Wildes Lied der Liebe
von dem Waldstück, auf das sie sich zubewegten.
Die Indianerhütte verfügte über stabile Wände und ein Dach aus Tierhäuten. Als Bridget mit ihrer Familie in Primrose Creek angekommen war, hatte sie zunächst diese Hütte als Unterkunft in Betracht gezogen. Doch das kleine Haus auf der anderen Seite war aus Stein gemauert und stand näher am Fluss.
Bridgets Beine und Füße fühlten sich taub an, als sie das andere Ufer erreichte, und ihre Stiefel waren vermutlich nicht mehr zu retten. Die Regenfluten, die auf den Strom prasselten, verursachten ein Geräusch, das man mit dem einer Feuersbrunst hätte verwechseln können. Bridget, Trace und die Pferde erklommen mühsam den kleinen Hügel und fanden schließlich die Hütte.
Trace band den Hengst auf einer Seite des lang gestreckten Gebäudes an und führte die Stute auf die andere Seite. Unterdessen suchte Bridget nach etwas, mit dem sie die Tiere abreiben konnten. Dabei bemühte sie sich, nicht über Ratten, Spinnen und anderes Getier nachzudenken, das in der Hütte Unterschlupf gefunden haben könnte. Sie entdeckte ein Stück eines Materials, das sich wie Leder anfühlte und vermutlich einst Teil des Daches gewesen war. Damit rieb sie die zitternde Stute trocken, so gut sie es vermochte, und reichte dann Trace das Leder, damit er den Hengst versorgen konnte.
Beide sprachen kein Wort, denn sie waren viel zu erschöpft für überflüssige Gespräche. Schließlich standen sie jedoch in der dunklen Hütte nahe beieinander und sahen einander nur, wenn wieder einmal ein Blitz über den Himmel zuckte. Es schien Bridget ganz selbstverständlich zu sein, dass Trace ihr die Hände auf die Schultern legte, sie an sich zog und seine Lippen auf die ihren presste.
Bridget schloss die Augen, doch ihr war, als würde mit diesem Kuss die Welt um sie herum plötzlich in gleißendes Licht getaucht. Auch ihren Körper schienen Blitze zu durchfahren, die in ihrem Innern ein loderndes Feuer der Leidenschaft entfachten. Als Trace sich von ihr zurückzog, schwankte sie leicht, sodass er sie stützen musste.
»Wir sollten uns auf den Rückweg machen«, meinte er.
Schweigend li eß Bridget zu, dass Trace ihre Hand nahm und sie aus der Hütte hinaus ans Flussufer führte. Auf dem Wasser glitzerte das Spiegelbild der Blitze. Mitten im Fluss verlor Bridget plötzlich den Halt, rutschte aus und tauchte unter. Lachend kehrte sie an die Wasseroberfläche zurück. Es machte nichts mehr aus, denn sie konnte unmöglich noch nasser werden, als sie ohnehin schon war.
Ein Lichtschein drang aus der Hütte, und Bridget und Trace folgten ihm.
»Wie gut, dass du das Dach gedeckt hast, Trace«, bemerkte Skye, als er Bridget ins Haus folgte und die Tür schloss.
Die beiden Durchnässten blickten einander an und brachen in schallendes Gelächter aus.
»Wie seht ihr nur aus!«, schalt Skye und hätte ihnen um Haaresbreite mit dem Finger gedroht. »Wenn wir nicht sofort etwas unternehmen, werdet ihr euch bis zum Morgen den Tod holen.«
Bridget wusste plötzlich nicht mehr, was sie tun sollte. Es schien, als hätte sie all ihre Energie darauf verwendet, die Pferde vor dem Gewitter in Sicherheit zu bringen. Trace wirkte ebenso erschöpft. Seine Lippen - hatte er sie wirklich geküsst? - hatten sich bläulich verfärbt, und er zitterte.
Glücklicherweise übernahm Skye das Kommando. »Trace, du bleibst hier am Ofen. Ich bringe dir gleich eine Decke, in die du dich einwickeln kannst. Natürlich musst du zuerst die nassen Sachen ausziehen.« Sie nahm Bridgets Arm. »Dir habe ich ein trockenes Nachthemd herausgelegt und ein Handtuch, um dir die Haare zu trocknen.« Streng blickte sie Trace an. »Du wirst uns jetzt den Rücken zukehren.«
Trace gab einen Laut von sich, der entweder ein Aufstöhnen oder ein raues Lachen war. »Wo ist der Whiskey?«, fragte er.
Einige Minuten später saßen Bridget und er nebeneinander vor dem kleinen Ofen und tranken Kaffee, der mit Melasse und Whiskey gemischt war. Trace hatte sich ausgezogen und in eine verblichene Decke gehüllt, Bridget trug ihr wärmstes Flanellnachthemd. Skye stand hinter ihr und trocknete Bridgets Haar, sodass weder sie noch Trace den Vorfall in der Indianerhütte erwähnten.
Ohnehin war Bridget sich nicht sicher, ob sie darüber sprechen wollte. Sie war von einer seltsamen Schüchternheit ergriffen, als wäre der Kuss der erste in ihrem Leben gewesen - und nicht nur ein Kuss, sondern das Erwachen ihrer Weiblichkeit schlechthin. Niemals hatten
Weitere Kostenlose Bücher