Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wildes Blut

Wildes Blut

Titel: Wildes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Brandewyne
Vom Netzwerk:
er, wie schwer sie es hatte, ohne Eltern und ohne einen Menschen auf dieser Welt, außer ihrem Großvater und Poke, der sich um sie kümmerte. Kein Wunder, daß sie heimatlose Wesen aufnahm – streunende Kinder, streunende Tiere und einen streunenden Revolvermann, dachte er. Sie kannte so wenig Liebe, daß sie ihre eigene waggonweise verschenkte, um das wettzumachen. Sie hatte nicht zugelassen, daß Einsamkeit und Trauer sie verschlossen machten – wie es Slade ergangen war.
    »Wer, bitte, ist dieser Rye Crippen überhaupt?« fragte er.
    »Ein echter Taugenichts aus der Stadt. Er lungert die meiste Zeit in Delano herum und trinkt und spielt. Ich vermute, er ist Falschspieler, ein kleiner Betrüger, und manchmal stiehlt er Vieh. Ich hab’ ihn mal auf der Weide gesehen, mit einem Brandeisen im Stiefel, ganz unverschämt. Ich hab’ ihm gesagt, daß man ihn für den Besitz allein schon aufhängen könnte, und er hat ein paar widerliche Drohungen ausgestoßen und ist weggeritten. Ich hab’s natürlich Marshal Meagher erzählt, aber so dumm war Rye natürlich nicht, daß er mit dem Eisen im Stiefel durch Wichita geritten wäre. Seither verschwindet mein Vieh, eins nach dem anderen. Ich glaube, er nimmt sie bloß aus Bosheit mit.«
    »Das ist aber wirklich mies – einer Frau die Rinder nur aus Rache zu stehlen. Trotzdem, Rachel, wenn der Schuft wirklich hier ist, jetzt ist er jedenfalls weg. Ich seh’ nur Rinder. Aber schaun wir uns zur Sicherheit noch mal um, ja?«
    Sie stiegen auf ihre Pferde und ritten an den Rindern vorbei, die inzwischen friedlich schliefen oder zufrieden wiederkäuten. Rachel zählte sie schnell und fing an zu fluchen.
    »Ich hab’s gewußt! Ich hab’s einfach gewußt! Butterbean ist weg!«
    »Butterbean?« Slade zog eine Augenbraue hoch, und sein Mund zuckte vor Vergnügen. »Rachel, du willst mir doch nicht etwa sagen, daß du für diese traurigen Kreaturen auch noch Namen hast.«
    »Natürlich hab’ ich die.«
    »Und was, darf ich fragen, ist das für ein niedliches kleines Brandzeichen auf ihrer linken Flanke? Nein, sag’s mir nicht. Gott, sowas kann sich nur eine Frau ausdenken! Ein Herz! Was hat denn bloß der Beamte gesagt, als er das ins Brandzeichenbuch eingetragen hat, Rachel?«
    »Das hier ist das Heartland, und eines Tages wird genau das Land, auf dem du jetzt stehst, Heartland Ranch heißen, und das Herzbrandzeichen wird im ganzen Land bekannt sein. Deswegen kann ich es nicht zulassen, daß Rye Crippen sich mit meinen Rindern davonmacht! Sie sind meine Zukunft- wovon ich seit ewigen Zeiten träume.« Rachel verstummte, denn mit einemmal wurde ihr bewußt, daß sie dem Revolvermann ihre geheimsten Wünsche offenbarte, Träume, die sie noch nicht einmal Großvater oder India anvertraut hatte. Einen Augenblick später sagte sie leise: »Du hältst mich wahrscheinlich für ein albernes Mädchen, weil ich mir das alles wünsche und mir doch genausogut den Mond wünschen könnte.«
    »Nein, das stimmt nicht. Ich finde, du bist eine sehr tapfere und schöne Frau«, sagte er, und es war kein Spott in seiner Stimme.
    Rachel wußte nicht, was sie darauf sagen sollte. Keiner hatte ihr je zuvor gesagt, sie wäre tapfer und schön, und sie konnte nicht glauben, daß Slade Maverick das ernst gemeint hatte – auch wenn er jetzt nicht grinste wie ein Wiesel. Er nahm sie sicher wieder auf die Schippe. Am besten war wohl, wenn sie seine Worte einfach schnell wieder vergaß.
    Nachdem sie festgestellt hatten, daß Rye Crippen heute abend nicht zu fangen war, ritten sie in Gedanken versunken zurück zum Blockhaus. Am Scheunentor sagte Slade, er wolle sich um Rachels Stute kümmern, damit sie hineingehen und noch ein bißchen schlafen könne. Sie war müde, fand er. Sie arbeitete zu hart. Trotzdem würde sie wieder im Morgengrauen aufstehen, um ihre frühmorgendlichen Aufgaben zu erledigen, ehe sie mit dem Frühstück anfing. Sie hatte keinen faulen Knochen im Leib.
    »Rachel?« fragte er neugierig. »Wie lange ist es her, seit du einen freien Tag gehabt hast? Und damit meine ich nicht die Sonntage. Acht Kinder in die Kirche fahren, ist nicht meine Vorstellung von einem freien Tag.«
    »Dann weiß ich es nicht. Am Tag von Indias Beerdigung?«
    Slade konnte sich das genau vorstellen: Rachel, die versuchte, das unwirtliche Haus der Beechams von oben bis unten in Ordnung zu bringen, damit India sich nicht schämen mußte und man über sie klatschte, weil das Haus nicht nur kurz vor dem Einstürzen

Weitere Kostenlose Bücher