bin müde. Ich glaub’, ich geh’ heute früh zu Bett. Gute Nacht, Rachel.«
    »Gute Nacht, Slade«, erwiderte sie leise, und ihr Herz zog sich zusammen bei dem Gedanken, daß das neue Haus der Beechams bald fertig sein würde und Slade Maverick ihr schließlich die Kinder wegnehmen würde. Es war unvermeidlich.
    Wenn der Tag kam, würde Rachels Leben sehr einsam und leer sein, das wußte sie.

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