Wildes Herz
als Seth, auch wenn der ein Fell hatte und sich wandeln konnte. Leon war Rudel - Christians Rudel - mein Rudel. Es war meines und ich hatte sie vermisst in den fünf Monaten.
„Gehst du wieder, wenn wir Chris gefunden haben?“ Leon räusperte sich und nahm meine Hand in seine.
„Wenn er mich will, dann werde ich im Rudel bleiben. Wenn ich auch immer noch nicht weiß …“
„Er will und was du bist, das ist ihm gleich! Sieh dir doch nur mich an.“ Leon lachte. „Es ist gut, wenn du bleibst. Chris Wolf übernimmt im Moment recht oft die Führung. Macht ihn nicht gerade umgänglicher. Du erinnerst dich an Tyler …“
Und wie ich das tat! Tyler war einer der Wölfe, der mich unterwerfen wollte. Er hatte versucht, mich in meine Schranken zu weisen und das nicht gerade auf nette Art und Weise. Nur Enyas Intervention war zu verdanken, dass ich keine Prügel bekam. Chris hatte ihn gerügt und unangenehme Dienste erledigen lassen. Argwöhnisch zog ich die Augenbrauen hoch. „Wie könnte ich Tyler vergessen?“
„Er hat gesagt, dass es gut sei, dass du abgehauen bist. Es wäre das Beste, was dem Rudel hätte passieren können und das es reicht mit den ganzen Streunern. Chris hat ihn Kehle zeigen lassen, sie aber selbstverständlich nicht genommen. Er hat Tyler lediglich ordentlich den Hintern versohlt und hat dabei aber selbst einige Schrammen kassiert. Tyler hat nicht fair gekämpft und sein Bein attackiert.“
„Autsch!“ Mir tat allein schon der Gedanke daran weh.
„Aber wirklich. Trotz all der Rudelmagie hat er tagelang gehinkt wie ein alter Mann. Dummerweise ist er so ins Rennen gegangen und zu Abe gefahren. Er war verletzt, als die Vampire ihn angegriffen haben. Ich will dich nicht beunruhigen, aber da war verdammt viel Blut von ihm und kaum welches von Abby. Doch auch einiges von den Vampiren. Chris hat ihnen ordentlich Paroli gegeben.“
Nicht beunruhigen? Ich griff mir an den Hals und mir wurde schwindelig, richtig schlecht. Das Blut rauschte in meinen Ohren und ich steuerte auf eine verflixte Panikattacke zu.
Leon tat genau das Richtige, indem er mich wortlos an sich zog und mich einfach festhielt. Minuten verstrichen und der Anfall flaute ab. Meine Sorge um Chris und Abby jedoch nicht.
„Wieder Okay?“ Leon küsste mich auf die Stirn. Noch eine Geste, die eher an einen Wolf erinnerte und nicht an einen Vampir. Er schob mich ein wenig von sich weg und sah mir direkt in die Augen. „Ich kenne das, na ja, nicht wirklich. Wenn ich Panik bekomme, dann schaltet mein Hirn ab und ich bin völlig apathisch. Keine Sorge, wir finden ihn und dann …“, säuselte Leon in seinem charmanten Dialekt. Ja, bei ihm war er tatsächlich charmant und harmonierte ungemein mit seinem perfekten Aussehen. „Gehen wir rein, kleine Squaw! Sie warten und Enya wird eifersüchtig, selbst wenn sie mich zu dir geschickt hat.“
„Ich habe mir sagen lassen, dass der Terminus Squaw nicht politisch korrekt ist“, erwiderte ich mit einem Augenzwinkern. „Enya möchte ich nicht eifersüchtig machen, bist du der IHRE. Schwangere Wölfinnen sind eigen, davon kann ich ein Lied singen. Beim Avon-Rudel hatten wir eine Wölfin, die äußerst fruchtbar war. Sie war ständig schwanger und sehr übel gelaunt.“
„Muss ich nicht haben. Enya ist ein wenig biestig. Aber ich hoffe, du behältst es für dich, sonst hängt er Haussegen schief.“
„Aber sicher, versteht sich doch.“ Ich stand von meinem Platz auf und zog ihn hoch. „Es ist nicht schön, sich nicht wandeln zu dürfen.“ Sehnsüchtig starrte ich zum Mond, der fast voll war. Nur noch einen Tag und dann wäre die Himmelsscheibe voll. Meine Wölfin schabte von innen an meiner Haut, wollte ausbrechen. Ich war oft gelaufen in den letzten Monaten. Nicht wie bei Desmond, der mich nur am ersten Tag des Vollmonds laufen ließ. Nicht nur das Tier sehnte den Vollmond herbei. Ich hätte mich auch heute schon wandeln können und könnte es jeden Tag tun, wenn ich es denn wollte. Meine Wölfin glitt an die Oberfläche, jedoch nicht weit genug, um Oberhand zu gewinnen. Ich genoss es, wenn meine Wölfin sich streckte und dehnte. Mein Tier war mein genügsamer Begleiter. Das erste Mal, seit ich mich erinnern konnte, war ich völlig im Einklang mit meiner Wölfin. Wenn wir das hier rum hatten, dann würde ich sie Chris vorstellen. So offen er seinen Wolf trug, unsere Tiere hatten sich noch nie leibhaftig kennengelernt. Sie sollten sich beschnuppern und sich endlich kennenlernen
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