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Wildes Herz

Titel: Wildes Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Lowell
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wischte sich die Stirn und setzte ihn mit einem kräftigen Ruck wieder auf. „Was macht dein Arm?“
    Überrascht, dass Ty die Verletzung bemerkt hatte, zögerte Janna und zuckte die Achseln. „Nicht so schlimm.“
    „Reich mir dein Bündel.“
    Sie versuchte, keine Miene zu verziehen, als er ihr aus den ledernen Tragriemen half, aber die stärker werdenden Schmerzen im linken Arm konnte sie nicht verbergen. Mit den Fingerspitzen umfuhr Ty sanft die dunkle Stelle, wo Lucifers Hufe sie gestreift hatten.
    „Taubheitsgefühle?“ fragte er.
    Sie schüttelte den Kopf.
    „Kannst du alle Finger bewegen?“
    Ohne ein Wort zu sagen, krümmte und streckte sie einen Finger nach dem anderen.
    „Kannst du die Umgebung für uns auskundschaften?“ fragte Ty. Er glitt liebkosend bis zu den Fingerspitzen, als er ihren Arm losließ.
    Sie litt plötzlich an Atemnot. Sie nickte.
    „Wenn du mir nichts anderes vorschlägst, gehen wir in leicht südöstlicher Richtung nach Osten“, sagte Ty. Hastig nahm er eine Hand voll Patronen aus seinem Pistolengürtel. „Nimm die.“
    Die Munition lag glatt, kühl und schwer in ihrer Hand. Sie steckte die Patronen in die Tasche und betete darum, sie nicht zu brauchen. Sie konnte zwar mit einer Pistole umgehen, traf aber auf eine Entfernung von mehr als hundert Metern nicht sonderlich gut. Sollte sie gezwungen sein, die Waffe zu benutzen, dienten die Schüsse wohl eher Ty als Warnung, dass er in Deckung gehen sollte.
    Die Warnung würde er brauchen. Mit dem verletzten Lucifer kam er nur langsam voran und musste den einfachsten - und am wenigsten geschützten - Weg nehmen. Das machte ihn zu einem leichten Ziel. Janna und ihm war diese Gefahr allzu bewusst.
    In stetigem Laufschritt bewegte sich Janna in südöstliche Richtung. Ihre kniehohen Mokassins trafen fast geräuschlos auf den Teppich aus Piniennadeln und Gras, und sie hinterließ kaum Spuren. Pausen machte sie nicht. Sie blieb nur gelegentlich stehen, um zu lauschen, ob der Wind das Geräusch von menschlichen Stimmen oder entferntes Gewehrfeuer herübertrug. Alles war ruhig, bis auf den vertrauten Klang der Vogelrufe, das Schimpfen eines Eichhörnchens und das rastlose Sausen des Windes, der Wolken für einen Gewittersturm zusammentrieb.
    Hinter ihr redete Ty mit dem schwarzen Hengst und lobte ihn für jeden humpelnden Schritt. Lucifer bewegte sich, so rasch er konnte. Sein Leben auf der Flucht vor Menschen hatte ihn eine Wachsamkeit gelehrt, die Ty nun zugute kam. Der Mustang war darauf bedacht, möglichst schnell ein Versteck zu finden. Und wie Ty wusste der Hengst, dass es in der offenen Weite auf dem Hochplateau keinen sicheren Platz gab. Ausgedehnte Flächen waren nützlich, wenn man mit seinen langen Beinen dem Feind davongaloppieren konnte. Im Augenblick war Lucifer unfähig, vor irgendetwas wegzulaufen, das eine Flucht wert gewesen wäre.
    Am Anfang ging Ty voraus und forderte Lucifer durch den stetigen Druck mit dem Hackamore auf, ihm zu folgen. Nach der ersten Stunde brauchte das Pferd keine Erinnerung mehr, im Tritt zu bleiben. Wenn Ty sich in Bewegung setzte, tat Lucifer das Gleiche. Blieb Ty stehen, hielt auch Lucifer an. Beim Gehen schritt das Pferd auf gleicher Höhe mit dem großen Mann, den Kopf links von dessen Schulter. Der Führstrick des Hackamore hing schlaff herunter.
    „Ein besonderer Gaul bist du schon“, sagte Ty zu Lucifer, während sie nebeneinander herliefen. „Du bist sanft wie ein Reitpferd für Frauen. Ich frage mich, ob du nicht doch auf einer Koppel geboren und irgendwie in die Wildnis gelangt bist. Zugegeben, wir könnten im Augenblick einfach das gleiche Ziel haben, ein sicheres Versteck. Womöglich kämen wir weniger gut miteinander aus, wenn du deinen Willen haben wolltest und ich meinen.“
    Statt einer Antwort schlug Lucifer heftig mit dem Schweif, um die Fliegen zu vertreiben, die von seiner Wunde angelockt wurden. Ty prüfte die tiefe Kerbe und sah, dass sie wieder blutete. Leider konnte er nichts dagegen tun.
    „Besser, die Wunde blutet und ist nicht entzündet“, beruhigte er sich selbst und dachte an seine Erfahrungen auf dem Schlachtfeld. „Solange die Blutung nicht zu stark wird.“
    Er behielt die Verletzung im Auge. Nach einigen Kilometern war zu erkennen, dass die Stelle feucht blieb, aber nur wenig Blut heraussickerte.
    Janna hatte ebenfalls nach der Wunde gesehen, als sie durch ihr Fernglas zurückblickte. Lucifer blutete, aber das war noch kein Problem. Obwohl er auf einem Bein

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