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Wildes Herz

Titel: Wildes Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Lowell
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einen Atemzug.
    „Ruhig ... ganz ruhig, mein Junge. Ich weiß ... das tut weh, aber anders geht es nicht.“
    Janna griff noch einmal nach ihrem Rucksack und zuckte zusammen. Langsam wurde ihr linker Arm steif. Sobald sie Lucifer versorgt hatte, konnte sie mit dem Verarzten bei sich selbst weitermachen. Mit nur einer Hand würde das schwierig sein.
    Ty, wo bist du? Ist alles in Ordnung mit dir? Bist du entkommen? Oder liegst du irgendwo verletzt und ...
    „Denke nicht darüber nach!“ befahl sich Janna laut. Ihre Stimme klang so wild, dass Lucifer erschrocken den Kopf in den Nacken warf.
    „Ruhig, mein Junge“, wechselte sie sofort wieder in den beruhigenden Tonfall. „Kein Grund zur Aufregung. Ty ist schnell, stark und schlau. Wenn er aus Cascabels Lager fliehen konnte, wird er sich nicht von einem Haufen umherstreunender Abtrünniger fangen lassen. Er ist zu Fuß unterwegs, und die Indianer suchen nach einem Reiter. Außerdem bekomme ich nie eine bessere Gelegenheit, dich zu zähmen“, sagte sie und streichelte den Rumpf des schwarzen Mustangs. „Wenn du mich akzeptierst, lässt du auch Ty an dich heran. Dann geht sein Traum in Erfüllung. Er bekommt einen herrlichen Hengst, mit dem er sich eine Herde aufbauen kann. Die bringt ihm viel Geld. Dafür kauft er sich seine Seidendame.“
    Janna verzog unglücklich ihre Mundwinkel, während sie weiter zart über Lucifers Bauch strich und ihre Stimme den beruhigenden Klang behielt.
    „Wenn ich dich allein lasse und nach einem Mann suche, der wahrscheinlich in Sicherheit ist, wer wird dann bei dir sein, wenn sich die Wunde in drei oder vier Tagen entzündet und du vor Schwäche kaum stehen kannst, mein Junge?“
    Lucifer hob jäh den Kopf. Er drehte die Ohren angespannt nach vom. Die Spitzen berührten sich fast. Mit weit geöffneten Nüstern atmete er bebend ein und prüfte, ob Gefahr in der Luft lag.
    Ohne das Pferd aus den Augen zu lassen, griff Janna nach der Pistole. Blind zu sein behinderte Lucifer kaum bei der Wahrnehmung von Gefahr; er hatte feine Ohren und einen feinen Geruchssinn, schärfer als seine Augen. Aber er war so gut wie hilflos, wenn die Gefahr näher kam und er sich wehren musste.
    Janna blickte in die Richtung, in die seine Ohren wiesen. Es war nichts zu erkennen, nur die Grabenwand und darüber der bis zum Grat mit Buschwerk bewachsene Hang. Sie zögerte und versuchte zu entscheiden, was weniger gefährlich war; wenn sie aus der Senke kroch und sich oben umblickte; oder sollte sie abwarten und hoffen, dass sie unentdeckt blieben, was auch immer Lucifer wittern mochte?
    Bevor sie zu einem Entschluss kam, hörte sie, was die Aufmerksamkeit des Pferdes geweckt hatte. Von weitem drang ein Chor aus Hochrufen, Hurragebrüll und Schreien zu ihr herüber, gefolgt von donnerndem Hufschlag und Gewehrschüssen. Die Geräusche wurden lauter, als sich die Abtrünnigen im Galopp der kleinen Schlucht näherten. Für einige furchtbare Sekunden war Janna sicher, dass die Indianer geradewegs auf den Hang über der Schlucht stürmen würden. Dann wären sie und Lucifer leicht zu erkennen. Sie hatten kein Versteck, in das sie sich zurückziehen konnten, und es fehlte jede Möglichkeit zur Flucht.
    Der Lärm erreichte seinen Höhepunkt und schwoll langsam wieder ab. Die Indianer galoppierten nach Nordwesten weiter, wo Cascabel sein Lager hatte.
    Ihr Herz klopfte bis zum Hals. Sie löste den Klammergriff um die Pistole und legte sie beiseite. Dann wandte sie sich wieder Lucifer zu. Ihre Hände, die gerade jetzt ruhig sein sollten, hörten nicht auf zu zittern. Während sie sich an Lucifers Wunde zu schaffen machte, beobachtete sie seine Ohren. Der Hengst war ihr mit seinem Gehör weit überlegen.
    „Ich hoffe, sie kommen nicht zurück“, sagte sie leise. Sie strich dem Pferd über die glühende Flanke und untersuchte die lange Kerbe, die das Geschoss hinterlassen hatte. „Wenn du ein Mensch wärst, Lucifer, würde ich Salbe aus Zaubernuss auf deine Wunde tun, um sie sauber zu halten. Aber Zaubernuss beißt höllisch, und ich weiß nicht, wie ich dir beibringen sollte, dass du stillhältst und keinen Lärm machst, damit wir nicht...“
    Lucifers Ohren drehten sich wieder nach vom. Janna erstarrte und brach mitten im Satz ab. Sie konzentrierte sich stark und hörte ein kaum wahrnehmbares Kratzgeräusch, als würden Stiefel oder Mokassins auf lose Steine treffen. Vielleicht streifte auch nur ein niedrig hängender Ast den Boden. Dann folgte Stille. Augenblicke

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