Wildes Erwachen
als mögliches Versteck nannte. Er blieb zunächst stumm. Kral glaubte schon, die Verbindung nach drüben sei gestört.
Seine Frage: »Bist du noch dran?« wurde mit einem zögerlichen »Scha!« beantwortet. Ein energisches Räuspern kündigte allerdings an, dass der Kapitän jetzt Dampf ablassen würde:
»Verdammte Unzucht! Typisch für die Schlamperei bei uns: Da gibt es eine Wirtschaftspolizei, eine Fremdenpolizei, die Spezialtruppe für organisiertes Verbrechen und schließlich die normale Kriminalpolizei, wo eigentlich alle Fäden zusammenlaufen sollten. Aber wie schaut’s aus? Jeder kocht sein eigenes Süppchen! Nur keine Informationen weitergeben! Die anderen könnten ja die Lorbeeren ernten! Die Sache mit der Tosta hätte ich schon lange auf dem Schreibtisch haben müssen! Das hat ein Nachspiel, das sage ich dir!«
»Und was gedenkst du nun zu unternehmen?«, wollte Kral wissen.
Brückner überlegte, dann entwickelte er seinen Plan: »Also, ich kläre das mal mit Lukaš ab. Wir müssen zunächst die Tosta unter die Lupe nehmen. Wenn die Burschen dort noch einen Standort haben und sich vielleicht sogar Svetlana und andere Frauen dort aufhalten, lassen wir den Laden hochgehen. Davon gehe ich jetzt mal aus. Ich denke doch, dass wir dann genug Material in der Hand haben, um diesen Hurensöhnen das Handwerk zu legen.« Jetzt lachte er: »Übrigens, ich treffe mich gleich mit einer Dame, die hat mir angedeutet, dass sie auch fündig geworden sein könnte. Rate mal, wer das sein könnte?«
»Schwer zu sagen! Ich kenn’ doch kaum noch jemanden von eurer Truppe!«
»Doch, kennst du! Kommst du aber nicht drauf!«
»Dann lass es schon raus!«
»Die Aneta, hättest du nicht gedacht, he? Die ist inzwischen Oberleutnant.«
»Sag das nicht, Josef, dein ›Moila‹ ist immer wieder für Überraschungen gut, das hat sie damals in Eger immer wieder aufs Neue bewiesen.«
Mit der jungen Polizistin war Kral in Eger öfter zu einem Team zusammengespannt worden, weil die Schwangere und der Deutsche sich in Gefahrensituationen, O-Ton Aneta Kučerová, »ganz hinten an der Front« aufzuhalten hatten. Zunächst hatte sie ihn mit ihrer direkten Art genervt, aber schließlich wurde ihm die selbstbewusste und intelligente Frau immer sympathischer, weil sie auf die Vorurteile pfiff, die das Nebeneinander von Deutschen und Tschechen erschwerten.
»Mit ihren Razzien haben die sich ganz schön blamiert. Die Svetlana war einfach weg.« Dann präsentierte er sich in der Rolle des Naiven, die er so oder so ähnlich der Polizei angeboten hatte: »Jede der Damen kann machen, was sie will, reisen, wohin sie will, und jede kann ihren ›Arbeitsvertrag‹«, das Wort hob er besonders hervor, »kündigen, wann sie will.« Die begleitenden Gesten schienen sogar seinen Chef zu erheitern. »Und von unseren Pferdchen haben die auch nichts rausgekriegt. Mitgenommen haben sie eigentlich nur die Abrechnungen. Alles absolut clean!«
Michail nickte zufrieden, schob dann aber gleich eine Frage nach: »Und, Igor, wie weit bist du gekommen mit dieser Svetlana?«
»Chef, du kannst mir glauben, die hab’ ich nach allen Regeln der Kunst bearbeitet. Ganz schön harter Brocken, aber am Ende hat die gesungen wie ein Zeisig.«
»Und?«
»Deckt sich so ziemlich mit dem, was mir dieser Deutsche erzählt hat. Der alte Knacker, den er da mitgebracht hat, heißt Kral und ist wirklich Lehrer in Selb. Und jetzt ist mir auch klar, warum sich der für unsere Alena interessiert hat. Pass auf! Ihr damaliger Freier, dieser Bauerntrottel, hat sie sich geschnappt und nach Deutschland gebracht. Haben wir ja vermutet. In Selb ist sie dann bei diesen Tussis gelandet, die sich um die Schlampen kümmern, die eins vor die Fresse bekommen haben. Frauenhaus oder wie die das nennen. Da hat sie jetzt aber wieder jemand rausgeholt. Wer? Wohin? – Fehlanzeige. Und jetzt kommt’s: Die Frau von dem Lehrer gehört zu dieser Schlampenhalle.«
»Klingt gut. Und über unseren Freund von der Polizei haben die beiden nicht gesprochen?«
»Also, Chef, ich habe wirklich zugelangt, aber bei dem Namen ›Brückner‹ hat die so dumm aus der Wäsche geguckt, da war mit Sicherheit nichts. Glaub mir, dafür hab’ ich ein Feeling!«
»Gut! Aber du weißt ja, wenn die Dame gesichtsmäßig beschädigt oder gar unverkäuflich ist, bist du dran.«
Igor lachte: »Aber Chef, du weißt doch, dass ich in Sachen Sonderbehandlung absoluter Profi bin. Aber eins sag’ ich dir, bei uns kannst
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