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Wildes Herz

Wildes Herz

Titel: Wildes Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Britt Harper
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meine Entscheidung, dass ich so schrecklichen Hunger habe, dass ich sogar Ratten und anderes Getier essen würde? Ist es meine Entscheidung, dass meine Mutter elendig in einem Scalpeen wie diesem hier verreckt ist?« Sie keuchte auf, und plötzlich konnte sie die Tränen nicht mehr zurückhalten. »Du redest von Entscheidungen, dabei bist du Ire!« Hilflos ging sie in die Knie, als ihr ganzer Körper von Schluchzern geschüttelt wurde.
    Sie hörte nicht, wie Brendan zu ihr zurückkehrte. Doch plötzlich spürte sie eine Hand auf ihrem Rücken, warm und tröstlich.
    »Du hast recht«, sagte er sanft. »Aber gib mir eine Chance. Und dann zeig ich dir, dass wir Iren vielleicht doch etwas entscheiden können.«

Sechzehntes Kapitel
    Am nächsten Tag führte Brendan sie auf der Straße nach Mountmellick. Éanna trottete schweigsam und erschöpft neben ihm her. Sie war zu müde, um sich noch ein weiteres Wortgefecht mit ihm zu liefern oder wegzulaufen.
    Gestern Abend hatte sie vergeblich protestiert, als Brendan sie ausgerechnet wieder zu der Scheune gebracht hatte, in der die Bande auf Éanna gestoßen war. Doch die Dämmerung war schon fast in die Nacht übergegangen, und Éanna hatte wohl oder übel nachgeben müssen. Brendan hatte ihr zwar versichert, dass Paddy hier als Allerletztes nach ihr suchen würde, doch sie hatte trotz allem schlecht geschlafen, das Messer immer griffbereit. Inzwischen glaubte sie nicht mehr, dass auch Brendan ihr an den Kragen wollte, aber sie war weit davon entfernt, ihm ihr Vertrauen zu schenken.
    Éanna sah hoch, als er plötzlich vor ihr stehen blieb und prüfend ein stattliches Cottage musterte, das auf der anderen Straßenseite halb hinter hohen Hecken verborgen lag. Éanna selbst war gestern auf dem Weg nach Mountmellick hier vorbeigekommen. Es schien ihr eine halbe Ewigkeit her zu sein.
    »Was hast du eigentlich vor?«, fragte sie.
    Brendan blickte prüfend in Richtung Stadt. »Komm erst einmal von der Straße weg. Wir dürfen hier nicht zu lange herumstehen. Das könnte uns den Fischzug vermasseln.«
    Éanna zögerte kurz, folgte ihm dann jedoch hinter ein Gebüsch. »Was denn für einen Fischzug?«, fragte sie misstrauisch.
    »Den Fischzug, den wir machen werden, wenn Charles Aykroyd, der da drüben in dem Haus wohnt, gleich von seinem Einkauf in der Stadt zurückkommt«, teilte Brendan Flynn ihr mit und deutete hinüber auf das Cottage
    »Aha. Und wer ist dieser Mann?«, fragte Éanna nach. Konnte dieser Brendan nicht einmal eindeutig sagen, worum es ging? Sie spürte, wie der Zorn über ihn erneut in ihr hochkochte.
    »Na ja – wir sind schon eine Weile in der Gegend gewesen, bevor wir auf dich gestoßen sind«, erklärte er. »Da hab ich ein bisschen meine Augen und Ohren offen gehalten.«
    Er sah ihren argwöhnischen Blick. »Keine Angst, Paddy oder die anderen haben davon nichts mitbekommen«, erklärte er hastig. »Ich wollte mich wirklich schon länger von ihnen trennen, aber allein ist man in diesen Zeiten nicht besonders gut dran.« Er runzelte seine rötlichen Augenbrauen, sodass sie fast eine Linie bildeten.
    »Aber nun bin ich ja nicht mehr allein, und eigentlich hatten Sie, schöne Frau, nach dem ehrenwerten Charley Aykroyd gefragt«, fuhr er in einem fröhlicheren Tonfall fort. »Der Mann ist der willige Handlanger von Lord Cosgrove, der hier in der Gegend dafür gesorgt hat, dass die Kleinpächter seiner Lordschaft vertrieben wurden.«
    »Und was hast du vor, wenn der Mann aus der Stadt zurückkommt? Du wirst doch hoffentlich nicht so töricht sein, ihn überfallen zu wollen, oder?«
    Brendan schüttelte den Kopf. »Ich bin doch kein Verbrecher«, wehrte er entrüstet ab. »Nein, ich habe es nur satt, um ein paar Almosen zu betteln. Ich habe eine bessere Idee, um an Essen zu kommen.«
    »Und die wäre?«
    »Ich habe diesen feinen Herrn, der offenbar nicht weiß, was Hunger ist, in den letzten Tagen bei seinen Einkäufen in Mountmellick beobachtet. Beim Metzger und Bäcker sieht man am besten, wer sich noch immer einen reich gedeckten Tisch leisten kann.«
    »Und was dann?«
    »Dann bin ich ihm unauffällig gefolgt und habe mich in der Gegend nach einem günstigen Versteck umgesehen.« Er lugte aus dem Gebüsch hervor, um zu prüfen, ob sich auf der Straße schon etwas tat.
    »Wenn ich richtig liege, dürfte Charley Aykroyd jeden Moment vom Einkaufen zurückkommen, und zwar wie immer mit einem prall gefüllten Korb. Wir müssen einfach auf eine günstige Gelegenheit

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