Wildes Herz
du die Stelle versorgen kannst?“ fragte er.
„Doch.“
Sie versuchte zur Seite zu treten. Er schloss die Hand um ihren Unterarm. Der Griff war sanft, ließ sich aber nicht abschütteln.
„Halte still, Süße. Lass zu, dass ich dir helfe.“
Aus Angst, ihrer Stimme nicht trauen zu können, schüttelte Janna den Kopf.
„Doch“, entgegnete Ty sofort. „Du hast mich oft genug gepflegt. Jetzt bist du an der Reihe, dass sich jemand um dich kümmert.“
Sie sah zu ihm hoch. Sein Blick war dunkel, und in den Augen spiegelten sich die lebhaft tanzenden Flammen des Lagerfeuers. Sie spürte seine warmen Hände auf ihrer Haut. Das angenehme Gefühl erschreckte sie. Noch mehr erschrak sie über die Hitze in ihren Lenden, die sich bei dem Gedanken breit machte, er würde die Wunde
versorgen. Sie zitterte. Es waren die Kälte und die Erinnerung an ihr Verlangen nach ihm.
Die Erinnerung und das Verlangen, sie hasste beides. Sie wollte keinen Mann begehren, dessen Gefühle zwischen Mitleid und Verachtung, Begierde und Gleichgültigkeit schwankten.
Ty runzelte die Stirn, als er sah, wie Janna heftig erschauerte. „Du bist völlig durchgefroren.“ Mit raschen Bewegungen begann er, die Tuchbahnen von ihrer Brust zu wickeln.
Seine Stimme hallte in ihr wider, und er zählte ihre Mängel als Frau auf; sie hatte einem Ehemann nichts zu bieten, sogar als Mätresse war sie zu ungebildet; sie taugte höchstens dazu, aufgestaute männliche Bedürfnisse zu befriedigen.
Er wollte sie wieder küssen, doch sie riss den Kopf zur Seite. „Rühr mich nicht an. Heute Abend ist mir nicht danach, deine Hure zu sein.“
32. Kapitel
Seine gewaltsam zurückgehaltenen Gefühle entluden sich in einem zornigen Ausbruch, wie er ihn bei sich noch nie erlebt hatte. Er ließ die feuchte Stoffbahn an Jannas Oberkörper los und packte stattdessen ihre Schultern.
„Wie kannst du so etwas sagen! Hörst du mich, Janna Wayland? Du bist keine Hure!“
Wütend, beschämt und trotzig verharrte sie zitternd in Tys Umklammerung. „Und wie würdest du unser Verhältnis bezeichnen?“
„Wir... lieben uns.“
„Das glaube ich nicht“, sagte sie bestimmt. „Du liebst mich nicht. Ich bin nur bequem für dich. Sobald du Lucifer in Sicherheit gebracht hast, wirst du Weggehen und dir deine Seiden...“
„Sei still“, unterbrach Ty sie barsch. „Ich habe genug davon, dass du mir diese Worte immer wieder vorbetest.“
„Dann hör du auch auf, sie mir vorzubeten.“
„Ich habe nie...“
„Oh doch, das hast du!“ ließ sie ihn nicht zu Ende sprechen. „,Ich bekomme meine Seidendame, oder ich nehme gar keine Frau. Höchstens, um meine Lust an ihr zu stillen 1 “, zitierte sie ihn, jedes Wort betonend, „,Im ganzen Leben habe ich keine unweiblichere Frau gesehen.' Dann sagtest du noch, Cascabel sähe einem Mesquitebaum ähnlicher als ich einer Frau. Auch danach, als du mich genommen hattest, hörten die Vergleiche nicht auf. Du konntest dir die Bemerkung nicht verkneifen, dass du eine Frau brauchtest, aber nicht mich.“
Ihre Stimme brach. „Dann sagtest du zu mir, meine Jungfräulichkeit wäre alles, was ich besäße.“ Ihre Stimme wurde wieder fester, während die Worte aus ihr herausströmten. „Mehr hätte ich einem Ehemann nicht zu bieten, da ich keine Familie, keinen Beruf und kein
Geld hätte. Du sagtest, du hättest mich zerstört, denn nun taugte ich nicht einmal mehr zur Ehefrau, und um die Mätresse eines Mannes zu sein, wäre ich nicht gebildet genug. Jetzt könnte ich nur noch zum Vergnügen für viele Männer da sein, nicht mehr für einen einzigen. Was das bedeutet, ist sonnenklar. Ich tauge nur noch zur Hure.“
„Mein Gott... Janna, ich habe nie gemeint..."
„Ich bin noch nicht fertig“, schnitt sie seine schockierte Entgegnung ab. „Du hast dich ausführlich über meine fehlenden weiblichen Vorzüge geäußert. Nicht einmal verführen konnte ich dich. Dazu warst du viel zu gierig nach einer Frau. ,Süße‘, hast du gesagt, ,du hast nicht die geringste Ahnung, wodurch ein Mann verführt wird. Eine Frau reizt einen Mann durch die raschelnde Seide ihrer Kleider, sie verführt ihn
Ty presste ihr die Hand auf den Mund und unterbrach das bittere Zitat.
„Das verstehst du falsch“, sagte er nachdrücklich. „Ich hatte nie die Absicht, dich zu demütigen. Mit keinem meiner Worte. Vor allem nicht, nachdem wir miteinander geschlafen haben.“
Der stumme Trotz in ihren Augen und die heiß herabstürzenden Tränen
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